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Wieder einmal alles anders

Peter Philipp19. Mai 2003

Selbstmordanschläge, Friedensfühler und eine abgesagte USA-Reise - die Lage in Nahost bleibt verworren. Peter Philipp kommentiert.

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Fünf Selbstmordanschläge mit mehr als einem Dutzend Todesopfern und noch viel mehr Verwundeten innerhalb von 48 Stunden – dies ist die beängstigende Begleitmusik des so lange und von vielen so sehnlich erwarteten Versuches von Israelis und Palästinensern, nach 30 Monaten Intifada einen Neubeginn zu machen und gemeinsam zu ergründen, ob es noch Raum gibt, miteinander zu verhandeln und den Weg in eine friedlichere Zukunft zu suchen.

Als die israelischen und palästinensischen Regierungschefs, Scharon und Abu Mazen, sich am Wochenende zum erstenmal trafen, da schien eine wichtige Klippe überwunden. Zumal das "Quartett" aus Vertretern der USA, der Vereinten Nationen, der EU und Russlands inzwischen auch offiziell seinen Straßenplan für die Erlangung eines Nahostfriedens veröffentlicht hatte. Ein Plan, nach dem die Gewalt ein Ende finden müsse, Israel seine Truppen aus den palästinensischen Gebieten zurückziehen müsse und bis zum Jahr 2005 ein palästinensischer Staat entstehen solle.

Mit solch internationaler Rückendeckung und dann auch noch mit einem neuen palästinensischen Premier, der sich offen gegen Gewalt aussprach, schien der Weg offen zu sein für einen solchen Neuanfang. Und selbst aus Jerusalem hatte Ariel Scharon ja verlauten lassen, er werde zu "schmerzlichen Konzessionen" bereit sein für einen Frieden.

Nun dürfte – wieder einmal – alles anders kommen: Scharon bekam nicht einmal Gelegenheit, den Zweiflern Recht zu geben, die ihm nachsagten, er werde gerade zu solchen "schmerzlichen Konzessionen" – sprich: der Aufgabe von Siedlungen – nicht bereit sein. Es waren die Radikalen der Gegenseite – Anhänger der islamistischen "Hamas" und "Jihad el Islami", die mit voller Wucht ihren Kampf wieder aufnahmen.

Es ist dies ein Kampf gegen alles, was einer Annäherung oder Beruhigung auch nur ähnelt. Und dessen klares Ziel es ist, Israel zu neuer Gegengewalt zu provozieren. Denn nur im blutigen Hin und Her von Gewalt und Gegengewalt sehen die Gegner Israels und eines Friedens mit dem jüdischen Staat eine Chance, auch den letzten Palästinenser für sich zu gewinnen: Gewalt und Gegengewalt sind gleichermaßen blind und treffen beide nur allzu oft gerade die Unschuldigen oder diejenigen, die zum Frieden bereit sind. Und werden sie nicht direkt getroffen, dann werden sie doch ins Lager der Skeptiker oder gar Friedensgegner getrieben. Demagogen auf beiden Seiten tun das ihre dazu.

So wundert es nicht, wenn Scharon jetzt darauf besteht, Verhandlungen könnten nicht vor dem Hintergrund von Gewalt geführt werden. So logisch das auch klingen mag: Soweit waren wir schon. Diesmal sollte mit etwas Mut neues Terrain beschritten werden. Mit etwas Mut auf Seiten der Konfliktparteien, aber auch mit etwas Druck von Seiten der Außenwelt: Nach dem Irakkrieg muss Washington, muss der Westen insgesamt, sich verstärkt um eine Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts bemühen. Und sie dürfen sich davon nicht durch fanatisierte Selbstmord-Bomber abbringen lassen, auch nicht durch Politiker auf beiden Seiten, die alten und längst widerlegten Träumen anhängen.