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Wiederbelebung der Seidenstraße

Thomas Kirschning22. Februar 2002

Usbekistan möchte Knotenpunkt für Transport und Handel in Zentralasien werden

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Das Projekt genießt eine extrem hohe Priorität, heißt es im
usbekischen Außenwirtschaftsministerium. Der alten Seidenstraße, dem Handelsweg zwischen Europa und China, soll neues Leben eingehaucht werden. Usbekistan ist das Schlusslicht im politischen und wirtschaftlichen Transformationsprozess der ehemals sozialistischen
Staaten und möchte gern zum Knotenpunkt von Transport und Warenaustausch in Zentralasien werden. Anlässlich des Besuches einer deutschen Unternehmerdelegation in Taschkent versprachen hochrangige Politiker die notwendige Öffnung des Landes und seiner Grenzen.

Jetzt oder nie ?

Der Zeitpunkt scheint günstig. Trotz der Nähe zu Russland hat Usbekistan den USA erlaubt, einen Luftwaffenstützpunkt einzurichten, von dem aus der Antiterror-Krieg im südlichen Nachbarland Afghanistan logistisch erleichtert werden
soll. Auch deutsche Militärmaschinen erhielten Überflug- und
Landerechte. Im Gegenzug erwartet die Regierung in Taschkent nun Kredite und massive technische Hilfe aus dem Westen. Der nämlich hatte bislang seine Taschen ziemlich fest zugeknöpft. Die Reformen im Lande kamen nicht voran.

Dichte Grenzen und Zwangskonvertierung

Seit 1996 ist beispielsweise die Landeswährung nicht konvertibel. Unternehmer wie Privatleute müssen ausländische Devisen zum staatlich festgesetzten Kurs in Sum eintauschen. Auf dem usbekischen Schwarzmarkt aber ist der US-Dollar rund das Doppelte wert. Grund genug für ausländische Investoren, die Finger von einem Engagement in Usbekistan zu lassen. Hinzu kommen für Mittelständler kaum überschaubare Linzensierungs- und Regulierungsvorschriften sowie ungezählte Behinderungen des Zahlungsverkehrs. Ganz im Gegensatz zum Projekt Seidenstraße steht bislang auch das Verhältnis Usbekistans zu seinen zentralasiatischen Nachbarn. Im Zuge des jeweiligen nationalen Unabhängigkeitsbestrebens nach dem Zerfall der ehemaligen Sowjetunion haben Usbekistan, Kasachstan, Tadschikistan, Turkmenistan und Kirgistan an ihren Grenzen zeitraubende Kontrollvorgänge und teure Zollschranken eingeführt.

Zwar wird hier in politischen 'Sonntagsreden' immer wieder davon gesprochen, in der Region einen einheitlichen Wirtschaftsraum entstehen zu lassen, in der Realität ist man aber davon noch weit entfernt. "Wir liegen unter der gleichen Decke, aber wir träumen unterschiedliche Träume", so wird der kasachische Regierungschef Nursultan Nasarbajew zitiert.

Daimler plant Logistik Zentrum

Es investieren daher lediglich große deutsche Konzerne in die mögliche Wiederbelebung des Handelsweges Seidenstraße. Sie haben genügend finanziellen Spielraum, um sich vor Ort auf Marktöffnung und wirtschaftlichen Aufschwung vorzubereiten. DaimlerChrysler etwa plant über sein Tochterunternehmen Dornier Consult den Bau eines Logistikzentrums in Yangiyul, sechs Kilometer südwestlich der Stadtgrenze von Taschkent. Hier soll eine
Wirtschaftssonderzone entstehen. Eine Art Freihafen für den
Warenverkehr auf Straße und Schiene, ein zoll- und steuerfreier Umschlag- und Lagerplatz für Güter aller Art.

Zentralasien-Chef ist optimistisch

Seit 1995 arbeitet Ulrich Fischer an der Verwirklichung dieses Plans. Der Taschkenter Repräsentant von DaimlerChrysler für Zentralasien hat die usbekische Regierung für sein Projekt längst erwärmt. Die Einlage des usbekischen Staates in die noch zu gründende Aktiengesellschaft 'International Logistic Centre Taschkent' soll in der Überlassung des 70 Hektar großen Areals bestehen. Dafür soll Usbekistan 49 Prozent der Aktien erhalten.

Investoren gesucht

Mt 28,5 Millionen Dollar wird das Investitionsvolumen insgesamt beziffert. Im kommenden April sollen auf einer Investorenkonferenz auch Mittelständler ermuntert werden, Anteile ab 10.000 Dollar aufwärts zu zeichnen. Ihr Vorteil: Sie würden im Geleitzug von Großinvestoren segeln und damit deutlich niedrigere Risiken eingehen.

Versprechen einlösen

Alles steht und fällt aber mit den politischen Reformen. Ulrich Fischer ist zuversichtlich. "Sie sind jetzt an dem Punkt zu handeln und sie handeln tatsächlich", meint er. Dafür spricht, dass die usbekische Regierung nach Jahren der Brüskierung nun ein diebezügliches 'Memorandum of Understanding' mit dem Internationalen Währungsfonds nicht nur unterschrieben, sondern sogar veröffentlicht hat. Die Konvertibilität der Landeswährung soll im Juli dieses Jahres
hergestellt werden, versprechen Regierungsvertreter.

Prüftermin

Deutsche Unternehmer werden im kommenden Juli die Gelegenheit haben, die Versprechen vor Ort zu überprüfen. Dann nämlich wird sich die nächste, weit größere Wirtschaftsdelegation auf den Weg in die usbekische Hauptstadt machen.