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Wieviel "Gelb" vertragen die "Schwarzen"?

8. Oktober 2009

Steuern, Sicherheit, Gesundheit, Genmais: Bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin sind recht tiefe Gräben zwischen Union und FDP aufgerissen. Es gibt aber auch ein erstes konkretes Ergebnis.

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Symbolbild für Koalitionsverhandlungen: Schwarzes Holz wird gelb lackiert (Foto: DW)

An diesem Donnerstag (08.10.2009) wollen die Spitzen von CDU, CSU und FDP eine erste Zwischenbilanz ihrer bisherigen Koalitionsgespräche ziehen. Verhandelt wird seit Anfang dieser Woche - spätestens am 23. Oktober soll die Koalitionsvereinbarung in trockenen Tüchern sein. Dann könnte CDU-Chefin Angela Merkel bereits in der konstituierenden Sitzung des Bundestages am 27. Oktober als Bundeskanzlerin wiedergewählt werden.

Bundesbankgebäude in Frankfurt am Main (Foto: Bundesbank)
Hauptsitz in Frankfurt/Main: Die Deutsche BundesbankBild: Deutsche Bundesbank

Die Arbeitsgruppe Steuern und Finanzen meldete am Mittwochabend ein erstes konkretes Ergebnis: Die Unterhändler verständigten sich darauf, dass die Bankenaufsicht in Deutschland künftig unter dem Dach der Deutschen Bundesbank konzentriert wird. Wie Kanzleramtschef Thomas de Maiziere (CDU) und FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms weiter mitteilten, besteht auch Einvernehmen über die Einschätzung der Finanzlage des Bundes.

Steuern: "Wenig Spielräume"

Über konkrete Steuersenkungen wurde noch nicht entschieden. Schließlich muss dieses Wahlkampf-Versprechen mit dem Ziel der Haushaltskonsolidierung in Einklang gebracht werden. Knackpunkt: Die FDP fordert deutlich weitergehende Steuererleichterungen als CDU und CSU, die die Pläne der Liberalen als "irreal" bezeichneten.

Steuersenkungen um 35 Milliarden Euro seien "momentan nicht umsetzbar", sagte der bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU). CDU-Haushaltsexperte Steffen Kampeter forderte die FDP auf, die Realität zu betrachten. Im Bundeshaushalt gebe es wenig Spielräume.

Gesundheit: keine Option ausgeschlossen

Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) (Foto: dpa)
Bundesfamilienministerin von der Leyen (CDU)Bild: picture-alliance/dpa

Besonders groß ist der Einigungsdruck beim Thema Gesundheit: Angesichts der dramatischen Lage der Krankenkassen müssen sich Union und FDP so rasch wie möglich darauf verständigen, wie das vom Schätzerkreis prognostizierte Finanzloch von 7,5 Milliarden Euro gestopft werden soll. Die FDP bekräftigte ihre Forderung nach Abschaffung des Gesundheitsfonds, in dem alle Beiträge gesammelt und nach bestimmten Gesichtspunkten an die einzelnen Kassen verteilt werden. Vertreter der Union dagegen erklärten, durch den Fonds würden die Ausgaben nicht erhöht. Verantwortlich für das Defizit seien sinkende Einnahmen durch die Wirtschaftskrise. Auch Kanzlerin Merkel stellte klar, die Grundstruktur des Fonds werde nicht angetastet.

Die Chefunterhändler für Gesundheit, Ursula von der Leyen (CDU) und Philipp Rösler (FDP), schlossen zum Auftakt ihrer Verhandlungen jedoch keine Option aus. Zur Debatte stehen höhere Kosten für Millionen Kassenmitglieder und ein Sparpaket bei Arzneimitteln. Die Krankenkassen fordern eine Anhebung des Beitragssatzes von derzeit 14,9 Prozent, weitere Steuermittel für den Gesundheitsfonds sowie Einsparungen. Als Alternative blieben nach jetziger Gesetzeslage nur Zusatzbeiträge, die die Versicherten alleine tragen.

Sicherheit: Lenken Liberale ein?

Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (Foto: dpa)
Innenexperte Bosbach (CDU)Bild: picture-alliance/ dpa

Im Ringen um eine Reform der Sicherheitsgesetze setzt die Union auf ein Einlenken der FDP. Die Gesetze seien nicht aus Übermut verabschiedet worden, sondern wegen der dramatisch veränderten Sicherheitslage, sagte der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach. "Wenn wir jetzt von diesem Sicherheitsstandard Abstriche machen würden, könnte ich das den Bürgerinnen und Bürgern nicht plausibel erklären." Dies gelte insbesondere für die FDP-Forderung, die Kompetenzen des Bundeskriminalamtes im Kampf gegen den Terror wieder einzuschränken.

Bosbach wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die FDP die nun kritisierten Regelungen in den Bundesländern durchaus mittrage: "Seit dem 1. Januar 2009 darf das Bundeskriminalamt zur Terrorabwehr exakt das, was der Polizei in den Ländern schon immer erlaubt war, plus Online-Durchsuchung. Die FDP hatte in den Ländern, in denen sie mitregiert, dagegen bisher nichts einzuwenden", so Bosbach weiter.

Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) (Foto: AP)
Agarministerin Aigner (CSU)Bild: ap

Abseits dieser zentralen Themen gibt es noch weitere Bereiche mit koalitionärem Konfliktpotenzial. So tagte am Mittwoch auch die Arbeitsgruppe "Umwelt, Landwirtschaft, Verbraucherschutz", die von Agarministerin Ilse Aigner (CSU) und dem FDP-Umweltpolitiker Michael Kauch geleitet wird. Die CSU beharrte dabei etwa darauf, dass das Anbauverbot für die Genmais-Sorte MON 810 bestehenbleibt. Dagegen forderten die FDP-Vertreter, das Verbot aufzuheben und auch den Anbau der Gen-Stärkekartoffel Amflora zu fördern. Umstritten sind auch die EU-Absatzhilfen für Milchbauern. Aigner verlangt mehr Exporthilfen durch die Europäische Union in der Milchpreiskrise. Die FDP lehnt dies ab.

Autoren: Stephan Stickelmann / Christian Walz (dpa/ap/afp/rtr)
Redaktion: Oliver Samson