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Willkommen, Malta!

Sigrid Dethloff10. März 2003

Mit knapper Mehrheit haben sich die Malteser für den EU-Beitritt ihres Landes entschieden. Die Wahlbeteiligung war sehr hoch - offenbar sind auch die Zauderer letztendlich doch zur Abstimmung gegangen.

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Festung in La ValettaBild: AP

Nach inoffiziellen Ergebnissen stimmten rund 53 Prozent der Wahlberechtigten der EU-Mitgliedschaft zu. Der Rest stimmte dagegen oder ungültig. "Das ist eine großartige Nachricht für Malta", sagte der stellvertretende Ministerpräsident Lawrence Gonzi von der regierenden Nationalistischen Partei. Tausende von Menschen feierten in den Straßen mit maltesischen und europäischen Fahnen den Sieg der Beitrittsbefürworter.

Knapp 300.000 Malteser waren wahlberechtigt. 91 Prozent von ihnen gaben ihre Stimme ab. Die Auszählung gestaltete sich langwierig, weil nach Wahlschluss am Samstagabend (8.3.) zunächst alle Stimmen in die Wahlzentrale nach Valletta gebracht werden mussten. Malta besteht aus zwei größeren und einer kleinen Insel. Mit nur 315 Quadratkilometern Größe wird Malta Luxemburg als kleinsten EU-Staat ablösen.

Die nationalistische Regierung von Ministerpräsident Eddie Fenech Adami hatte im Wahlkampf den Beitritt als unabdingbar für die Zukunft des Landes im Zeitalter der Globalisierung bezeichnet. Die sozialistische Opposition warnte hingegen vor dem Verlust der Neutralität des Landes und vor verstärktem Zustrom ausländischer Arbeitnehmer.

Wie eine große Familie

Fast jeder kennt jeden auf der Insel mit noch nicht mal ganz 400.000 Einwohnern. Weltkonzerne, Supermärkte und Handelsketten sind noch rar hier, viele haben Angst davor. Sie fürchten so etwas wie einen Anschlag auf ihre Lebensweise und ihre Traditionen. Erst seit 39 Jahren ist die Mittelmeerinsel zum ersten Mal in der Geschichte national unabhängig. Und jetzt schon wieder Teile der Souveränität aufgeben?

Brüssel hatte Malta bei den Beitrittsverhandlungen zahlreiche Zugeständnisse gemacht. So muss das geltende Abtreibungsverbot nicht geändert werden. Zudem wurden zahlreiche Übergangsbestimmungen festgelegt. Bürger anderer EU-Staaten können sich in den ersten sieben Jahren der EU-Mitgliedschaft nur mit behördlicher Einwilligung auf Malta niederlassen.

Gefürchteter Normenkatalog

Wie viele seiner Kollegen aus dem Hotelgewerbe gehört auch David Montebello zu denjenigen, die die Europäische Union noch mit vielen Fragezeichen betrachten. Sein kleines Familienhotel liegt malerisch am Hafen. Wie überall in den engen Gassen Valettas schlängeln sich auch hier die Strom- und Telefonleitungen im Wirrwarr die Hauswände entlang. Unermüdlich wird das Haus an allen Ecken irgendwie auf Vordermann gebracht. Seit über 100 Jahren ist es im Familienbesitz. Nun allerdings sieht der Eigner möglicherweise enorme Kosten auf sich zu kommen. David Montebello fürchtet, wie auch andere hier, den Normenkatalog der EU, der zum Beispiel neue Feuerschutzeinrichtungen vorschreibt.

Auch Vince Zahra hat Sorgen, wenn er an eine mögliche EU-Mitgliedschaft denkt. In seinem kleinen Fischlokal macht er klar, was ihn und viele andere Gastronomen und Fischer bedrückt: die große Nähe zu Sizilien." Wenn Malta erst einmal zusammen mit Italien in einer Gemeinschaft wäre, dann - so fürchtet Vince Zahra - dann würden die "gewieften" Sizilianer sie schlucken, überall ihre eigenen Lokale hier aufmachen.

Wirtschaftliche Verflechtungen

Befürchtungen, die die Großen der Wirtschaft auf der Mittelmeerinsel offensichtlich nicht berühren. Fast alle Banken, Handels- und Wirtschaftsverbände haben sich inzwischen offiziell für einen EU-Beitritt ausgesprochen. Und für Maltas konservativen Premierminister Edward Fenech Adami sind es vor allem die wirtschaftlichen Verflechtungen, die Eingliederung Maltas in die EU geradezu historisch notwendig machen:

In Vince Zahras kleinem Fischlokal sieht man die wirtschaftlichen Verflechtungen allerdings etwas anders: Die Großen hier auf Malta, die würden überleben. So glauben viele hier. Untergehen würden sie, die kleinen Leute: die Handwerker, Lokalbesitzer , die Fischer. Ihre Netzwerke, die würden ganz schnell kaputtgehen in der Staatengemeinschaft.