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"Wir haben eine Menge zu tun"

24. Dezember 2004

In seiner Weihnachtsansprache für die Deutschen im Ausland berichtet Bundespräsident Köhler von seiner Afrika-Reise, vom Leid, das er dort gesehen hat, aber auch von der Lebensfreude. DW-WORLD dokumentiert die Rede.

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Bundespräsident Horst KöhlerBild: dpa

Liebe Landsleute in aller Welt,

letztes Jahr in der Adventszeit lebten meine Frau und ich noch in Washington, und wie immer bekamen wir von unseren Verwandten in Sachsen einen echten Dresdner Christstollen geschickt. Darauf hatten wir uns schon gefreut, und beim Adventskaffee kam ein bisschen Heimweh auf. Vielleicht erleben auch Sie gerade in diesen Tagen, wie viel Sie mit der Heimat verbindet - die Verwandten und Freunde, die Sprache, und natürlich auch die Art und Weise, wie wir Weihnachten feiern.

Vor einigen Tagen bin ich von einer Afrika-Reise zurückgekehrt. Ich habe Not und Elend gesehen, Hunger, schlimme Krankheiten und was ein Bürgerkrieg anrichtet. Aber wie die Menschen mit ihrem Schicksal umgehen, hat mich beeindruckt. Es gibt dort so viel Herzlichkeit und Lebensfreude, und trotz allem auch Kraft und Mut. Wissen Sie was? Gerade an Weinachten wird klar, dass wir in einer Welt leben. Und nicht in einer ersten, zweiten oder dritten. Und Weihnachten wird auch klar: Wir sind nicht allein auf dieser Erde und sollen uns um einander kümmern. Weltweit - und zu Hause.

Denn auch in Deutschland haben wir eine Menge zu tun. Es gilt, Bewährtes zu erhalten, aber auch manches neu zu gestalten. Damit haben wir angefangen. Und bei meinen vielen Begegnungen habe ich immer wieder gespürt, dass die Menschen Ideen entwickeln und Initiativen ergreifen. Wir müssen uns alle gemeinsam anstrengen. Ich habe ein gutes Gefühl, dass wir es schaffen werden in Deutschland.

Vor kurzem war ich im Baltikum. Auf dem Marktplatz von Tallinn traf ich estnische Studenten, die waren in einer tollen Aufbruchstimmung. Da habe ich gespürt, was die Überwindung der Teilung Europas für uns alle bedeutet. Freiheit gibt Menschen Hoffnung, weckt Kreativität, eröffnet neue Wege.

Im Mai werden wir auf das Kriegsende vor sechzig Jahren zurückblicken. Wir haben allen Grund zur Dankbarkeit, dass wir seitdem in Europa in Frieden und Freiheit leben können. Das ist für uns eine Verpflichtung, uns auch weiter mit aller Kraft für Frieden und Freiheit einzusetzen. Dazu kann jeder von uns beitragen - an jedem Ort der Welt.

Liebe Landsleute,

viele von Ihnen leben schon lange außerhalb unseres Landes - womöglich seit Generationen. Zugleich gehören Sie zu uns und sind Botschafter unseres Landes. Vielleicht spüren Sie das an diesen Weihnachtstagen besonders stark.

Ich weiß nicht, ob es bei Ihnen Christstollen gibt. Wie auch immer Sie Weihnachten feiern: Meine Frau und ich denken heute Abend an Sie alle. Und wir wünschen Ihnen frohe Weihnachten und alles Gute und Gottes Segen für das kommende Jahr!