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Wir haben es - fast - geschafft

Barbara Wesel, z.Zt. Paris12. Dezember 2015

Nach drei Nachtsitzungen hat die Klimakonferenz am Samstag den endgültigen Entwurf für ein Abkommen vorgelegt. Die meisten strittigen Punkte sind geklärt. Es bleibt eine letzte Beratungsrunde. Aus Paris Barbara Wesel.

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Frankreich COP21 - Klimagipfel in Paris: François Hollande, Laurent Fabius (Foto: AFP/Getty Images)
Frankreichs Präsident François (2.v.l.) und Außenminister Laurent Fabius (2.v.r.) bei der UN-KlimakonferenzBild: Getty Images/AFP/M. Medina

Immer wieder brandete Applaus auf, als der letzte Entwurf des UN-Klimaabkommens im Plenum aller 195 beteiligten Länder vorgestellt wurde. Es begann mit dem kollektiven Einmarsch der hier neu formierten "Koalition der besonders Ehrgeizigen" - die Delegierten begrüßten diese Länder mit extra Beifall. Ihr Zusammenschluss aus inzwischen rund 100 Staaten hatte sich in Paris als treibende Kraft gezeigt und hatte immer wieder gefordert, in den verschiedenen Verhandlungsentwürfen die großen Ziele zu erhalten. Besonders der Beitritt Brasiliens zu dieser Gruppe galt als Sensation, denn das lateinamerikanische Land vollzog damit als einziges der großen Schwellenländer einen totalen Schwenk in der Klimapolitik.

Noch lauteren und anhaltenden Beifall gab es dann für den Vorsitzenden Laurent Fabius. Der französische Außenminister hatte die Delegierten drei Nächte hintereinander verhandeln lassen, um die ursprünglich riesigen Differenzen zwischen den Positionen zu überbrücken. Dann warb er für den letzten Entwurf: "Wir stehen kurz vor einem Ergebnis!" Dieses Ergebnis sei ein ehrgeiziger und ausbalancierter Text, der alle Hauptelemente enthalte. Der Entwurf sei dynamisch, fair, rechtlich bindend und bleibe dem Auftrag des Klimaabkommens treu. Vor allem schreibe er das Hauptziel fest, die Erderwärmung unter zwei Grad zu halten und er bekräftige den Willen, sie - als langfristiges Ziel - bei 1,5 Grad zu halten, um die Risiken der globalen Erwärmung zu begrenzen.

"Immense Verantwortung"

Fabius erläuterte weitere Bestandteile des Entwurfes: Er enthielte Aussagen zur Entschädigung für Klimaschäden, um die die betroffenen ärmsten Länder vor allem gestritten hatten. Bis zum Jahr 2025 sollten die finanziellen Mittel erhöht werden, um Folgen des Klimawandels aufzufangen, alle fünf Jahre solle es eine Überprüfung geben. "Wenn wir diesen Text annehmen, wird das eine Wende sein", appellierte Fabius an das vor ihm versammelte Plenum. Denn tatsächlich verabschieden werden die Delegierten das Abkommen voraussichtlich erst am frühen Abend. Davor soll es eine letzte Verhandlungsrunde geben, um noch einige wenige strittige Punkte oder Formulierungen zu glätten.

Frankreich COP21 - Klimagipfel in Paris: Protestierende Frauen vor dem Eiffelturm (Foto: Reuters)
Nicht alle sind mit den Verhandlungsergebnissen zufrieden: Protestierende Frauen vor dem EiffelturmBild: Reuters/J. Naegelen

"Dieser Entwurf ist das bestmögliche Ergebnis", betonte Laurent Fabius in seinem leidenschaftlichen Appell an die Delegierten. Denn noch könnten sie mit einzelnen Einwänden den Zug stoppen, von dem der Vorsitzende hofft, dass er jetzt ohne Widerstände ins Ziel rollt. "Wir werden den bedrohten Inseln helfen", versprach der französische Außenminister, "wir werden lateinamerikanischen Staaten helfen, ihre Wälder zu schützen." Man werde den Ländern beim Wandel helfen, deren Wirtschaft auf fossilen Brennstoffen beruhe. "Unsere Verantwortung gegenüber der Geschichte ist immens", so Fabius, "wenn wir versagen, würden wir jede Hoffnung zerstören und unsere Glaubwürdigkeit verlieren."

Wie schon sein Kollege aus Washington, US-Außenminister John Kerry, strich auch Laurent Fabius noch einmal die Verantwortung gegenüber der nächsten Generation heraus, der heutigen Kinder. Ein Versagen "würden sie uns nie verzeihen". Und mit viel Pathos: "Die Welt hält den Atem an, sie zählt auf uns."

In Paris kann Geschichte geschrieben werden

Auch Frankreichs Präsident François Hollande suchte bereits in dieser Phase der Konferenz den großen Auftritt und appellierte seinerseits noch einmal an die Delegierten. "Das ist ein historisches Datum, ein historischer Tag!" Dies könne das erste Abkommen in der Geschichte werden, mit dem alle Länder gemeinsam den Klimawandel bekämpften. "Wir müssen diese Gelegenheit ergreifen!"

Trotz aller Feierlichkeit: Das Verfahren ist noch nicht zu Ende. Die Delegierten bekommen am Nachmittag einige Stunden Zeit, den endgültigen Text zu lesen und zu prüfen. Der Verhandlungsausschuss tritt noch einmal zusammen und voraussichtlich wird am frühen Abend das Plenum zum letzten Mal im großen Saal zusammentreten, um das Abkommen abzusegnen. Vermutlich hatten die Franzosen ganz bewusst schon am Mittag eine feierliche Stimmung erzeugt und viel von Geschichte geredet: Sie wollten es den Delegierten quasi unmöglich machen, diese Magie noch einmal zu durchbrechen.

Auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks äußerte sich im Interview mit der Deutschen Welle hoffnungsvoll, dass der Text angenommen werde: "Ich bin sicher, es bleibt jetzt dabei. So wie Fabius den Text vorgestellt hat, sind darin alle Interessen enthalten." Auch sie glaubt, dies könne ein historischer Moment für den Klimaschutz werden. Die Gastgeber haben vorgesorgt: Wenn alles gut geht, gibt es am Ende Begeisterung, Champagner und Party.