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Studentenproteste

26. November 2009

Studiengebühren, Lernstress, wenig Mitsprache – seit Wochen protestieren die Studierenden gegen schlechte Studienbedingungen. In Leipzig richtete sich der Protest auch gegen die Hochschulrektorenkonferenz.

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Bildungsstreik in Leipzig - Pressekonferenz des Studentenrats (Foto: Sven Näbrich)
"Wer nicht zahlt, bleibt dumm!"Bild: Sven Näbrich / DW

Trillerpfeifen, Trommeln, Transparente – die Grundausstattung der Demonstranten stimmte. Mit einem lautstark dröhnenden, bunten Protestmarsch zogen über 4000 Studierende aus ganz Deutschland durch die Leipziger Innenstadt. Auf Transparenten und in Sprechchören machten sie ihrem Ärger über Bologna-Prozess, Studiengebühren und mangelnde Mitbestimmung an den Universitäten Luft. Anlass der Proteste war die in Leipzig stattfindende Tagung der Hochschulrektorenkonferenz (HRK). Das Gremium sieht sich als Sprachrohr und Stimme der Hochschulen, was aber von vielen Studierenden nicht anerkannt wird. "Die Hochschulrektorenkonferenz darf sich nicht als Stimme der deutschen Hochschulen bezeichnen, weil sie nur Rektoren und Präsidenten vertritt", so Ulrike Nack, Sprecherin des Studentenrates der Uni Leipzig. "Die HRK muss sich zudem klar gegen Studiengebühren und Zulassungsbeschränkungen positionieren und öffentlich tagen."

Protest im Rathaus

Die Hochschulrektorenkonferenz tagte hinter verschlossenen Türen im Leipziger Rathaus. Der Versuch zum Dialog war schon im Vorfeld gescheitert. Weil sie dennoch mitreden wollten, suchten einige Studierende die Konfrontation und stürmten kurzerhand die offizielle Pressekonferenz der Rektoren. Mit knallgelben Plakaten bauten sich die Protestierenden vor dem Podium auf – der medienwirksame Eklat war perfekt. "Die Tatsache, dass Sie hier nicht öffentlich tagen, ist undemokratisch!", rief einer der Studierenden und verwickelte das verdutzte Gremium ins Zwiegespräch. "Wir sorgen für die Öffentlichkeit, die wir brauchen - und die Sie uns verwehren!", reklamierten die Protestler. Einer der Demonstranten fragte: "Wo sitzt hier auch nur ein studentischer Vertreter?"

Bildungsstreik in Leipzig - Demonstration in der Leipziger Innenstadt (Foto: Sven Näbrich)
Lautstarker Protest: Rund 4000 Studierende aus der gesamten Bundesrepublik zogen durch Leipzig.Bild: Sven Näbrich / DW

Nach wenigen Minuten war der Tumult wieder vorbei, die Studierenden zogen ab und mischten sich unter die Demonstranten vor dem Rathaus. Der Dialog war erneut gescheitert. Die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz, Margret Wintermantel, versuchte im Anschluss, die Wogen etwas zu glätten: "Wenn die Studierenden sagen: 'Wir wollen mit euch reden und die Dinge wirklich verbessern', finde ich das natürlich in Ordnung." Krawall aber sei kein Argument, so die Präsidentin: "Wenn einfach nur rumgeschrieen wird und man uns vorwirft, wir seien gar nicht legitimiert, kommt auch kein vernünftiges Gespräch zustande."

Defizite in Teilbereichen

Kurz vor dem Tumult hatte Wintermantel die Presse noch über die Ergebnisse der Rektorentagung in Leipzig informiert. Demnach sei die Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge ein Erfolg, den Bologna-Prozess bezeichnete Wintermantel als irreversibel. Von der Politik verlangten die Hochschulrektoren aber eine Aufstockung der finanziellen Mittel, um vorhandene Defizite in Teilbereichen ausgleichen zu können. Dabei müssten die Universitäten an einzelnen Stellen aber auch selbst nachbessern – etwa bei der Akzeptanz der Bachelorabschlüsse auf dem Arbeitsmarkt. "Wo Probleme aufgetreten sind, werden wir uns um Verbesserungen bemühen", so Wintermantel. Wie erwartet gab es von der Hochschulrektorenkonferenz keine Absage an die Studiengebühren. Auch die Stofffülle sei nur in einzelnen Fächern zu hoch, die reale Studiendauer habe sich seit Bologna dagegen verkürzt. Das sehen die Hochschulrektoren positiv.

Proteste gehen weiter

Bildungsstreik in Leipzig - Protest gegen die Hochschulrektorenkonferenz (Foto: Sven Näbrich)
Die HRK stand im Kreuzfeuer der KritikBild: Sven Näbrich / DW

Die Studierenden hat all das nicht zufrieden gestellt, sie haben weitere Aktionen angekündigt. Seit Mittwoch etwa befinden sich die Studenten der TU Chemnitz im Bildungsstreik, Proteste und Besetzungen dauern von Rostock bis Regensburg unvermindert an. Besetzte Hörsäle in Köln, Bochum und Düsseldorf wurden erneut geräumt. Die Proteste werden bei der Hochschulrektorenkonferenz in Bonn am 10. Dezember einen weiteren Höhepunkt erreichen. Letztlich sei die Konfrontation aber nicht das Ziel, so Studentensprecherin Ulrike Nack von der Uni Leipzig: "Wichtig ist, dass endlich eine Diskussion in Gang kommt, um auf breiter Ebene mit allen Beteiligten und Betroffenen über Bildungspolitik zu reden – nur so können wir zu einem gemeinsamen Lösungsansatz kommen."



Autor: Sven Näbrich
Redaktion: Gaby Reucher