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Neue Gefahr zieht auf

Irene Quaile25. Mai 2014

Tropische Wirbelstürme entfernen sich laut einer Studie immer weiter vom Äquator. Küstenregionen, die bisher verschont bleiben, drohen in Zukunft verheerende Stürme.

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Philippinen Wiederaufbau nach Taifun Haiyan (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Was ein Wirbelsturm anrichten kann, wenn er auf eine Küste trifft, die weder für die Windstärke noch die Sturmflut vorbereitet ist, zeigte im letzten Jahr der Taifun Haiyan auf den Philippinen. Mehr als 6000 Menschen verloren ihr Leben. 2012 hatte Hurricane Sandy in den USA gezeigt, wie auch ein reiches Industrieland von der Gewalt der Natur überrascht werden kann. Nach einer neuen Studie der US-Behörde für Wetter und Ozeanografie (NOAA) dürften sich nun weitere Regionen vor allem im Pazifik und im südlichen Indischen Ozean auf möglicherweise verheerende Wirbelstürme vorbereiten müssen.

Die Wissenschaftler um den Meteorologen James Kossin haben errechnet, dass sich tropische Wirbelstürme in den vergangen 30 Jahren pro Jahrzehnt um mehr als 50 Kilometer in Richtung Pole bewegt haben. Auf der Nordhalbkugel wanderten sie im Schnitt rund 53 Kilometer in Richtung Nordpol, auf der Südhalbkugel 62 Kilometer in Richtung Südpol. Der Trend sei im Pazifik und im südlichen Indischen Ozean besonders deutlich, schreiben die Forscher in der Fachzeitschrift Nature.

Sandy Schäden New York City (Foto: picture alliance/dpa)
Selbst New York wurde durch die Flutwelle überraschtBild: picture-alliance/dpa

Die Studie stößt auf besonderes Interesse, weil es bisher keine langfristige Analyse tropischer Wirbelstürme gab, da viele Aufzeichnungen nicht miteinander vergleichbar waren. Die NOAA Wissenschaftler nahmen als einheitlichen Messwert den Zeitpunkt der größten Stärke eines Wirbelsturms: seinen Spitzenwert. Sie setzten ihn dann in Beziehung zum Breitengrad der Messung.

Ist die Ausbreitung der Tropen menschengemacht?

Die Ergebnisse decken sich den Autoren nach mit früheren Beobachtungen, nach denen sich die tropische Klimazone allmählich in Richtung der Erdpole ausbreitet. Die Ursachen für die Veränderungen sind allerdings nicht eindeutig. Viele Wissenschaftler bringen sie aber mit dem Klimawandel in Verbindung. Die globale Erwärmung verändert die Luftzirkulation. Und die Entstehung von Wirbelstürmen wird, nach Meinung der Wissenschaftler, von speziellen Winden beeinflusst, die für einen Druckausgleich zwischen Luftschichten unterschiedlicher Höhe sorgen können. Hohe Druckunterschiede erhöhen das Risiko von tropischen Wirbelstürmen. Die Auswertung mehrerer Messreihen ergab, dass diese Winde in den vergangenen Jahrzehnten in den Regionen entlang des Äquators zunahmen, sodass dort das Risiko für Wirbelstürme abnahm. An den Rändern der tropischen Klimazone nahmen sie hingegen ab. Dort stieg das Risiko für Wirbelstürme.

Infografik: Querschnitt durch einen tropischen Wirbelsturm (Grafik: DW)
Ein tropischer Wirbelsturm braucht warmes Wasser

Tropische Wirbelstürme entwickeln sich in der Regel bei einer Meerestemperatur zwischen 28° und 30° Celsius. Da sich die Meerestemperatur in vielen bisher gemäßigten Zonen erwärmt, wird dort die Risikozone breiter.

Weitere Faktoren wie die Ausdünnung der Ozonschicht und Umweltverschmutzung durch Aerosole spielen ebenfalls eine Rolle.

Dicht bevölkerte Regionen in Gefahr

Taifun Haiyan auf den Philippinen traf auf Land rund 10° vom Äquator entfernt. Nach Meinung der NOAA-Experten könnten Stürme, die früher um den Breitengrad der nördlichen Philippinen ihren Höhepunkt erreichten, in Zukunft näher an Hong Kong, Taiwan, Shanghai, Japan und Südkorea ihren Höhepunkt erreichen. Allein in Taiwan, Hong Kong, Shanghai und Tokyo leben um die 60 Millionen Menschen.

Die Weltwetterorganisation WMO betont, dass die meisten Verluste durch Hurrikan Sandy und Taifun Haiyan durch Wasser und Wellen verursacht wurden. In den letzten 200 Jahren starben, laut Angaben der Organisation durch Überflutungen an der Küste, vor allem durch Sturmfluten verursacht, mindestens 2.6 Millionen Menschen. Der ansteigende Meeresspiegel im Zuge des Klimawandels und die wachsende Bevölkerung in Küstengroßstädten werden die Situation verschärfen, so die WMO. Sie unterstützt deshalb Initiativen, um das Bewusstsein für die Gefahren zu schärfen, die Vorhersagen zu verbessern und Küstenregionen besser auf Sturmfluten vorzubereiten.

Bessere Kommunikation gefragt

Im April besuchte ein internationales Expertenteam die Philippinen und Vietnam, um den heutigen Zustand nach dem Taifun von November 2013 zu untersuchen. Zu ihren Haupterkenntnissen gehören die Notwendigkeit verbesserter Kommunikation der Risiken und möglichen Auswirkungen von solchen Stürmen. So hatte der philippinische Wetterdienst rechtzeitig akkurate Warnungen über den Taifun mit Sturmfluten von bis zu sieben Metern herausgegeben. Die Menschen haben die Region aber nicht evakuiert, weil sie die zerstörerischen Auswirkungen unterschätzten.

Philippinen Wiederaufbau nach Haiyan (Foto: Reuters)
Der Wiederaufbau auf den Philippinen wird noch Jahre dauernBild: Reuters

Nach Meinung der WMO verlangsamte das mangelnde Verständnis von Sturmfluten auch die Evakuation von New York und New Jersey.

Nach den Ergebnissen der neuen NOAA-Studie müssten die Bemühungen um eine verbesserte Wirbelsturmvorsorge jetzt auf weitere Regionen ausgeweitet werden. Die Menschen an der Zone entlang des Äquators müssen aber nach Meinung der Autoren weiterhin auf Wirbelstürme vorbereitet sein, auch wenn das Risiko etwas geringer ausfällt. Dazu werden sie voraussichtlich ein weiteres großes Problem haben: Nach Meinung der Experten könnte das Ausbleiben der Wirbelstürme in manchen Regionen zu Wassermangel führen.