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"Wird einen Kuhhandel mit der Slowakei geben"

11. Oktober 2011

Im Interview mit DW-WORLD.DE spricht der Analyst Robert Halver über ein mögliches Nein der Slowaken bei der Abstimmung über den Euro-Rettungsschirm und was die beste Lösung für die Eurozone für die nahe Zukunft ist.

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Analyst Robert Halver gestikuliert in Frankfurt am Main am Parketthandel der Deutschen Börse vor der Anzeigetafel für den deutsche Akteinindex DAX (Foto: dapd)
Robert Halver: "Hier ist ganz klar angesagt: klare Kante"Bild: dapd

DW-WORLD.DE: Es geht um bei der Abstimmung über den Euro-Rettungsschirm in der Slowakei nur um 3,5 Milliarden Euro, im Vergleich zur Gesamtsumme von 780 Milliarden Euro eigentlich eine lächerliche Summe. Warum bekommt die Slowakei jetzt dennoch eine solche Bedeutung zugemessen?

Robert Halver: Die Slowakei ist das letzte Land, das abstimmen muss, und die Slowakei war immer ein sehr eurokritisches Land, auch in den letzten Jahren schon. Die Slowakei, das letzte der 17 Länder, muss jetzt mit Ja stimmen, sonst ist rein juristisch gesehen der erweiterte Rettungsschirm nicht einsetzbereit.

Wäre denn ein Nein der Slowakei der Anfang vom Ende des Euro?

Wir haben in der Eurozone schon einiges an Kuhhandel gesehen, die ganzen Stabilitätsgrundsätze wurden sehr klein gehalten und auf der Flucht erschossen, könnte man sagen. Ich bin mir ganz sicher, dass es einen Kuhhandel geben wird, dass man den Slowaken sagen wird: 'Stimmt mit Ja, ihr müsst aber nichts bezahlen.' Diese 3,5 Milliarden kann man sicherlich über die anderen Länder verteilen. Allein Deutschland haftet ja mittlerweile mit weit über 200 Milliarden Euro, da macht es den Kohl auch nicht mehr fett, wenn da noch ein bis zwei Milliarden Euro oben drauf kommen. Wichtig ist: die Slowaken müssen jetzt mit Ja stimmen. Damit wir endlich diese Dinge, die wichtig sind, durchbringen. Erstens: die Pleite Griechenlands. Zweitens: der Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone und drittens die Rettung der Banken vor einem Domino-Effekt.

Müssen denn einige Banken zittern, wenn die Slowakei mit Nein stimmen sollte? Droht ihnen gar ein Bankrun?

Ich glaube nicht, dass es einen Bankrun geben würde. Wir haben ja im Falle der Dexia-Bank in Belgien gesehen, dass man auch sehr schnell eine Bank verstaatlichen kann und damit ist die Sicherheit ja auch gegeben. Wichtig ist jetzt, dass man aufhört mit der Politik des "Ich will mich waschen, aber nicht nass machen". Hier ist ganz klar angesagt: klare Kante. Die Politik muss jetzt sagen, wir müssen diese entscheidenden Schritte machen.

Wäre der Rettungsschirm bei einer Ablehnung am Ende?

Nein, der Rettungsschirm wäre nicht am Ende. Denn die 3,5 Milliarden Euro der Slowaken kann man ja umdeklinieren. Nach dem Motto: Ihr sagt Ja, aber ihr zahlt de facto nichts. Wichtig ist auch für die Slowaken, wenn der Euro-Rettungsschirm nicht kommen würde, würde das Dilemma, das wir seit Mai 2010 haben, weiter gehen. Damit wäre ganz klar der Weg in zwei Richtungen vorgeschrieben. Erstens: Massive Bankenpleiten und dann zweitens am Ende die Auflösung der Eurozone. Und ob die Slowakei das als kleines Land auf sich nehmen würde, das bezweifle ich.

Wie lange reicht das Geld des Euro-Rettungsschirms ohne Aufstockung noch?

Das Geld reicht sicherlich noch eine gewisse Zeit. Die Griechen können wir abdecken und die Portugiesen auch. Aber es geht um mehr: Die Eurozone muss erhalten bleiben. Wenn wir wirklich den Trümmerhaufen einer Eurozone im nächsten Jahr haben sollten, dann wäre das verheerend. Nicht nur für die Wirtschaft, auch für den politischen Zusammenhalt. Das Grundziel muss sein, dass Euroland bestehen bleibt als klares Gegengewicht zu den USA, zu China und Russland. Deutschland alleine kann diese Aufgabe nicht mehr bewältigen. Wir sind ein rohstoffarmes Land, wir brauchen den Zusammenhalt mit vielen Ländern. Das ist eine Herkulesaufgabe, aber eine Alternative haben wir definitiv nicht.

Bleibt als Ausweg nur die politische Union?

Wir müssen stärker in Richtung politische Union gehen, aber auch in eine Stabilitätsunion. Wir können nicht ewig so weiter machen und Rettungsschirme immer größer, bunter und vielfältiger gestalten. Jedes Land muss seine Hausaufgaben auch machen können. Aber die Griechen und die Portugiesen, die beim besten Willen keine Chance haben die Eurozone zu überleben, diesen sollte man die Gelegenheit auch geben aus der Eurozone auszutreten, denn alles andere wäre fatal. Denn diese zwei Länder würden im Extremfall die Eurozone zum Scheitern bringen und das können wir überhaupt nicht gebrauchen.

Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank. Halver verfügt über langjährige Erfahrung als Kapitalmarkt- und Börsenkommentator und ist durch regelmäßige Medienauftritte bei Fernseh- und Radiostationen, auf Fachveranstaltungen sowie durch Fachpublikationen präsent.

Die Fragen stellte Arne Lichtenberg

Redaktion: Dirk Eckert