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Wirtschaftsfaktor Frauen-WM

22. Juni 2011

Die WM 2006 in Deutschland war ein rauschendes Fest, der volkswirtschaftliche Nutzen aber war kaum messbar. Auch die Frauen-WM 2011 wird kein Konjunkturmotor sein, für Sponsoren ist das Ereignis aber dennoch Gold wert.

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WM-SouvenirsBild: DW

Vor fünf Jahren, bei der Fifa-WM 2006, waren zur Fußballweltmeisterschaft der Männer Hunderttausende Fans nach Deutschland gekommen. Sie hatten friedlich feiernd das ganze Land in eine Party-Meile verwandelt. Die Stimmung bei der Frauen-­WM 2011 wird natürlich ebenfalls vor allem von den dargebotenen Leistungen abhängen und auch vom Wetter, das niemand beeinflussen kann. Was aber die wirtschaftlichen Aussichten angeht, sind die Erwartungen eher gedämpft.

Henning Vöpel vom Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut HWWI. (Foto: HWWI)
Henning Vöpel vom HWWIBild: HWWI

Henning Vöpel ist Ökonom und leitet den Forschungsbereich "Sport und Wirtschaft" am Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI). Im Vergleich zur Männer-WM vor fünf Jahren erwartet er, dass die Frauen-WM eine Nummer kleiner ausfallen wird. "Die Dimensionen der Frauen-WM wird deutlich geringer sein". so Vöpel in einem Interview mit DW-WORLD.DE. "Auch die wirtschaftlichen Effekte werden geringer sein. Kaum jemand wird seine Freizeit- und Konsumgewohnheiten ändern, man wird den Sommerurlaub ganz gewöhnlich wie immer antreten – das war bei der Männer-WM ja durchaus anders." Daher sollte man die wirtschaftlichen Erwartungen nicht allzu hoch hängen. "Selbst bei der Männer-WM gab es fast keinen messbaren volkswirtschaftlichen Effekt. Es gab einen kleinen Rückgang der Arbeitslosigkeit, aber das war kein nachhaltiger Effekt. Und bei der Frauen WM", ist Vöpel sich sicher, "wird der Effekt noch mal deutlich geringer sein."

Frauenfußball als Werbeplattform

Wenn auch sehr viel weniger Besucher erwartet werden als zur Männer-WM vor fünf Jahren, sollte man die wirtschaftliche Bedeutung des Frauenturniers für Sponsoren aber auch nicht unterschätzen. Denn als Werbeplattform ist eine Frauen-WM bestens geeignet. Für Großsponsoren, die sich mit dem Titel "Offizieller Partner" schmücken, ist mediale Präsenz entscheidend - und die wird, so Vöpel, bei der Frauen-WM gegeben sein. "Das ist natürlich das, was für die Sponsoren interessant ist: Die Reichweite, die Erreichbarkeit ihrer Konsumenten."

Lufthansa-Maschinen (Foto: AP)
Fliegt die Sieger: Der DFB-Partner LufthansaBild: AP

Das Zauberwort in diesem Zusammenhang lautet "Imagetransfer". Der Frauenfußball ist beliebt und hat einen guten Ruf und davon will ein Sponsor etwas abbekommen. Wenn der beworbene Gegenstand, oder wie in diesem Fall der Sport, beliebt ist, dann wir auch das Produkt, oder die Dienstleistung, die damit verbunden wird, beliebter werden. Henning Vöpel nennt dazu das Beispiel von Frauenfußball und Fluglinie: "Man verbindet mit Sport bestimmte Eigenschaften. Er ist dynamisch, er ist in aller Regel jung, er ist international. Mit solchen Eigenschaften verbindet sich eine Fluggesellschaft sehr gerne."

Die Sieger fliegen

Die größte deutsche Fluglinie ist offizieller Partner des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), bestätigt Lufthansa-Unternehmenssprecher Boris Ogursky: "Für uns ist die Partnerschaft mit dem DFB sehr interessant. Er hat einige der meistbeachteten Sportmannschaften hier im Lande, aber auch im Ausland, und in diesem Umfeld wollen wir auch präsent sein." Denn der international erfolgreiche deutsche Fußball garantiere der Lufthansa hohe Aufmerksamkeit: "Wenn sie die deutsche Nationalelf, Männer wie auch Frauen, als Gewinner fliegen, da guckt die ganze Nation zu."

Steffi Jones ist die Chef-Organisatorin der WM 2011. (Foto: picturealliance)
Steffi Jones ist die Chef-Organisatorin der WMBild: picture alliance/augenklick/GES

Vom anstehenden Turnier erwartet die Lufthansa allerdings keine kurzfristige Belebung des Geschäfts. Boris Ogursky sagt im Gespräch mit DW-WOLRD.DE, dass keine zusätzlichen Flüge eingerichtet werden. Er ist sicher, dass die Lufthansa auch mit ihren normalen Flugplan alle Fans, die zum Turnier nach Deutschland fliegen wollen, befördern kann. Mit einem erhöhten Gewinn durch den WM-Tourismus rechnet die Lufthansa nicht unbedingt. "Wir werden sicherlich zusätzliche Fluggäste wegen dieses Sportereignisses an Bord begrüßen dürfen", sagt Ogursky. Aber wie viele das seien werden, wagt er nicht vorherzusagen. Ökonom Henning Vöpel jedenfalls ist überzeugt, dass es sich für eine Fluglinie lohnt, in das Frauenturnier zu investieren: "Denken Sie daran, dass mit den USA, mit China und mit Brasilien bedeutende Märkte für Fluggesellschaften an der WM teilnehmen, und das sind ja Länder, in denen der Frauenfußball durchaus eine Bedeutung hat."

Einsicht gezeigt

Die Männer-WM 2006 fand in den deutschen Großstädten statt, in denen auch die größten Fußballstadien stehen: in München, Dortmund und Berlin, in Hamburg, Gelsenkirchen und Frankfurt. Wer die Frauen-WM in diesem Jahr besucht, lernt dagegen kleinere Städte kennen: Augsburg, Leverkusen und Sinsheim. Auch bei der Auswahl der Spielorte also wurde die Frauen-WM etwas tiefer gehängt als das "Sommermärchen" des Jahres 2006.

Wenn auch der volkswirtschaftliche Nutzen der WM 2011 eher noch geringer ausfallen wird als beim Turnier 2006, ein finanzielles Desaster wird es aber nicht geben. Der Steuerzahler wird sehr wahrscheinlich kein Defizit ausgleichen müssen, meint Ökonom Vöpel vom HWWI. Seiner Ansicht nach entspricht die Organisation des Turniers seinem wirtschaftlichen Stellenwert. Entscheidend könnte dabei die Auswahl der Stadien sein, sagte er DW-WORLD.DE: "Die Spielorte sind ja nicht allzu groß. Im Grunde richten ja mittelgroße Städte die WM aus. Insofern hat man die Dimensionen dieser WM ganz richtig einzuschätzen gewußt."

Autor: Dirk Kaufmann
Redaktion: Thomas Latschan