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WLAN-Router als Notfunknetz

Jessie Wingard/ db31. August 2012

Was tun, wenn in Krisenfällen alle Mobilfunknetzwerke ausfallen - und damit die Kommunikation? Forscher der TU Darmstadt schlagen vor, private WLAN-Router zu nutzen.

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Rettungskräfte und Hunde
Bild: dapd

In Krisenzeiten sind Feuerwehr, Polizei und Bürger mehr als sonst auf Kommunikationsnetzwerke angewiesen - gerade auch auf mobile Netzwerke. Das Problem: Gerade dann funktionieren sie oft nicht.

Selbst Netzwerke, die Naturkatastrophen oder schwere Havarien überstehen, können spätestens dann ihren Geist aufgeben, wenn zu viele Menschen gleichzeitig versuchen den Notruf oder die Familie zu erreichen.

Darum haben Forscher der Technischen Universität Darmstadt die Möglichkeit untersucht, ein Krisen-Kommunikationsnetzwerk einzurichten, das sich in dicht besiedelten Ballungsgebieten automatisch auf private WLAN-Router aufsetzt - im sogenannten Huckepack-Betrieb.

Weithin verfügbar

"Das könnte Rettern in Katastrophengebieten helfen, engen Kontakt zu der Bevölkerung und zu zentralen Koordinierungsstellen zu halten, selbst wenn Mobilfunksendemasten beeinträchtigt sind", meint Kamill Panitzek, einer der Forscher am Telecooperation Labor (TK) der TU Darmstadt. Die Ergebnisse der Untersuchungen von Panitzeks Team erscheinen demnächst im International Journal of Mobile Network Design and Innovation. 

Internet Router sind heutzutage in vielen Ländern in großer Zahl verfügbar. So könnten Mitarbeiter der Rettungsdienste in einer mittlegroßen Stadt - wie zum Beispiel Darmstadt mit etwa 142.000 Einwohnern - zur Not die kabellosen Signale anzapfen, sagte der Forscher gegenüber der Deutschen Welle.

WLAN-Verbindungen anzapfen

Um die Machbarkeit ihrer Idee zu testen, marschierten Panitzek und seine Kollegen durch ein einen halben Quadratkilometer großes Areal der Stadt und erfassten dabei die Positionen der dortigen Routersignale. Mithilfe einer Smartphone-Anwendung, die die Netzwerke aufspürte, erfassten sie die Daten von 1.971 Routern - immer darauf Bedacht, keine Persönlichkeitsrechte zu verletzen.

"Von den gefundenen Routern waren 212 öffentlich zugänglich oder unverschlüsselt", stellte der Experte fest. In der Innenstadt habe es genug Router gegeben um ein Netzwerk aus privaten WLAN-Routern zu bilden, parallel zum öffentlichen Telefonnetz. Einzige Voraussetzung: Die Router mussten einen Radius von bis zu 30 Metern voneinander haben und die Signale stark genug sein.

In einem solchen Netzwerk empfängt und sendet jeder einzelne Netzwerkknoten eigene Daten und fungiert gleichzeitig als Relaisstation für die Daten anderer Netzwerkknoten.

Solch ein mächtiger Teppich vernetzter kabelloser Router, so die Darmstädter Forscher, könne es dem Rettungspersonal ermöglichen, sich mit Smartphones oder Tablet-Computern huckepack in die privaten Netzwerke einzuloggen. "Ersthelfer könnten dann auf diese Infrastruktur zugreifen, um miteinander und mit der Kommandozentrale zu kommunizieren" erklärt Panitzek.

Feuerwehrleute und Waldbrand. .(AP Photo/Arturo Rodriguez)
Flächendeckende WLAN Netzwerke könnten die Arbeit der Rettungskräfte erleichternBild: AP

Praktische Gastnetze

Anstatt eine neue Infrastruktur für Notfälle einzurichten könne man bereits vorhandene Heim- und Bürorouter mit einem Notschalter nachrüsten, schlägt die Expertengruppe vor. "Ist der Schalter umgelegt, könnten Helfer die Router in den Notfall-Modus versetzen", meint Panitzek. Helfer der ersten Stunde hätten dann eine stabile Internetverbindung auch da, wo das offizielle Mobilfunknetz zusammenbebrochen ist.

Panitzek ist davon überzeugt, dass das System die Privatsphäre der Nutzer nicht verletzen oder deren Zugang zu ihrem eigenen Netzwerk blockieren würde. Die meisten Router haben bereits eine Gast-Funktion die es Besuchern erlaube, das WLAN-Netzwerk zu nutzen.

Alternative: Passwort Datenbank

Bereits vorhandene Infrastruktur zu nutzen sei eine gute Idee, meint Shimon Scherzer der Mitbegründer des Mobilfunkanbieters WeFi, denn teure und spezielle WLAN- Router für Feuerwehr und Polizei zu installieren und zu betreiben sei viel teurer. Scherzers Vorschlag: Telekommunikationsfirmen können eine App zum Download anbieten, die es WLAN-Betreibern ermöglicht auf sicherem Wege ihre Router-Passwörter an einen zentralen Provider zu schicken. 

"Wenn ich bei diesem Notfunknetz mitmachen möchte, kann ich freiwillig und unter Sicherheitsvorkehrungen mein Passwort weitergeben." Für Verbraucher und Netzwerkbetreiber wäre das die günstigere Version, meint Scherzer, ausserdem wäre gewährleistet, dass die Notfallfunktion "nur aktiviert und genutzt würde wenn sie gebraucht wird."

Auch anderswo testen Forscher die WLAN-Technologie zum Aufbau paralleler Netze: In einem Pilotprojekt in New York City wurden vergangenen Monat zehn Telefonzellen in den Stadtteilen Manhattan, Brooklyn und Queens in kostenlose WLAN- Hotspots umgerüstet. Die Stadtverwaltung plant, das Projekt auf alle 12.000 städtischen Telefonzellen auszudehnen: die New Yorker und die jährlich 50 Millionen Besucher der Stadt sollen damit vernetzt werden. Ähnlich den Plänen der Darmstädter Forscher würden die flächendeckende Hotspots, dann auch Notfallhelfern den Zugang zu mobiler Kommunikation erleichtern.