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Wo ist die "Achse der Guten"?

Alexander Kudascheff21. Februar 2002

Am Anfang war es Distanz. Dann wurde es Liebe. Nun ist es wieder Distanz. So einfach ist die Entwicklung des europäisch-amerikanischen Verhältnisses im vergangenen Jahr meint DW-Korrespondent Alexander Kudascheff.

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Die Europäer mochten Bush nicht, auch weil er das Kontrastprogramm zum charmanten Clinton verkörperte. Sie mochten ihn nicht, weil für Bush "America first" selbstverständlich war. Sie mochten ihn nicht, weil er keinen Klimaschutz und statt dessen einen Raketenabwehrschirm wollte. Und sie wollten ihn nicht, weil er geradezu das simple Weltbild zu sein schien, das man den Amerikanern gerne unterstellt. Mit einem Wort: man war wieder in der Reaganära zurück. Dann kam der 11. September - aus Distanz wurde unbedingte Solidarität, wurde selbstverständliche Solidarität. Wohin Amerika ging, seine Verbündeten gingen mit. London, Berlin, Rom, sogar das immer amerikakritische Paris - sie alle standen hinter Washington, hinter Bush. Der Kampf gegen den Terror einte.

Nun aber bröckelt es. Denn Washington scheint entschlossen, den Kampf auszudehnen, auszuweiten. Nach Kabul steht nun Bagdad anscheinend auf der Tagesordnung. Vielleicht auch Somalia, Iran, Nordkorea. Schon die Rhetorik Bushs macht den Europäern Angst: "Achse des Bösen", das klingt archetypisch, das klingt biblisch, das klingt politisch simpel. Und dahinter scheint ein amerikanischer Feldzug gegen das Böse schlechthin am Horizont auf. Soweit so schlecht - aus europäischer Sicht. Dabei kann es kaum darum gehen, zu streiten, ob Nordkorea oder Irak nicht widerwärtige Despotien sind, dass Saddam Hussein wie auch Kim il Jong eigentlich vor einen internationalen Strafgerichtshof gehören. Darüber sollten sich Washington und Europa einig sein, einig sein können. Ob man deswegen gegen beide Länder vorgeht, ist eine ganz andere Frage. Ist die Ausweitung des Krieges politisch opportun? Ist sie sinnvoll? Erreicht man die erwünschten Ziele? Darüber muss man vernünftig reden, notfalls streiten. Für transatlantischen Zoff ist das aber noch kein Anlass.