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Wo Sonne ist, ist auch Schatten - Tourismus in Jamaika

22. Juli 2004

Jamaika – karibischer Traum unter Sonne und Palmen. Mit einem Pauschalurlaub erfüllen sich Touristen diesen Traum, oft all-inclusive. Doch nicht alle sind glücklich: die Inselbewohner haben oft nichts von den Reisenden.

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Eine Palme fotografiert gegen blauen Himmel
Palmen unter blauem Himmel - der Traum vieler FerntouristenBild: Bilderbox

Viele Jamaikaner leben vom Tourismus. Er ist das Rückgrat von Jamaikas Wirtschaft. Aber nur einige machen den großen Profit – vor allem durch all-inclusive. Das bedeutet, der Tourist kauft sich pauschal ein komplettes Urlaubspaket und bekommt dafür alles: den Flug, das Hotelzimmer, den Zutritt zum Pool ebenso wie den Drink an der Bar oder das Essen in einem der vielen Restaurants - und natürlich das vielseitige Sportangebot. Auch den Animateur gibt es "gratis" dazu.

"Vielen von uns geht es ziemlich schlecht"

Ein Hotel am Strand mit drei Gebäuden und einem Tennisplatz
Ein üblicher Anblick: All-inklusive-Hotel in Jamaika

Doch das All-inclusive-Konzept in Jamaika steht schon lange in der Kritik. Denn das Land ist arm, die Arbeitslosigkeit weiterhin extrem hoch. All-inclusive-Urlaub, so heißt es bis heute, verhindere, dass die Bevölkerung vom Tourismus direkt profitiere. "Die Großen machen den Gewinn, und wir Kleinen können kaum überleben", erzählt ein Taxifahrer aus Ochos Rios an der Nordküste Jamaikas, der sich nur mühsam über Wasser hält. Kunden habe er nur wenige, denn die meisten Touristen führen lieber in den Reisebussen der großen Hotelketten durch das Land.

Auch die Verkäufer von Kunsthandwerk auf dem Marktplatz in Ocho Rios klagen. "In letzter Zeit, seit es all diese All-inclusives gibt und diese Inbound-Einkaufszentren, seither machen die das Geschäft", sagt Jo Samuel. "Wir kriegen kaum noch was ab vom Kuchen. Vielen von uns geht es ziemlich schlecht." In ihren winzigen Holzverschlägen bleiben sie auf hölzernen Masken, Strohhüten, Rasta-Püppchen und bunt bedruckten T-Shirts sitzen.

Einheimische einbinden

Eine Gruppe von jamaikanischen Männern und Frauen singt, während drei Männer trommeln
Die Einwohner verdienen oft wenig am TourismusBild: AP

"Die Leute haben Recht, wenn sie eine ungleiche Verteilung der Ressourcen anprangern", sagt Dr. Leith Dunn, Sozialwissenschaftlerin an der Universität der West Indies in Kingston. "Eine unserer Untersuchungen hat ergeben, dass die All-inclusive-Hotels den größten Anteil am Tourismusgeschäft haben. Das ist das Hauptproblem." Die All-inclusive-Anbieter wehren sich gegen die Vorwürfe: Sie verweisen darauf, wie viel Geld sie in die lokale Wirtschaft investieren, zum Beispiel durch Einkäufe von Lebensmitteln bei einheimischen Händlern. Manch eine unabhängige Studie gibt den All-inclusive-Betreibern Recht.

Und doch setzt sich in Jamaika seit einiger Zeit immer mehr eine andere Form des Fremdenverkehrs durch, nämlich die stärkere Einbeziehung der Einheimischen in den Tourismus. 'Community-Tourismus’ heißt das Schlagwort. So zeigen Einheimische im Süden von Jamaika den Urlauber abseits der überlaufenen Touristenzentren Land und Leute. Ein Markt mit Zukunft: Jahr für Jahr kommen mehr Menschen auf die Insel, die Ruhe suchen in fast unberührter Natur "Ich glaube, dass die Besucher es als sehr bereichernd empfinden", sagt Charles Swaby, der Krokodil-Safaris organisiert. "Sie stellen fest, dass es noch eine andere Seite von Jamaika gibt."

Die Mischung macht’s

Krokodil, das sein Maul auf hat
Der Community-Tourism bietet auch KrokodilsfarisBild: AP

Auch die staatliche Tourismusbehörde öffnet sich nach langem Festhalten an dem All-inclusive-Konzept dem Wandel. "Wir haben zwar keine Umkehr beschlossen", sagt Tourismus-Direktor Roy Miller. "Aber wir haben Anstrengungen unternommen, ganz besonders den Sektor des Community-Tourismus zu entwickeln."

Den Vorreitern des sanften Tourismus reicht das nicht. Sie fordern eine stärkere finanzielle Unterstützung aus der Hauptstadt. Denn die Menschen in Jamaika profitieren mehr von einer Tourismusform, bei der sie in engem Kontakt mit den Urlaubern kommen, sagt die Sozialwissenschaftlerin Leith Dunn: "Ein Teil der Lösung liegt sicherlich im Community-Tourismus. Er bezieht die Einheimischen mehr ein und lässt sie an seinen Vorzügen teilhaben."

Autoren: Stefan Dege und Conrad Hamilton

Redaktion: Peter Koppen