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Wo war Herr Sauer?

Bernd Gräßler25. November 2005

Herr Sauer wollte wirklich nicht in die Medien. Der Gatte von Angela Merkel gab keine Interviews, fehlte auf der Bundestagstribüne bei Angelas Vereidigung und stand ihr auch nicht bei Handkuss-Jacques in Paris zur Seite.

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Doch was geschah? Fast alle Medien beschäftigten sich mehr oder weniger intensiv mit der Frage: Wo war Herr Sauer? BILD warf sogleich die nächste Frage auf: "Wie funktioniert die Merkel-Ehe?" - und wusste zu berichten, dass Angela Merkel und ihr Mann nicht in getrennten Betten schlafen. Die Information wurde garniert mit der süffisanten Vorbemerkung: "falls es irgendjemanden interessiert". Und ob.

"WIR sind Papst" hieß vor ein paar Monaten bei "BILD", jetzt sind WIR jetzt alle ein bisschen Bundeskanzlerin. Und ganz besonders sollte das natürlich für Joachim Sauer gelten. Selbst im seriösen Presseclub der Hauptstadt habe vorwiegend Kopfschütteln über Sauers Extratouren geherrscht, hieß es. Spürbare Verunsicherung im eitlen, geschwätzigen politischen Berlin über einen Kanzlergatten, der auf gewohnte Rituale pfeift, sich nicht vereinnahmen lässt und sein Leben weiterleben will.

Gute Nerven sind gefragt

Sauer ist 56, ein anerkannter Wissenschaftler, Molekularforscher, hat erwachsene Kinder und ist auch sonst ziemlich eigenständig. Die Ehe mit Angela Merkel ist seine zweite, beide haben ihren jeweiligen Nachnamen behalten, schon das ein Hinweis: jeder geht als Persönlichkeit einen eigenen Weg, zu dem auch die Gemeinsamkeit mit dem Partner gehört. Zwei Sätze hat Joachim Sauer gesagt, um seine Medienscheu zu erklären: "Meine Person steht in keinem Verhältnis zu der politischen Arbeit von Angela Merkel. Deshalb bin ich für die Öffentlichkeit auch nicht interessant".

Die hauptstädtischen "Pressemeute" sieht das ganz anders. Und nicht nur sie: Auch das renommierte Munzinger-Archiv führt den Wissenschaftler in der Rubrik: "Familienangehöriger prominenter Politiker und Staatsoberhäupter". Joachim Sauer wird gute Nerven brauchen in nächster Zeit. Niemand entzieht sich ungestraft der Öffentlichkeit, wenn diese bereit und willens ist, einem ihre ganze Aufmerksamkeit zu schenken.