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Wogenglätten in Brüssel

Gerda Meuer 30. September 2002

Vor dem Hintergrund der Irak-Krise kommen die EU- Außenminister in Brüssel zusammen. Ein Ziel der Minister ist es, die derzeit angepannten transatlantischen Beziehungen zu entkrampfen.

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Viele Europäer lehnen die Politik der Bush-Regierung abBild: AP

Gleich zwei Themen sorgen für erhebliche Irritationen diesseits und jenseits des Atlantiks: Da ist zum einen der Internationale Strafgerichtshof, dessen Einrichtung die Europäer maßgeblich vorangetrieben haben. Dieser Institution sind die USA bisher nicht beigetreten.

Und zum anderen sorgt das Säbelrassen der USA gegenüber dem Irak für Verstimmung auf dem alten Kontinent. Die USA gehen davon aus, dass der irakische Diktator Saddam Hussein nach wie vor Massenvernichtungswaffen herstellen kann, und glauben zudem, dass zwischen Bagdad und der Terrororganisation El Kaida Verbindungen bestehen - vor einigen Tagen noch hatte US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld seinen europäischen NATO-Kollegen in Warschau diesen Verdacht deutlich gemacht.

Bedingungslos solidarisch und undiplomatisch deutlich

Allerdings: Eine einheitliche Haltung der Europäer ist bislang nicht auszumachen - weder zum neuen Weltgericht noch zu den Kriegsplänen der USA gegenüber dem Irak. Beim informellen Treffen der EU-Außenminister im dänischen Helsingör Ende August war deutlich geworden, dass die EU gespalten ist. Die Spannbreite reicht von der fast bedingungslosen Solidarität der Briten mit dem amerikanischen Kurs bis hin zur strikt gegensätzlichen Haltung der Deutschen. So einigten sich die EU-Außenminister in Helsingör auch lediglich auf die Forderung, der Irak müsse die UNO-Waffeninspektoren zulassen.

Und während sich die Briten, die Spanier und mit Abstrichen auch die Dänen einen Präventivschlag gegen Saddam Hussein vorstellen konnten, so war Frankreich diplomatisch skeptisch und Deutschland undiplomatisch deutlich: kein militärisches Vorgehen gegen den Irak, auch nicht mit UNO-Resolution, hieß es während des Wahlkampfs in Deutschland.

Europäische Streitkultur

An der Uneinheitlichkeit der europäischen Positionen hat sich seither nicht viel geändert: Während Großbritannien und die USA bislang bei den UNO-Sicherheitsratsmitgliedern um Unterstützung für die harte Gangart werben, plädiert Frankreich als drittes ständiges Mitglied des UNO-Gremiums für zwei Resolutionen, und erst die zweite soll militärische Gewalt androhen. Es sei bisher nicht gelungen, zumindest die europäischen Mitglieder im UNO-Sicherheitsrat auf eine gemeinsame EU-Position festzulegen, hieß es in Brüssel. Und so aktuell das Thema zurzeit auch sei: auf der Agenda der Außenminister, die sich am Montag in Brüssel treffen, stehe der Irak nicht. Allerdings könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass einer der Minister darüber beim Mittagessen reden wolle.

Strafgerichtshof

Mit Sicherheit reden werden die Außenamtschefs jedoch über den Internationalen Strafgerichtshof. Kern des Streits ist der Versuch Washingtons, eigene Staatsbürger durch bilaterale Verträge vor dem Zugriff des neuen Gerichts zu schützen. Bei einigen Ländern, darunter dem EU-Beitrittskandidat Rumänien, waren die USA auch bereits erfolgreich. Mehrheitlich lehnen die EU-Staaten das Vorgehen Washingtons ab. Doch Großbritannien und auch Italien haben Verständnis geäußert.

Jetzt haben EU-Beamte einen Kompromisstext vorbereitet, der den USA als neues Angebot vorgelegt werden soll und auch die beiden zweifelnden EU-Staaten einbinden will. Der Vorschlag sieht vor, nicht pauschal alle amerikanischen Staatsbürger von der Verfolgung durch das Gericht auszunehmen, sondern nur einzelne Gruppen, wie etwa entsandte Soldaten oder Diplomaten. Bislang gibt es weder aus Rom noch aus London eine Reaktion auf diesen Vorstoß; und schon gar nicht aus Washington. Dennoch ist man in Brüssel optimistisch, am Montag eine gemeinsame Linie zu finden.