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"Wohnen für Hilfe"

Anna Grabowski11. Februar 2009

Keine Miete zahlen und stattdessen im Haushalt helfen, das ist das Motto von "Wohnen für Hilfe". Das Projekt bringt ältere Menschen, die ein Zimmer zu vergeben haben und junge Leute, die eines suchen, zusammen.

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Studentin mit ihrem Vermieter (Foto: dpa - Bildfunk)
"Wohnen für Hilfe" führt Studierende und Senioren zusammen.Bild: Picture-Alliance /dpa

Die Idee für die Initiative "Wohnen für Hilfe" entstand aus zwei Missständen: Zum einen ist günstiger Wohnraum in vielen Städten knapp. Zum anderen wohnen viele ältere Menschen allein in Wohnungen oder Häusern, die eigentlich ein bisschen zu groß für sie geworden sind. Die Organisatoren des Projekts "Wohnen für Hilfe" bringen Studierende oder Auszubildende und ältere Menschen zusammen - für beide hat das Vorteile: Die älteren werden im Haushalt entlastet, weil die jüngeren ihnen Arbeit abnehmen statt Miete zu zahlen.

Fragebögen wie bei einer Partnervermittlung

Bevor die 21-jährige Schauspielschülerin Sara ihre Wohnpartnerschaft in Köln gefunden hatte, musste sie ausführliche Fragebögen ausfüllen. Sollte es mit ihren potenziellen Vermietern eher familiär zugehen oder distanziert? Wie sieht es mit Haustieren aus? Welche Wünsche hat sie an das Zusammenleben? Die Organisatoren von "Wohnen für Hilfe" in Köln waren sich beim ersten Blick auf die ausgefüllten Bögen sicher: "Wir haben da jemanden für Sie!". Das erste Treffen mit ihren zukünftigen Wohnpartnern, einem Ehepaar im Ruhestand, zeigte: Das passt.

Pro Quadratmeter eine Stunde Arbeit

Seit über einem Jahr wohnt Sara jetzt mit ihren Vermietern in einem Vorort von Köln zusammen. Sie hat ihr eigenes Zimmer mit Küchennische und ein eigenes Bad. In anderen Wohnpartnerschaften werden Küche und Badezimmer häufig gemeinsam genutzt. Als Faustregel gilt bei "Wohnen für Hilfe" eine Stunde Arbeit im Monat pro Quadratmeter Wohnfläche. Saras Zimmer ist 15 Quadratmeter groß, macht also 15 Stunden Arbeit im Monat. Dass die Arbeit nicht ausufert, darauf achten die Organisatoren.

Individuelle Absprachen

Eine junge Frau sitzt mit einem alten Mann vor einem Laptop (Foto: dpa)
Jung hilft Alt: Am Computer, im Haushalt oder im GartenBild: picture-alliance/ dpa

Welche Aufgaben die jungen Menschen in der Wohnpartnerschaft übernehmen, wird individuell geregelt. Sara zum Beispiel putzt einmal in der Woche die Küche ihrer Vermieter und hilft ihnen am Computer und bei technischen Problemen. Darin ist die angehende Schauspielerin fit. Andere Wohnpartner gehen mit dem Hund raus, kümmern sich um den Garten oder stehen einfach für regelmäßige Gespräche zur Verfügung.

Ganz eindeutig: Typsache

Wer nur auf die kostenlose Miete aus ist, ist bei "Wohnen für Hilfe" falsch. Das Zusammenleben mit älteren Menschen ist für die jüngeren nicht immer leicht. Laute Musik oder spontane Parties sind bei dieser Wohnform eher die Ausnahme. Probleme gibt es dennoch selten, weil die Organisatoren des Projekts bei der Auswahl der Bewerber genau hinsehen und auch jede Wohnpartnerschaft regelmäßig besuchen.

Familienersatz auf beiden Seiten

Bei Sara und ihren Vermietern läuft die Wohnpartnerschaft reibungslos. Sara, die aus dem Norden Deutschlands kommt, genießt den Familienersatz in Köln, und das Vermieterehepaar freut sich über die Bereicherung, die Sara in ihren Alltag bringt. Damit die Harmonie aber nicht überstrapaziert wird, gibt es klare Absprachen: Niemand geht ungefragt in den privaten Wohnraum des anderen und wer Ruhe möchte, sagt das direkt und offen. Das gute Zusammenleben genießen alle drei, verpflichtet zu gemeinsamen Aktivitäten fühlt sich aber niemand.

Im Westen und Süden

"Wohnen für Hilfe" gibt es in Deutschland da, wo günstiger Wohnraum besonders knapp ist: Im Westen und Süden.