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Wohnst du noch oder vermietest du schon?

Ruben Kalus
2. Dezember 2017

Wohnungssuchende haben es schwer in Berlin. Wohnraum ist knapp, Berlin beliebt. Auch bei Touristen. Viele private Unterkünfte werden über Portale wie Airbnb angeboten. Doch oft ist das verboten.

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Skyline Berlin
Bild: Imago/J. Tack

Restaurants, Kiosks und Bars - sie prägen das Straßenbild an vielen Ecken im angesagten Berliner Bezirk Friederichshain-Kreuzberg. Hier lässt sich gut feiern und die Anbindung zu beliebten Sehenswürdigkeiten, wie zum Beispiel dem Alexanderplatz, ist auch ideal. Kein Wunder, dass die Ecke bei vielen Touristen beliebt ist. Wer hier während seines Berlinbesuchs eine private Unterkunft sucht, wird schnell bei Airbnb fündig. 2016 sollen insgesamt rund 600.000 Menschen in Berlin eine Unterkunft über das Onlineportal gebucht haben. 

Auch Sebastian Olényi wohnt in Friedrichshain. Früher hat er seine Wohnung oder ein Zimmer zwischenvermietet: "Meine Tochter lebt im Ausland, ich bin deswegen regelmäßig unterwegs, auch geschäftlich. Bis jetzt war es immer super praktisch, wenn ich meine Wohnung anbieten konnte", erzählt er der DW.

Zwischenmiete verboten

Doch seit zwei Jahren ist dies für ihn und alle sogenannte "Homesharer", die eigene Wohnungen oder einzelne Zimmer für ein paar Tage untervermieten möchten, schwierig oder sogar unmöglich geworden. Seit 2014 gibt es in Berlin das sogenannte Zweckentfremdungsverbot-Gesetz. Dies verbietet die tageweise Untervermietung von privatem Wohnraum an Gäste und Touristen, wenn man mehr als die Hälfte des Wohnraums vermietet. Für alles andere benötigt man eine Genehmigung der Stadt, die nur unter bestimmten Bedingungen erteilt wird. Wer ohne Genehmigung erwischt wird, muss mit einem Bußgeld rechnen, das bei mehreren tausend Euro liegen kann.

Treffen der Gruppe Homesharing Berlin
Treffen der Gruppe "Homesharing Berlin"Bild: Sebastian Olényi

Sebastian Olényi findet, dass das Gesetz oft auch die Falschen trifft. Deshalb hat er sich mit anderen unter der Gruppe "Homesharing Berlin" organisiert. Zusammen wollen sie über die aktuelle Gesetzeslage aufklären und treten für eine Veränderung der Regelung ein: "Ich finde das Gesetz in Berlin sehr unfair, denn es schert wirklich alle über einen Kamm, egal ob man seine Wohnung nur an einem Tag im Jahr untervermietet oder ob man wirklich Wohnraum zweckentfremdet und sich dafür eine Wohnung anmietet." Er argumentiert, durch eine gelegentliche Untervermietung falle kein Wohnraum weg, da es sich in seinen und vielen anderen Fällen nur um einzelne Tage handele und die Wohnungen so gar nicht langfristig vermietet werden könnten.

Lukratives Geschäft

Doch es gibt auch zahlreiche Fälle, in denen Wohnungen für länger als nur ein paar Tage untervermietet werden. Genau gegen diese Anbieter möchte die Stadt vorgehen. Die Bezirksämter berichten dabei von unterschiedlichen Methoden: Einige Anbieter würden sich zwei Wohnungen mieten - in der einen würden sie wohnen, die andere gewinnbringend an Touristen vermieten. In manchen Fällen wüsste noch nicht einmal der eigentliche Eigentümer der Wohnung davon.

Andere Anbieter würden die Zweitwohnungsregel ausnutzen. Wer zwei Wohnungen in unterschiedlichen Städten besitzt, darf eine Wohnung für eine bestimmte Anzahl von Tagen im Jahr untervermieten. Voraussetzung ist, dass man teils selbst in der Wohnung lebt und dies auch nachweisen kann. In vielen Fällen aber wäre es nicht glaubwürdig, dass die Zweitwohnung wirklich vom Hauptmieter bewohnt wird. Stattdessen würden sie die meiste Zeit über an Touristen vermietet werden, berichten die Bezirksämter. Und dann gibt es noch Unternehmer, die teils ganze Häuser aufkaufen und sanieren, um sie möglichst gewinnbringend als Ferienappartement zu vermieten. All diese Wohnungen fehlen auf dem regulären Wohnungsmarkt.

Visualisierung der Anzahl von Airbnb-Angeboten in Berlin
Laut dem Datentool "Inside Airnb" gibt es in Berlin über 20.000 Airbnb-AngeboteBild: Inside Airbnb

Beschwerden von beiden Seiten

Das Problem existiert nicht nur in Berlin. Auch andere große deutsche Städte wie zum Beispiel Hamburg oder München haben mit Zweckentfremdung zu kämpfen. Um zu überprüfen, ob gegen das Gesetz verstoßen wird, sind in Berlin  mittlerweile 62 Fahnder im Einsatz. Sie suchen nach verdächtigen Angeboten im Internet, oft gibt es auch Hinweise aus der Nachbarschaft, die von häufig wechselnden Bewohnern berichten. Im Verdachtsfall gehen die Fahnder zu den Wohnungen, um zu überprüfen, ob dort wirklich jemand wohnt. Manchmal muss auch die Polizei nachhelfen, wenn die Besitzer nicht freiwillig die Tür aufmachen.

Derzeit laufen zahlreiche Prozesse wegen Zweckentfremdungen. Dabei klagt nicht nur die Stadt gegen unrechtmäßige Vermieter; viele Anbieter von Zwischenmieten fühlen sich zu unrecht der Zweckentfremdung beschuldigt und klagen gegen die Einschätzung der Stadt. Bei der Fülle an Fällen dauern die Entscheidungen oft lange. Laut der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Berlin wurden seit der Einführung des Gesetzes bis jetzt rund 6000 Wohnungen zurückgeführt, mehr als die Hälfte seien vorher als Ferienwohnungen vermietet worden.

Airbnb Logo
Airbnb ist weltweit Marktführer beim Online-HomesharingBild: Imago/STPP

Besserung in Sicht?

Im Frühjahr 2018 soll das Gesetz geändert werden. Registrierte Gelegenheitsvermieter sollen die Möglichkeit bekommen, ihre Wohnungen für eine bestimmte Anzahl an Tagen untervermieten zu dürfen. Im Gespräch sind 60 bis 90 Tage. Die Zahl orientiert sich dabei an den durchschnittlichen Urlaubstagen und freien Wochenenden. Sebastian Olényi würde die neue Regel begrüßen: "Wir verstehen alle das Interesse der Stadt Berlin und die meisten teilen das auch. Auch wir wollen nicht, dass ganze Wohnblöcke zweckentfremdet werden und Ferienwohnungen entstehen. Aber wir wollen auf jeden Fall, dass Leute, die ihren Hauptwohnsitz haben und dort wohnen, ihre Wohnung untervermieten können, wenn sie zum Beispiel in Urlaub fahren."

Mit der Tagesregelung würde die Stadt Berlin es Hamburg gleichtun, wo es schon eine ähnliche Regelung gibt. Die Lage zwischen  gelegentlichen "Homesharern" und der Stadt Berlin könnte sich so entspannen, doch die Lage auf dem Wohnungsmarkt dürfte weiter angespannt bleiben.