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Wohnungspreise in den Hauptstädten als Spiegel der wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse in den GUS-Ländern

29. Juli 2003
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Moskau, 29.7.2003, NESAWISSIMAJA GASETA, russ., Elena Bajkowa, Marina Koschuschko

Kein offizielles Dokument gibt heute Hinweise auf den Lebensstandard in den GUS-Staaten. Die reale Situation kommt am deutlichsten im Preis für einen Quadratmeter Wohnfläche zum Ausdruck, da diese Kennziffer im Unterschied zu den Angaben über die Einnahmen und die Ausgaben der Bürger nicht von den Steuerorganen beeinflusst wird. Außerdem gibt der Wohnungsmarkt wahrscheinlich als einziger Hinweise darauf, wie hoch das reale Einkommen der Bevölkerung in den GUS-Staaten ist, widerspiegeln doch die Wohnungspreise in erster Linie die Nachfrage und nicht nur das Angebot.

Die Nachforschungen der "Nesawissimaja gaseta" haben ergeben, dass im Zentrum von Kiew für 50 000 Dollar eine Drei-Zimmer-Wohnung erworben werden kann, dass man für das gleiche Geld in Minsk oder Astana zwei Zwei-Zimmer-Wohnungen bekommen kann und im Zentrum von Aschgabad oder Bischkek sogar einige Wohnungen verschiedener Ausstattung. Diese Angaben widerlegen eigentlich die Meinung über die günstigere Wirtschaftslage der ehemaligen Sowjetrepubliken, deren Wirtschaft auf dem Verkauf von Naturressourcen basiert. Astana und Baku nehmen den Untersuchungen zufolge auf der Liste lediglich den dritten und vierten Platz nach den "von Energie abhängigen" Städten Kiew und Minsk ein. Noch mehr überraschen auf der Liste die an Kohlenwasserstoff und Mineralien reichen Hauptstädte der zentralasiatischen Länder, die letzten Plätze belegen.

Man kann annehmen, dass der Lebensstandard in den GUS-Staaten in bedeutendem Maße vom politischen Aufbau dieser Länder abhängt. Offensichtlich nicht von ungefähr sind in der neuen Diktatur in Zentralasien die Wohnungen im Zentrum der Hauptstädte äußerst günstig. Der Grund sind nicht nur die niedrigen Pro-Kopf-Einnahmen der Bevölkerung, die Arbeitslosigkeit, sondern auch Probleme politischen Charakters, die die Bürger zwingen, über die Auswanderung in ein anderes Land nachzudenken. Kennzeichnend ist hier der Stillstand auf dem Wohnungsbaumarkt in Armenien und Moldova. Georgien kann sich trotz der finanziellen Unterstützung durch den Westen vorläufig ebenfalls mit keinen Erfolgen bei der Erhöhung des Lebensstandards der Bevölkerung und entsprechend im Wohnungsbau brüsten. In Kiew und Minsk sind, ungeachtet der Tatsache, dass Kutschma und Lukaschenka des Autoritarismus beschuldigt werden, jeweils mehrere untereinander konkurrierende Unternehmen mit dem Ausbau und der Modernisierung der Stadtzentren beschäftigt. Sie beabsichtigen nicht, die Wohnungspreise zu senken, da die Nachfrage nicht nachlässt. Dabei entsprechen die Preise für die neuen Wohnungen bei weitem nicht dem offiziellen Niveau der Durchschnittsgehälter sowie des Existenzminimums und die Hypotheken und der Kreditmarkt sind in den GUS-Staaten nicht ausreichend entwickelt.

Im Großen und Ganzen zeugen die Ergebnisse der Nachforschungen davon, dass sich innerhalb der Staaten der Gemeinschaft hinsichtlich ihrer Entwicklungsniveaus einige Blöcke gebildet haben. Wahrscheinlich können lediglich in deren Rahmen effektive überstaatliche Strukturen gebildet werden. Die Existenz der GUS als eines einheitlichen Gebildes geht, nach der unterschiedlichen Entwicklung der einzelnen Staaten zu schätzen, auf ihr logisches Ende zu.

Hauptstadt Durchschnittlicher Preis Offizielles Gehalt Reale Einnahmen

für einen m² (in US-Dollar) (in US-Dollar) in der Hauptstadt

Kiew 800 150 300

Minsk 500 135 250

Astana 400 120 150

Baku 350 53 300

Tbilissi 350 60 250

Chisinau 300 45 150

Jerewan 250 45 200

Duschanbe 200 20 150

Taschkent 150 10 100

Aschgabad 100 20 100

Bischkek 100 25 100

Die Tabelle wurde anhand von Angaben von Finanzagenturen in den GUS-Hauptstädten, anhand von Information der Korrespondenten der "Nesawissimaja gaseta" in den Staaten der Gemeinschaft sowie anhand von Information aus frei zugänglichen Quellen zusammengestellt. (lr)