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Wolfgang Gerke: Höhere Mehrwertsteuer "könnte auf gefährliches Spiel hinauslaufen"

15. November 2005

Finanzwissenschaftler der Universität Erlangen im Interview von DW-TV

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Die im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD vorgesehene Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 1. Januar 2007 könnte "auf ein gefährliches Spiel hinauslaufen. Ob die Rechnung aufgeht, ist ganz, ganz fraglich." Das sagte Wolfgang Gerke, Finanzwissenschaftler an der Universität Erlangen, in einem Interview von DW-TV. "Ein Jahr lang lassen wir es laufen, damit der Konsum in Schwung kommt, und dann schlagen wir den Patienten tot", so der Inhaber des Lehrstuhls für Bank- und Börsenwesen. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer werde den Konsum belasten und für ein höheres Zinsniveau und eine höhere Inflationsrate sorgen. Gerke: "Das wird auch wieder Arbeitsplätze vernichten."


Auch wenn die Mehrwertsteuer im internationalen Vergleich noch Spielraum biete, stelle sich immer die Frage, welche Auswirkung eine Erhöhung auf nationaler Ebene habe. "Jetzt ist dafür der falsche Zeitpunkt. Man hat hier zu sehr auf Pump gelebt und die Probleme bis hin zum Rentensystem nicht erkannt", so Gerke im deutschen Auslandsfernsehen. Auch die Vision eines vereinfachten Steuersystems sei im Prinzip "wunderbar. Aber das ist das Betrübliche: Von dieser Vision ist wenig übrig geblieben. Im Gegenteil – das komplizierteste Steuersystem der Welt ist noch komplizierter geworden." Nicht die Normalbürger profitierten von den geplanten Neuregelungen, "sondern die Steuerakrobaten". Er vermisse den Mut der Politiker, auch einmal zu Lasten der Wählergunst Entscheidungen zu treffen. Gerke: "CDU und CSU haben gesehen, dass sie mit einem solchen Programm keine Stimmen gewinnen."

15. November 2005
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