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Interview

Das Interview führte Geraldo Hoffmann6. Juni 2007

Der Wirbel um das G8-Treffen in Heiligendamm ist groß, die Erwartung an Ergebnisse eher verhalten. DW-WORLD sprach mit dem Politikwissenschaftler Jürgen Turek.

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DW-WORLD.DE: Welche Ergebnisse erwarten Sie konkret vom G8-Gipfel?

Jürgen Turek
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Jürgen Turek: Ich erwarte hier sehr viel Deklaratorisches in Hinblick auf Regulierungserfordernisse der Globalisierung. Wirklich rechtsverbindlich festlegen lässt sich bei diesem Ereignis allerdings nichts und die Interessen der beteiligten Länder gehen zum teil auch ziemlich auseinander.

Wird der Gipfel in Heiligendamm scheitern?

Ich schließe ein Scheitern des Gipfels wie in Seattle [1999] aus. Das war damals eine Veranstaltung der WTO und ihr Scheitern beruhte eigentlich eher darauf, dass sich die entsandten Vertreter der WTO-Mitgliedstaaten nicht einigen konnten. Der G8-Gipfel ist ein anderes Format der internationalen Verständigung. Kann man sich in Heiligendamm in bestimmten Bereichen nicht auf eine gemeinsame Haltung einigen, ergibt sich immer noch die Möglichkeit, dies im Rahmen nichts sagender Worthülsen kunstvoll den Geschichtsbüchern anzuvertrauen.

Hätte man Vertreter der Globalisierungsgegner zum Gipfel einladen sollen?

Nein, das ist nicht der Sinn der Gipfeltreffen. Hier sollen internationale politische Handlungsmuster der Regierungen besprochen werden. Das heißt aber nicht, die Globalisierungskritik auszugrenzen oder nicht ernst zu nehmen. Aber die gehört woanders hin und wird durch die Organisation von Gegenveranstaltungen wie dem Weltsozialforum auch woanders wirkungsvoll inszeniert. Politik und Kritik treffen sich dann über Massenmedien oder Gerichte in einem anderen Raum, der keinen Platz für gegenseitiges Ignorieren lässt.

Brasilien, China, Indien, Südafrika und Mexiko sind als "Gäste" in Heiligendamm dabei. Sollte die G8 auf eine G13 erweitert werden?

Das sollte man bedenken. Ursprüngliches Kriterium der Mitgliedschaft in diesem Club war die Wirtschaftskraft und der Einfluss, der daraus erwuchs. Nun werden aber mittlerweile dort Themen behandelt, die sich nicht nur auf Fragen beziehen, welche diese im Wesentlichen alleine betreffen oder die diese gemeinsam beeinflussen können. Dieses mal stehen etwa Klimaschutz und Energiesicherheit auf der Agenda und da wäre es mehr als folgerichtig, in Zukunft auch Länder wie China oder Indien als weltweit bedeutsame Energieverbraucher und Schadstoffemittenten mit ins Boot zu nehmen. Demgegenüber ist aber auch zu sehen, dass diese Staaten im Kreise der G20 ja durchaus ein Forum haben. Insofern besteht also die Gelegenheit, Probleme auch gemeinsam zu erörtern.

Wie lange dauert es noch, bis diese fünf Schwellenländer Mitglieder im Klub der Weltwirtschaftsmächte werden?

Das lässt sich nicht in Monaten oder Jahren sagen. Wichtiger aber ist, was eine regelmäßige Einbeziehung wirklich bringt. Die Treffen sind informelle Begegnungen ohne rechtsverbindlichen Charakter, was aufgrund der Souveränitäten der Nationalstaaten auch nicht anders sein kann. Dennoch formulieren sie Absichtserklärungen, auf die später verwiesen werden kann. Insofern wäre eine Einbeziehung der genannten Länder sinnvoll, da es in zunehmender Weise um sie betreffende kontroverse Fragestellungen geht.

Am Freitag wird es eine Abschluss-Erklärungen der G8 geben. Was halten Sie von solchen Erklärungen?

Nun ja, diese Abschlusserklärungen sind im Wesentlichen Absichtsbekundungen und bieten die Möglichkeiten, dass sich diese nicht ganz unwichtigen Staaten zu bedeutenden Sachverhalten wenigstens erklären, sich im besten Fall aber natürlich auch an gemachte Zusagen zu was auch immer halten. Sie sind in erster Linie aber Stimmungsbarometer und bieten eine Orientierung, wie die G8 zu Problemen oder anderen Akteuren stehen. Die Ermahnungen Irans sind dafür ein Beispiel. Insofern sind sie ein Kommunikationsinstrument das deutlich macht, was man für wichtig erachtet und was man dabei zu tun gedenkt.


Jürgen Turek, Geschäftsführer des Centrums für angewandte Politikforschung und Leiter der Forschungsgruppe Zukunftsfragen an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.