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Worum es auf der Krim wirklich geht

Roman Goncharenko10. März 2014

Die ukrainische Schwarz-Meer-Halbinsel Krim droht zu einem neuen Kriegsschauplatz in der ehemaligen Sowjetunion zu werden. Die DW-Analyse zeigt, worum es geht und wie es dazu kommen konnte.

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Ukraine Krim Jalta
Bild: picture-alliance/Bildagentur Huber

Die Halbinsel im Schwarzen Meer, etwa halb so groß wie die Schweiz und mit einem Klima wie an der Côte d'Azur, blickt auf eine turbulente Geschichte zurück. Das Nomadenvolk der Skythen, Griechen, Tataren und Türken haben die Krim Jahrhunderte lang beherrscht - bis die Russen kamen.

"Die Krim war immer das Sahnestückchen des russischen Imperiums", so Wilfried Jilge, Osteuropa-Experte an der Universität Leipzig, im Gespräch mit der Deutschen Welle. Es sei der Traum russischer Zaren gewesen, den Zugang zum Schwarzen Meer zu haben. Katharina die Große hat ihn verwirklicht. Die Krim wurde 1783 Teil des russischen Reiches.

Erst 1954 wurde die russische Halbinsel administrativ in die Sowjetische Teilrepublik Ukraine eingegliedert. Die Initiative ging auf den damaligen Chef der Kommunistischen Partei der UdSSR, Nikita Chruschtschow, zurück.

Wilfried Jilge (Foto: DW)
Experte Wilfried Jilge betont die Bedeutung der KrimBild: DW

Eskalation nach Zerfall der Sowjetunion

Nach dem Zerfall der Sowjetunion im Jahr 1991 wurde die Krim Teil der unabhängigen Ukraine. Das führte zu Spannungen, denn rund zwei Drittel der Bevölkerung der Halbinsel sind ethnische Russen. Das russische Parlament erklärte 1992 Chruschtschows Entscheidung für ungültig. Die Krim erklärte ihre Unabhängigkeit von der Ukraine. Es gelang der Regierung in Kiew jedoch, die Lage zu beruhigen. 1994 spitzte sich der Konflikt erneut zu. Die Krim wählte Juri Meschkow zum Präsidenten, der den Anschluss an Russland vorantrieb. Doch auch diesmal schaffte es Kiew, die Krim zu behalten. Das Amt des Krim-Präsidenten wurde abgeschafft, Meschkow flüchtete nach Russland.

Der Streit mit Russland über die Aufteilung der Schwarzmeerflotte dauerte bis zur Unterzeichnung eines Partnerschaftsvertrags im Jahre 1997. Danach hätte Russland eigentlich seine Truppen 2017 aus der Krim abziehen müssen - doch unter Viktor Janukowitsch wurde der Pachtvertrag bis 2042 verlängert.

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Prorussische Mehrheit und Tataren

Aktuelle Umfragen darüber, wie die Menschen auf der Krim ihre Zukunft sehen, gibt es nicht. Doch es gibt Zahlen, die indirekt darauf hinweisen. Nur 31 Prozent der Krimbewohner unterstützen die Ukraine als einen unabhängigen Staat. 36 Prozent sind dagegen - vor allem Russen. Das sind Ergebnisse einer Umfrage im Juni 2013, die vom Kiewer Rasumkow-Zentrum durchgeführt wurde.

Allerdings leben auf der Krim auch Ukrainer und Tataren, die eine Abspaltung ablehnen. Stalin ließ Tataren 1944 aus der Krim nach Zentralasien deportieren, weil sie während der Besatzung im Zweiten Weltkrieg mit Nazi-Deutschland kollaboriert haben sollen. Seit über 20 Jahren kehren die Krimtataren in ihre Heimat zurück und stellen mit rund 300.000 Menschen inzwischen etwa 14 Prozent der Bevölkerung. "Die Krimtataren sind traditionell pro-ukrainisch und sehen ihre Zukunft in einem ukrainischen Staat", so der Leipziger Osteuropa-Experte Wilfried Jilge.

Promenade in Jalta (Foto: RIA Novosti)
Touristenmagnet: Promenade in JaltaBild: RIA Novosti

Große Gasvorkommen

Doch es geht auf der Krim nicht nur um Politik. Sollte sich diese Region tatsächlich von der Ukraine abspalten, wäre das ein schwerer Schlag für die Wirtschaft des Landes. Die Halbinsel lebte bisher vom Tourismus. Doch das dürfte sich bald ändern. Denn auf der Krim selbst und im Schwarzen Meer werden große Gasvorkommen vermutet. Die ukrainische Regierung plante Ende 2013 ein Abkommen mit einem internationalen Konsortium, angeführt vom US-Energieriesen ExxonMobil, über die Gas- und Ölförderung im Schwarzen Meer. Die Unterzeichnung wurde jedoch verschoben.

Ab 2017 sollen jährlich bis zu zehn Milliarden Kubikmeter Gas gefördert werden, so die Schätzung des Kiewer Energieministeriums. Das würde die große Abhängigkeit der Ukraine vom russischen Gas erheblich verringern.