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"Wow, die Deutschen sind da!"

Joscha Weber15. Juni 2014

Lukas Podolski will das WM-Turnier mit einem Ausrufezeichen beginnen und schert sich dabei wenig um das Klima. Von ihm aus können auch 70 Grad auf dem Platz herrschen - Podolski interessiert nur der Sieg.

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Fußball WM 2014 Nationalmannschaft Deutschland Training 14.6.2014
Bild: REUTERS

Selbst der Bundestrainer wird langsam ungeduldig, so scheint es. Es muss jetzt langsam etwas passieren. Joachim Löw verlässt seinen Beobachterposten an der Seitenlinie und geht zu seinen Spielern, klinkt sich ein ins Trainingsspielchen "Fünf gegen Zwei". Thomas Müller, Philipp Lahm, Erik Durm, Toni Kroos, Matthias Ginter und Christoph Kramer nehmen ihn in die Mitte, schenken ihrem Vorgesetzten aber nichts. Löw nimmt's sportlich. Er hat genug vom immer nur Danebenstehen und kämpft energisch mit seinen Schützlingen um den Ball. In der prallen Morgensonne bei 28 Grad ist das gar nicht so einfach, doch der Bundestrainer wirkt fit. Schließlich beginnt der Tag für ihn meist mit einer Joggingrunde um sechs Uhr am Strand von Santo André. Sein "guter Start in den Tag", wie er sagt, und die Zeit für Gedanken.

Längst ist Gegner Portugal im Kopf des Bundestrainers. Sie sind "Weltmeister im Konterspiel", befindet Löw und warnt vor der Schnelligkeit der Portugiesen, die sich auf Augenhöhe mit dem DFB-Team befänden. Demzufolge treffen am Montag in Salvador (18 Uhr MESZ im DW-Liveticker) also zwei Turnierfavoriten aufeinander. Seine Elf sieht Löw dafür nun gewappnet: "Die Mannschaft ist in einem mental sehr guten Zustand."

Podolskis erkärtes Ziel: der WM-Pokal

Bestes Beispiel: Lukas Podolski. Der Arsenal-Star betont, dass er hier in Brasilien mehr sein möchte als der Spaßvogel im Team und gibt gleich mal die Richtung vor: "Ich habe ein großes Ziel: am Ende den Pokal zu haben", sagt er auf der DFB-Pressekonferenz. Eine bärenstarke Leistung im letzten Testspiel gegen Armenien, viel Engagement im Trainingslager von Südtirol und jede Menge selbstbewusste Lockerheit in den Tagen vor dem ersten WM-Spiel - Lukas Podolski ist nach einer Saison mit Licht und Schatten auf den Punkt topfit und drängt sich für einen Platz in der Startelf auf. Da das deutsche Team mit Miroslav Klose nur einen Stürmer dabei hat, setzen viele Fans in Sachen Tore auf ihn - auch wenn er manchmal polarisiert.

Fußball WM 2014 Nationalmannschaft Deutschland Lukas Podolski PK 14.6.2014
Lukas Podolski: immer noch mit kindlichem Humor aber reif für den TitelBild: REUTERS

Ein Foto, das "Poldi" auf Instagram hoch lud, sorgte für einen "Shitstorm" im Netz. Gemeinsam mit Mesut Özil posierte er mit grimmig-ernster Miene neben den bewaffneten Sicherheitskräften, die die deutschen Kicker im kleinen Santo André von den Dorfbewohnern weitgehend abschotten. Unsensibel angesichts der Probleme der Menschen im Land, wetterten einige User in den sozialen Netzwerken. Podolski versteht die Aufregung nicht: "Das sind einfach Leute, die vor dem Hotel für unsere Sicherheit sorgen. Die wollten ein Foto mit uns haben und wir haben eins gemacht", sagt Podolski und macht klar, dass er sich seinen sehr eigenen Humor von nichts und niemanden nehmen lassen will. "Ich bin so seit Jahren und wer mich kennt, weiß, dass ich mich nie verändert habe."

Ein langer gemeinsamer Weg

Eine Tatsache, die der Bundestrainer sehr schätzt. Podolski gilt immer noch als sein Lieblingsschüler. Beide verbindet ein langer gemeinsamer Weg, der vor zehn Jahren begann. Beide haben den Wieder-Aufstieg der Nationalmannschaft mitgeprägt. Löw hielt stets an Podolski fest, in guten wie in schlechten Zeiten. Podolski dankt es Löw, indem er regelmäßig im DFB-Dress aufblüht. Eine symbiotische Beziehung, die - wenn es nach Lukas Podolski geht - hier in Brasilien ihren Höhepunkt erleben soll. "Wir sind an einem Punkt angekommen, wo wir ernsthaft vom Titel sprechen können. Das war bei den Turnieren zuvor nicht der Fall."

Mit dem Camper nach Brasilien

Das gilt zum Beispiel für 2004, als er seine Länderspiel-Premiere feierte und Löw als Co-Trainer begann. Damals habe es mit ihm und Schweinsteiger nur zwei junge Spieler mit Potential gegeben. Heute könne man sich in Deutschland die Talente aus den Vereinen nur so herauspicken. Podolski sieht das große Potential in der Mannschaft jedoch nicht nur als Chance, sondern auch als Verpflichtung. Nach zuletzt zwei dritten Plätzen 2006 und 2010, Platz zwei bei der EM 2008 und dem Halbfinal-Aus 2012 will Podolski keine Ausreden mehr gelten lassen - schon gar nicht das Wetter.

Kein Grau, nur Schwarz oder Weiß

"Klar, es herrschen andere Bedingungen. Aber es darf keine Rolle spielen, ob da jetzt 50, 55 oder 70 Grad herrschen auf dem Platz. Das ist völlig egal. Ich gehe in das Spiel und will es gewinnen." Ein wahrhaft typischer Podolski. Jene Einfachheit und Klarheit seiner Gedanken wirkt zwar nach außen manchmal einfältig, war aber rein sportlich betrachtet immer schon seine Stärke. Kein Grau, nur Schwarz oder Weiß und immer das Ziel vor Augen.

Zunächst heißt dies: Portugal. Die Iberer seien mehr als bloß ein Ronaldo, warnt Podolski. Dessen Einsatz von Beginn an ist zwar angesichts sehr guter Alternativen im offensiven Mittelfeld nicht sicher, doch seine Karten sind nicht schlecht. Spielt er, soll er den Portugiesen mit seiner Dynamik auf der Außenbahn zusetzen, für Torgefahr sorgen und im Idealfall Deutschland einen Auftaktsieg bescheren. "Damit die anderen auf uns gucken und sagen: Wow, die Deutschen sind da!"

Liebe Bundeskanzlerin, ein Selfie bitte!

Ebenfalls da sein will beim WM-Auftakt der DFB-Elf die Bundeskanzlerin, die zu einem Kurzbesuch in Brasilien einschwebt. Neben Staatspräsidentin Dilma Rousseff könnte sie dort auch wieder die Nationalelf treffen, hofft Lukas Podolski. "Sie wird sicher den Weg in die Kabine finden. Wir sind froh, dass sie da ist. Das ist immer etwas Besonderes. Wir hoffen, dass wir nachher ein schönes Selfie mit ihr haben." Und das dürfte im Netz sicher besser ankommen als Podolskis letztes Foto.