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Wucher in Moskau

Tatiana Tschuchlomina1. August 2008

Moskau bleibt auch dieses Jahr die teuerste Stadt der Welt. Sie liegt noch vor Tokio und London. Und die Preise steigen immer weiter. Doch nicht alle scheint das zu kümmern.

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Bild: DW

Wer in Moskau leben will muss tief in die Tasche greifen. Die Mieten für eine 80 Quadratmeter Wohnung betragen mittlerweile 2500 Euro im Monat. Dieser Mietpreis garantiert aber noch lange nicht, dass die Wohnqualität den westlichen Standards entspricht. Zugemüllte Hausflure, unansehnliche Fassaden und Sanitärtechnik, die seit ihrer Installation vor Jahrzehnten vor sich hin rostet. Auch ist man vor Mieterhöhungen von bis zu 40 Prozent nicht gefeit, denn Mietpreisbindung oder gar Mieterschutz kennt man nicht.

Wer sich dem Mietwucher aber entziehen will und sich eine Eigentumswohnung zulegt, kann sich auch hier auf Etwas gefasst machen. Ein Quadratmeter kostet im Durchschnitt 5000 US Dollar. Und je näher man in das Stadtzentrum rückt, desto unglaublicher die Preise: Mit 30.000 US-Dollar pro Quadratmeter erreichen sie Rekordhöhen. Dabei verdient ein Normalsterblicher umgerechnet 645 Euro im Monat, so das russische Statistikamt.

Vermögen im Einkaufswagen

Der Gang zum Lebensmittelladen ist ein weiterer Schock für den Normalverdiener. Ein Liter Milch kostet 1,35 Euro, ein ganz gewöhnlicher russischer Käse 13 Euro das Kilo, die Fleisch- und Wurstpreise sind kaum bezahlbar - und zwar nicht in teuren Feinkostläden, sondern im Supermarkt nebenan.

Man gibt dafür der Aufwertung des Rubels gegenüber dem Dollar die Schuld. Nur wen interessiert es, wenn man sich kein Brot mehr leisten kann, weil man das Dreifache seines Gehalts für die Miete hinblättern muss? Wie konnte es zu so einem Missverhältnis kommen? Und wie lange kann das noch gut gehen? Diese Frage stelle ich mir jeden Tag, wenn ich wieder ein kleines Vermögen für den halbleeren Einkaufswagen im Supermarkt lasse.

Leben im Laufrad

Wer aber denkt, dass dadurch das gesamte Leben in Moskau still steht, irrt. Edelrestaurants, Clubs, Boutiquen und Hotels wie das Ritz-Carlton schießen wie Pilze aus dem Boden. Das Wachstumstempo dieser Metropole ist so rasant, dass man nicht mehr hinterherkommt. Das paradoxe dabei ist, dass die Moskauer trotzdem die Edelclubs und Restaurants füllen und diese horrenden Preise bezahlen, ohne sich Gedanken zu machen, warum das soviel kostet.

Teuer gleich gut - und ich habe nur das Beste verdient, lautet die Devise. Daher hat man hier eben zwei bis drei Jobs und befindet sich 90 Prozent seiner Zeit in einem Laufrad, das sich immer schneller dreht und einem keine Luft zum Durchatmen lässt - bis das Konstrukt Moskau irgendwann zusammenbricht.