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Wunschzettel der Wirtschaft für Konjunkturprogramm

2. Januar 2009

Vier Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft haben ihre Vorschläge für ein zweites Konjunkturprogamm vorgelegt. Die Bundesregierung hat zurückhaltend bis ablehnend auf die Wünsche reagiert.

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Logos des BDA, des BDI, des ZDH, des DIHK (Quelle: DW)
Die vier größten Wirtschaftsverbände wünschen sich von der Politik etwas

Am Montag (05.01.2009) wollen die Spitzen von Union und SPD über ein zweites Konjunkturpaket beraten. Eine Woche später soll es vom Koalitionsausschuss beschlossen werden. Vize-Regierungssprecher Thomas Steg sagte am Freitag, es sei nicht überraschend, dass wenige Tage vor dem Spitzentreffen der Großen Koalition aus allen Richtungen Forderungen erhoben würden. Aber: "seit mehr als einer Woche ist die Zeit der Wunschzettel vorbei".

Die vier wichtigsten deutschen Wirtschaftsverbände BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie), BDA (Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände), DIHK (Deutscher Industrie- und Handelskammertag) sowie der ZDH (Zentralverband des Deutschen Handwerks) hatten zuvor einen gemeinsamen Sechs-Punkte-Katalog vorgeschlagen, um die Folgen der internationalen Finanzkrise für Deutschland abzufedern.

Die Vorschläge

Rentner demonstrieren in Berlin gegen die Rentenpolitik der Bundesregierung (Quelle: dpa)
Der Rentenbeitrag soll, so der Vorschlag der vier Wirtschaftsverbände, um 0,3 Prozentpunkte sinkenBild: AP

Gefordert werden unter anderem, das Gesetz zur Unternehmensbesteuerung nachzubessern, die Sozialabgaben zu senken, die Bedingungen für Kurzarbeit sowie zur Aufnahme von Krediten zu erleichtern. Auch sollten kleinere und mittlere Einkommen steuerlich entlastet werden. Weil die meisten Einkommen durch die Anpassung an die Inflation langsam steigen, zahlen viele Arbeitnehmer prozentual immer mehr Steuern. Dieser so genannte Mittelstandsbauch beim Steuertarif könnte durch zwölf Milliarden Euro kurzfristig abgeflacht werden.

Bei den Sozialabgaben sollten die Beiträge in der Rentenversicherung von derzeit 19,9 auf 19,6 Prozent sinken. Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung sollte auf unter 2,5 Prozent festgelegt werden. Für die Arbeitgeber sollte es eine Entlastung bei den Sozialversicherungsbeiträgen im Falle von Kurzarbeit geben. Die Beiträge, die bisher die Arbeitgeber alleine zahlen, sollten "künftig aus dem Bundeshaushalt getragen werden".

Höhere Staatsverschuldung in Kauf nehmen

Die Verbände begrüßten die von der Bundesregierung beschlossenen zusätzlichen Investitionen in Straße und Schiene. Kurzfristige Konjunktur- und langfristige Wachstumsimpulse könnten aber auch zusätzlich noch gesetzt werden, indem die Versorgung mit Breitbandnetzen ausgebaut werde.

Eingeräumt wird, dass durch die vorgeschlagenen Maßnahmen die Staatsverschuldung kurzfristig ansteigt - eine ihrer Meinung nach "unvermeidliche, aber angesichts des wirtschaftlichen Umfeldes vertretbare Nebenwirkung, die allerdings nur durch wirklich strukturelle Reformen gerechtfertigt werden kann".

CDU und CSU weiter uneins

Merkel (li) und Seehofer (re) geben sich die Hand, im Vordergrund Günther Oettinger, dahinter Michael Glos (Quelle: dpa)
Am Sonntag wollen sich Merkel und Seehofer zu einem Vier-Augen-Gespräch im Kanzerlamt treffenBild: picture-alliance/ dpa

In der Union haben sich die Fronten zwischen den beiden Schwesterparteien in der Frage von Steuerentlastungen derweil weiter verhärtet. CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer nannte im "Handelsblatt" Steuersenkungen für seine Partei "unverzichtbar".

Am Sonntag wollen sich die Parteichefs, Angela Merkel und Horst Seehofer, im Berliner Kanzleramt treffen, um eine einheitliche Position bei den Verhandlungen mit der SPD zu finden. Merkel hatte in ihrer Neujahrsansprache die Bereitschaft angedeutet, von ihrem kategorischen "Nein" zu Steuersenkungen abzurücken. CDU-Generalsekretär Reinhard Pofalla sagte am Freitag im ZDF: "Wir wollen alles das unterstützen, was Arbeitsplätze sichert und neue Arbeitsplätze schafft".

Positive und negative Nachrichten

Freuen durfte sich die Regierung am Freitag über die positiven Arbeitsmarktzahlen des Statistischen Bundesamts. Danach erreichte die Zahl der Erwerbstätigen 2008 den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung: 40,35 Millionen Menschen seien in Lohn und Brot gewesen, das sind 1,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Der Konjunkturaufschwung sei bis weit in die erste Jahreshälfte zu spüren gewesen. Mit fast zwei Dritteln der Beschäftigten, oder 72,5 Prozent, nimmt der Dienstleistungsbereich den unangefochtenen Spitzenplatz unter den Wirtschaftsbereichen ein, gefolgt von der Industrie und dem Baugewerbe.

Dem positiven Rückblick stehen indes trübere Aussichten entgegen: Der Wirtschaftsweise Wolfgang Wiegard erwartet einen Anstieg der Arbeitslosenzahl um fast 700.000 bis Ende 2009.

Erste Anzeichen für die Folgen des Konjunktureinbruchs gab es im Dezember bereits in der Industrie. Der Markit/BME-Einkaufsmarktindex fiel um drei Punkte auf 32,7 Zähler. Er erreichte - wie die Forscher von Markit in London bei ihrer Umfrage unter 500 Firmen ermittelten - das niedrigste Niveau seit Umfragebeginn im April 1996. Im Kreis der größten Euro-Länder belegt die einstige Wachstumslokomotive Deutschland damit vor Spanien den vorletzten Platz. (hy)