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Xis Balanceakt im Nahen Osten

Gabriel Dominguez/Rodion Ebbighausen19. Januar 2016

Wirtschafskooperation steht ganz oben auf der Agenda bei der Reise des chinesischen Präsidenten Xi nach Ägypten, Saudi-Arabien und Iran. Dabei muss er das Gleichgewicht zwischen den konkurrierenden Ländern wahren.

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Xi Jinping in Saudi-Arabien (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/Saudi Press Agency

Zum Auftakt seiner fünftägigen Nahostreise (19. bis 24. Januar 2016) ist Xi Jinping am Dienstag in der saudischen Hauptstadt Riad angekommen. Die Reise soll ihn außerdem noch nach Ägypten und in den Iran führen. Es handelt es sich um den ersten Besuch eines chinesischen Präsidenten in der Region seit vielen Jahren. Der letzte Staatsbesuch in Riad datiert auf 2009, der letzte in Kairo auf 2004. Und seit 2002 hat kein chinesischer Staatspräsident Teheran besucht.

Eine ursprünglich für Mai 2015 geplante Reise nach Saudi-Arabien und Ägypten war abgesagt worden. Saudi-Arabien hatte damals militärisch in den Konflikt im Jemen eingegriffen, was scharfe Proteste vonseiten des Irans zur Folge hatte. Das zeige, dass die Reise für Chinas Präsidenten politisch nicht ganz einfach sei, so Andrew Small vom Asienprogramm der Stiftung German Marshall Fund in Washington.

Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi (r.) und saudischer König Salman bin Abdulaziz Al Saud im März 2015. (Foto: picture-alliance)
Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi (r.) und saudischer König Salman bin Abdulaziz Al Saud im März 2015Bild: picture-alliance/dpa/Egyptian Presidency/Handout

Vermittlerrolle?

Die fünftägige Reise steht in zweifacher Hinsicht unter besonderen Rahmenbedingungen. Zum einen bestätigte die Internationale Atomenergiebehörde am Wochenende, dass der Iran die im Atomabkommen vereinbarten Anforderungen erfülle, was zur Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen den Iran durch EU, USA und UN führte. Zum anderen haben die politischen Spannungen zwischen Iran und Saudi-Arabien in den letzten Monaten erheblich zugenommen.

Die kritische Lage am Golf gab zu Spekulationen Anlass, dass China sich selbst als potenzieller Mediator ins Spiel bringen könnte. Flynt Leverett, Experte für internationale Beziehungen von der Penn State Universität aus den USA, hält derartige Überlegungen allerdings für überzogen. Der Besuch sei bereits seit Monaten geplant, also bevor sich die Lage zugespitzt habe. "Dennoch wird Xi, sobald er in der Region angekommen ist, natürlich sagen, dass beide Seiten Zurückhaltung üben und die bilateralen Spannungen reduzieren sollen. Darüber hinaus wird Chinas Engagement nicht gehen." Zhiqun Zhu, Direktor des Chinainstituts der Bucknell University stimmt zu. Chinas primäre Interessen seien wirtschaftlich und strategisch. "Jeder, der auf China als ehrlichen Makler setzt, wird enttäuscht werden."

Anders sieht das Moritz Rudolf vom deutschen Mercator Institut für Chinastudien (Merics): "Dass Xi jetzt in die Region fährt, ist auch ein Zeichen für Chinas neues Selbst- und Verantwortungsbewusstsein, sich als Konfliktvermittler anzubieten." Und fährt fort: "Die Auseinandersetzung zwischen dem Iran und Saudi-Arabien gefährdet die Stabilität der gesamten Region und damit auch chinesische Interessen. Deshalb versucht China nun, zwischen Teheran und Riad zu vermitteln."

Grafik: DW

Chinas Interessen direkt betroffen

In den 1990er Jahren waren Saudi-Arabien und der Iran zu den beiden wichtigsten Öllieferanten der Volksrepublik China geworden. Das hatte zugleich die wirtschaftliche Kooperation beflügelt. Heute ist China einer der wichtigsten Handels- und Investitionspartner beider Länder. Hier will Xi neue Akzente setzen.

Außerdem ist der Nahe und Mittlere Osten für Chinas neue Seidenstraßenstrategie von Bedeutung. Das Projekt, das im Englischen als "One Belt, One Road" (OBOR) bezeichnet wird, soll China auf dem Landweg über Zentralasien mit dem Nahen und Mittleren Osten und Europa verbinden und auf dem Seeweg mit Südost-, Südasien, Ostafrika und Europa.

Xi mit Irans Präsident Ruhani im September 2015 in New York (Foto: imago/Xinhua)
Xi mit Irans Präsident Ruhani im September 2015 in New YorkBild: Imago/Xinhua

Iran als Schlüsselland

In diesem Zusammenhang hebt Small von der German Marshall Fund hervor, dass der Iran das einzige Land auf der Route der neuen Seidenstraße sei, wo das Militär und die Geheimdienste Chinas keine US-amerikanische Konkurrenz hätten. Das sei auch ein Grund dafür, dass sich das chinesische Investment insbesondere auf den Iran konzentrieren werde und dass von dem Besuch des Irans die weitreichendsten Ergebnisse zu erwarten seien. Im Gespräch sind Verträge für die Energiezusammenarbeit und der Bau einer Eisenbahnstrecke.

Die Aufhebung der Sanktionen durch EU und UN sei dabei ein Glücksfall für Peking, glaubt Small. Xi könne nun unmittelbar von der Öffnung des Irans profitieren. Eine große Wirtschaftsdelegation begleitet den chinesischen Präsidenten. "China wird versuchen, Xis Besuch zu einem Meilenstein der bilateralen Beziehungen zu machen."

Interessen in Saudi Arabien

Zugleich muss Xi auf seiner Reise sorgfältig darauf achten, keine Seite der beiden Kontrahenten Iran und Saudi-Arabien zu verärgern. Riad ist ein Schlüsselland für Chinas Energiesicherheit. In den ersten elf Monaten 2015 trafen täglich eine Million Barrel Öl aus Saudi-Arabien in China ein. Insofern wundert es nicht, dass Xi mit dem saudischen König Salman zusammentrifft, um die Vertiefung der Beziehungen zu einer umfassenden strategischen Partnerschaft zu diskutieren.

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Jubiläum in Ägypten

In Ägypten feiert Xi Jinping mit dem ägyptischen Präsident Abdel Fattah al-Sisi das 60-jährige Bestehen der diplomatischen Beziehungen beider Länder. Seit Langem ist das Land am Nil für China ein wichtiger Ankerpunkt für politische Kooperationen mit der arabischen Welt. Insofern hat Kairo großes Interesse an der chinesischen Seidenstraßeninitative. Experten erwarten auf Xis Reise die Ankündigen von Großprojekten.

"Gute Beziehungen zu den Ländern des Nahen und Mittleren Ostens sind entscheidend für den Erfolg der Seidenstraße. Die Kooperation ist das bestimmende Thema von Xi Jinpings Besuchen ", so das Fazit von Zhiqun Zhu. Dass China es gelingt, zu einer Verbesserung der Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und Iran beizutragen, sei unwahrscheinlich, so Rudolf von Merics. Peking verfüge nicht über genügend Kenntnisse der Region und "es ist sehr fraglich, ob chinesische Diplomaten über das notwendige Verhandlungsgeschick verfügen, um Teheran und Riad näherzubringen." Schließlich sei Xis Besuch überwiegend im Zeichen der Energie, Infrastruktur und Wirtschaft.