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"You may serve the soup now, James"

29. Dezember 2001

Butler mit Diplom sind sehr gefragt. Dieser ungewöhnliche Beruf, den man sonst mehr aus der englischen Kriminalliteratur kennt, ist sehr beliebt. Ein neuer Trend vielleicht oder eher "back to the roots"?

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Bild: AP

Auf dem herrschaftlichen Schlossplatz fährt eine Limousine vor. Der Fahrer im dunklen Anzug steigt aus und öffnet mit ernster Miene die Beifahrertür. Heute steht bei Nikolaus Unterberger "Chauffeur-Dienst" auf dem Stundenplan. Der 42-Jährige möchte Diener werden und lässt sich im niederrheinischen Willich an der neuen "International Butler Academy", der einzigen ihrer Art in Deutschland, zum Butler ausbilden.

Flexibilität führt zum Ziel

Längst sind die Zeiten vorbei, als der Diener in Frack und weißen Handschuhen den Tee auf dem Silbertablett servierte. "Das ist ein Klischee, mit dem aufgeräumt werden muss", fordert Akademie-Direktor Timo Pohlhaus. Nur in England gebe es diese besondere Spezies noch. Der Butler im übrigen Europa sei heute persönlicher Berater, Begleiter, Privatsekretär, Chauffeur und Bodyguard in einer Person: "Ein Multitalent, das viele Kenntnisse, Fähigkeiten und bestimmte Charakter-Eigenschaften haben muss."

Akkurat deckt Unterberger Besteck für ein sechsgängiges Menü auf: Einen Daumen breit soll das Besteck von der Tischkante entfernt liegen, die linke Gabel etwas höher. Weinglas und Messer des jeweiligen Ganges müssen in einer Linie stehen. Ein Fingerabdruck auf dem Tellerrand gilt als Tabu.

Die wichtigsten Charaktereigenschaften

Verschwiegenheit und Loyalität zeichnen einen Butler aus, aber auch Organisationstalent ist gefragt. Unterberger ist als Stewart in den Regierungsmaschinen der Luftwaffe auf den Geschmack des Dienens gekommen. Dafür will er sogar seinen Job als Immobilienmakler an den Nagel hängen.

"Viele Menschen kommen nach einem eintönigen Arbeitstag in ihre Drei-Zimmer-Wohnung und wissen, dass dies die nächsten 30 Jahre so weitergeht. Das ist doch keine Perspektive", sagt der große, ruhig wirkende Mann. Da wolle er lieber in einem schönen Anwesen "seinen Herren dienen" und so etwas vom Glitzerleben der feinen Gesellschaft mitbekommen.

Eine chancenreiche Ausbildung

Mehr als 250.000 Menschen arbeiten in Deutschland in hauswirtschaftlichen Berufen, wie viele Butler darunter sind, wird nicht gezählt. Je nach Wunsch des Arbeitgebers dauert die Ausbildung zum Butler zwischen ein und drei Monaten. 70 Prozent der Kurs- Teilnehmer hätten schon vor Beginn der Ausbildung einen festen Arbeitgeber: "Der Bedarf ist riesig. Auf einen ausgebildeten Butler kommen sieben Anfragen", sagt Pohlhaus. Gute Butler seien ein "exportfähiges Produkt".

Die Standard-Butler-Ausbildung umfasst vier Kurse von Etikette bis Betriebswirtschaft. Der "Premium-Butler" hat zusätzlich Medizin-, Recht- oder Fremdsprachen-Kurse hinter sich. Der Chauffeur-Dienst ist als Extra-Ausbildung sehr gefragt.

Ein lukrativer Job

Die Arbeitgeber - Unterberger nennt sie ergeben seine "Herrschaften" - wollen in der Regel nicht genannt werden und pochen auf Diskretion. "Vor allem erfolgreiche Geschäftsleute aus gehobenen Kreisen kaufen sich auf diese Weise Zeit", berichtet Pohlhaus. Dafür zahlen die Reichen zwischen 60 000 und 120 000 Mark im Jahr. (pf)