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Ypsilanti gescheitert

3. November 2008

Hessens SPD-Chefin Ypsilanti hat keine Mehrheit für einen Regierungswechsel: Vier SPD-Landtagsabgeordnete verwehren Ypsilanti die Unterstützung. Damit ist der Machtwechsel in Hessen geplatzt.

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Wortlos geht Ypsilanti an Walter vorbei. Quelle: ap
Aus der Traum vom Ministerpräsidenten-Amt: Ypsilanti ist gescheitert. SPD-Vize Walter und drei weitere Abgeordnete verwehren ihr die StimmeBild: picture-alliance/ dpa

Kurz vor dem für Dienstag geplanten Machtwechsel in Hessen ist SPD-Chefin Andrea Ypsilanti erneut furios gescheitert. Am Montag (03.11.2008) erklärten vier SPD-Abgeordnete, dass sie Ypsilanti nicht unterstützen werden. Dabei handelt es sich um die Abgeordneten Jürgen Walter, Dagmar Metzger, Silke Tesch und Carmen Everts.

Dagmar Metzger erklärte: "Es wird morgen keine Abstimmung geben." Metzger gilt als klare Gegnerin einer Zusammenarbeit mit der Linkspartei. Bereits im März hatte Metzger den ersten Versuch Ypsilantis gestoppt, mit Hilfe von Grünen und Linkspartei die Macht zu übernehmen. "Mein Wahlversprechen hat Bestand", sagte sie. "Für mich ist in erste Linie meine Glaubwürdigkeit entscheidend." Die Gewissensentscheidung sei höher zu bewerten als das Interesse der Partei. Die erfahrene Kommunalpolitikerin Metzger hat in Belrin erlebt, wie die Mauer gebaut wurde und ihre Familie auseinander gerissne wurde. Deswegen lehne sie "die Linke" als Nachfolgepartei der SED ab, erklärte sie.

Ypsilantis Rivale schlägt zu

Metzger, Walter, Tesch und Everts. Quelle: ap
Die Abtrünnigen: Vier Abgeordnete lehnen die Zusammenarbeit mit der Linkspartei abBild: AP

Jetzt hat Metzger gleich drei Unterstützer in ihrem Kurs gegen Ypsilanti gefunden: Jürgen Walter, Silke Tesch und Carmen Everts.

In einer ersten Stellungnahme erklärten die vier Abgeordneten, sie hätten sich in einem extremen Gewissenskonflikt befunden. Sie seien sich aber der Tragweite ihrer Entscheidung für die Fraktion und die Partei bewusst und seien bereit, die Konsequenzen zu tragen. Der SPD-Vize und Kontrahent von Ypsilanti, Jürgen Walter sagte, er stehe am Ende eines lange Abwägungsprozesses zwischen der Loyalität zur Partei und seiner persönlichen Ablehnung der Linkspartei. "Ich kann diesen Weg meiner Partei nicht mitgehen", sagte er.

Parteiintern wurde Walters Verhalten besonders scharf kritisiert. Er hatte noch am Wochenende an den Koalitionsverhandlungen mit den Grünen aktiv mitgewirkt. Unmittelbar nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen hatte Walter gesagt: "Ich werde Frau Ypsilanti wählen am Dienstag." Später äußerte sich der SPD-Vize dann aufeinmal ablehnend über das Koalitions-Abkommen. Dies löste bereits Spekulationen aus, ob die SPD-Chefin die erforderliche Mehrheit verfehlen würde.

Enttäuschung und Ärger

Hannelore Kraft. Quelle: ap
Kritisiert das Verhalten der vier Abgeordneten scharf: NRW-SPD-Chefin KraftBild: picture-alliance/ dpa

Dementsprechend deutlich war die Kritik an Walters Verhalten. "So was gehört sich nicht, so was macht man nicht", sagte die NRW-SPD-Fraktionschefin Hannelore Kraft. "Das ist unsolidarisch." Ebenso empört äußerten sich Berlin Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit und der SPD-Chef Schleswig-Holsteins, Ralf Stegner. "Das ist eine Schande", sagte dieser.

Die Linkspartei in Hessen reagierte enttäuscht. "Das ist ein schwarzer Tag für Hessen", sagte der Fraktionssprecher Thomas Klein. "Mit dieser Entscheidung der vier Abgeordneten werden die Hessen um einen dringend notwendigen Politikwechsel gebracht."

Trauriger Höhepunkt

Ypsilanti mit dem Grünen-Chef Hessens
Es sah erst so gut aus: Der Koalitionsvertrag mit den Grünen war bereits geschrieben - alles umsonstBild: AP

Ypsilantis Scheitern bildet einen Höhepunkt des langen Streits über das Verhältnis der SPD zur Linkspartei. Ypsilanti hatte vor der Landtagswahl in Hessen erklärt, sie wolle keine Koalition mit der Linkspartei bilden. Diese Einstellung hatte sie nach der Wahl revidiert. Führende Politiker von SPD und CDU hatten daraufhin Ypsilanti Wortbruch vorgeworfen. Der erste Versuch, sich mit einer von den Linken tolerierten rot-grünen Minderheitsregierung zur Ministerpräsidentin wählen zu lassen, war im März gescheitert. Jetzt wollte sich Ypsilanti am Dienstag erneut zur Wahl stellen. Monatelang hatte sie sich zuvor auf allen Parteiebenen abgesichert. Am Wochenende hatten schließlich die Parteitage von SPD und Grünen einem Koalitionsvertrag zugestimmt.

Ursprünglich wollten SPD und Grüne am Montag nur noch letzte Vorbereitungen für den Machtwechsel treffen. Ypsilanti und Grünen-Chef Tarek Al-Wazir wollten den Koalitionsvertrag unterzeichnen. Am Abend sollte in Probeabstimmungen getestet werden, ob Ypsilanti bei der Wahl zur Ministerpräsidentin mit der nötigen Stimmenzahl hätte rechnen können. Doch der Traum vom Machtwechsel ist nun wohl endgültig geplatzt.