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Yukos und die Folgen

Britta Kleymann

Nach der Festnahme von Michail Chodorkowski, dem Chef des größten russischen Ölkonzerns Yukos, stehen die Anleger unter Schock. Ihre größte Sorge: Yukos könnte unter staatliche Kontrolle geraten.

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Stress für russische Händler:<br> Yukos-Aktien auf TalfahrtBild: AP

Die Moskauer Börse startete mit Panikverkäufen in die neue Woche. Die Yukos-Aktie hat am Montag (27.10.2003) stark an Wert verloren, der Kurs ist zeitweise um fast zwanzig Prozent eingebrochen. Der Moskauer Aktienindex RTS verlor mehr als neun Prozent, der Kurs der Landeswährung Rubel gab um einen halben Prozent nach.

Sorge bei den Anlegern

Sollte Yukos im Zuge der Ermittlungen unter staatliche Kontrolle gestellt werden, rechnen Experten mit einer Kapitalflucht aus Russland. "Nachdem die Behörden Chodorkowski ins Gefängnis gesteckt haben, gehen die Menschen davon aus, dass der Abfluss an privatem Kapital den Zufluss deutlich übertreffen wird und das hat etwas Panik am Markt ausgelöst', sagte Artem Roschtschin von der Aljba Alliance Bank.

Yukos Vorstandschef Michail Chodorkowski vor Gericht in Moskau
Michail Chodorkowski, hier nach einer Vernehmung im Juli 2003Bild: AP

Chodorkowski wurde am vergangenen Samstag (25.10.2003) von Beamten des russischen Geheimdienst FSB in Sibirien festgenommen. Ihm werden Betrug und Unterschlagung vorgeworfen. Zurzeit sitzt er in einem Moskauer Untersuchungsgefängnis.

Vertrauensverlust bei Investoren

Die Yukos-Affäre kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt für die russische Wirtschaft: Viele reiche russische Investoren und ausländische Anleger legen ihr Geld wieder in Russland an. Sie werden angezogen von einer schnell wachsenden Wirtschaft und einem verbesserten Investitionsklima.

Erst Anfang des Monats hatte die Rating-Agentur Moody's Russland auf ein Investment-Rating heraufgestuft, das für viele institutionelle Anleger eine wichtige Voraussetzung für Investitionen in einem Land ist. Dieser Erfolg scheint durch die neuen Entwicklungen in Gefahr.

Unterdessen meldete die Zeitung "Financial Times" (27.10.2003), die Gespräche über einen Einstieg westlicher Ölkonzerne bei Yukos seien vorübergehend ausgesetzt. Die US-Unternehmen ExxonMobil und ChevronTexaco hatten zuvor mit Yukos über eine Beteiligung verhandelt. Gerüchten zufolge wollte Yukos 25 Prozent Anteile an ChevronTexaco abgeben.

Reichster Mann Russlands im Gefängnis

Michail Chodorkowski, Leiter und Vorstandsvorsitzender des Jukos-Konzerns, gilt mit einem Vermögen von geschätzten acht Milliarden Dollar als reichster Mann Russlands. Das US-Magazin "Forbes" führt den 40-jährigen Wirtschaftsboss als Nummer 26 in der Liste der Reichsten der Erde.

Yukos ist nach Lukoil das zweitgrößte Ölunternehmen Russlands. Nach der Fusion mit dem kleineren Sibneft-Konzern im April 2003 war Yukos zum viertgrößten privaten Ölproduzenten der Welt aufgestiegen, Yukos beschäftigt 90.000 Angestellte. Doch sein Reichtum hat ihn nicht vor einer Festnahme schützen können. Schon seit Juli dieses Jahres gehen die Behörden gegen Yukos vor. Zuerst wurden leitende Manager verhaftet, jetzt Chodorkowski selbst.

Politischer Hintergrund

Beobachter werten die Festnahme Chodorkowskis als vorläufigen Höhepunkt im Machtkampf mit Russlands Präsident Wladimir Putin. Chodorkowski hatte angekündigt, bei den anstehenden Parlamentswahlen im Dezember die liberalen Oppositionsparteien zu unterstützen. Er gilt außerdem bei vielen als ein möglicher Kandidat für das Präsidentenamt im Jahr 2008.

Combo: der russische Öl-Miliardär Mikhail Khodorkovsky Firma Yukos und der russische Präsident Wladimir Putin
Machtkampf zwischen Wirtschaftboss und Präsident: Chodorkowski gegen PutinBild: AP

Präsident Putin hatte sich zunächst nicht öffentlich zur Festnahme Chodorkowskis geäußert. Heute lehnte er ein Krisengespräch mit Wirtschaftsvertretern ab und warnte gleichzeitig vor einer Hysterie. "Es wird solange kein Treffen und kein Verhandeln über die Aktivitäten der Strafverfolgungsbehörden geben, wie die Behörden im Rahmen des russischen Rechts handeln", sagte Putin.

Sollte Chodorkowski schuldig gesprochen werden, droht ihm eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren. Was dann aus dem Yukos-Konzern wird, ist völlig unklar.