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Zähe Verhandlungen um Schwarz-Gelb

13. Oktober 2009

Gut eine Woche nach ihrem Start sind die Koalitionsverhandlungen in Berlin ins Stocken geraten. Die Liberalen fordern ein Entgegenkommen der Konservativen in der Steuerpolitik. Doch das ist nicht der einzige Streitpunkt.

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Mit einem Pinsel wird gelbe Farbe auf schwarze Leisten gestrichen (Symbol-Foto: dpa)

Der Ton zwischen den künftigen Koalitionspartnern hat sich kurz vor einer möglichen Vorentscheidung über schwarz-gelbe Steuersenkungen verschärft. "Die FDP muss nicht um jeden Preis einen Koalitionsvertrag unterzeichnen", warnte der FDP-Finanzpolitiker Volker Wissing die Unionsparteien am Dienstag (13.10.2009).

Keine Fortsetzung der "mutlosen Politik"

Der FDP-Politiker Volker Wissing (Foto: dpa)
Wissing: Koalitionsvertrag nicht um jeden PreisBild: picture alliance/dpa

Wissing sagte "Spiegel Online", die Freien Demokraten "fordern und wollen in der Steuer- und Finanzpolitik große Schritte". Seine Partei sei nicht bereit, eine "mutlose Politik fortzusetzen, die die CDU mit der SPD bestritten hat".

Mit Blick auf das nächste Treffen der Arbeitsgruppe Steuern, Finanzen, Haushalt am Mittwoch betonte Wissing: "Ich kann nur hoffen, dass die Union konstruktiv mit uns an einem gemeinsamen Ziel arbeiten wird."

Nach CDU-Angaben soll die Arbeitsgruppe ihre Beratungen am Mittwoch nahezu abschließen. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) rechnete trotz der verbalen Attacken mit einem Abschluss der Koalitionsverhandlungen am kommenden Wochenende.

Westerwelle: "Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit"

Illustration: Spielkarten mit Politiker-Karikaturen von Merkel und Westerwelle (Foto: dpa)
Koalitonsverhandlungen stockenBild: picture alliance/dpa

FDP-Chef Guido Westerwelle betonte am Dienstag, sich nicht zeitlich unter Druck setzen lassen zu wollen. Bei den Verhandlungen gelte die Devise: "Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit". Es gebe noch Punkte, die weiter verhandelt werden müssten. Er sei dennoch zuversichtlich, "dass die Koalitionsverhandlungen zu einem guten Ergebnis geführt werden", sagte Westerwelle, der als neuer Vize-Kanzler und Außenminister im Gespräch ist. Angesprochen auf die besonders von den Liberalen im Wahlkampf angekündigten Steuersenkungen erklärte der FDP-Chef: "Ich habe überhaupt keinen Zweifel daran, dass Union und FDP in guter Partnerschaft die Bürger entlasten werden."

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer von der CDU sagte dem öffentlich-rechtlichen Rundfunksender MDR, derzeit gebe es keine Möglichkeit für Steuersenkungen. Zunächst müsse der Haushalt konsolidiert werden. "So charmant Steuersenkungen klingen: Im Moment könnten wir sie uns nicht leisten", betonte Böhmer. Die Devise der FDP, dass Steuersenkungen neues Wachstum ankurbelten und so auch für mehr Einnahmen sorgten, sei nicht sicher genug.

Unterdessen gingen die Steuereinnahmen weiter zurück. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums flossen von Januar bis September 2009 sechs Prozent weniger Steuern in die Kassen als im Vorjahreszeitraum. Um den Unterhändlern von Union und FDP präzise Zahlen zu liefern, will die Regierung ihre Konjunkturprognose nun offenbar schon am Freitag vorlegen.

Streit um Gesundheitsfonds

Eine Pillendose mit Tabletten und Kapseln (Foto: dpa)
Streit um den GesundheitsfondsBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Das Thema Steuersenkungen ist nicht der einzige Knackpunkt bei den Koalitionsverhandlungen. Auch bei den Punkten Gesundheit, Bürgerrechte und Kündigungsschutz zeichnet sich noch keine Einigung ab. Insgesamt wurden die Koalitionsgespräche als "zäh" beschrieben.

Weiter offen ist etwa die Zukunft des Gesundheitsfonds, den die Union beibehalten und die FDP abschaffen will. Die Union möchte auch den Kündigungsschutz nicht antasten, die FDP fordert eine Lockerung. "Wir haben praktisch keine Einigung", bilanzierte dazu Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer von der CSU. Die FDP möchte zudem Hartz IV gerne durch ein Bürgergeld von monatlich 662 Euro ersetzen, stößt damit aber bei CDU und CSU auf Granit. Auch bei den Verhandlungen zu den Sicherheitsgesetzen gibt es weiter keinen Durchbruch. Während die FDP gegen Online-Durchsuchungen und die so genannte Vorratsdatenspeicherung vorgehen will, fürchten CDU/CSU Nachteile bei der Terrorbekämpfung.

Bericht: Merkel will de Maizière als Finanzminister

ermann Otto Solms (r) und Thomas de Maiziere (Foto: dpa)
Kandidaten für das Amt des Finanzministers: Solms und de MaizièreBild: picture alliance/dpa

Unterdessen berichtete das Magazin "Wirtschaftswoche", Bundeskanzlerin Angela Merkel favorisiere als neuen Finanzminister ihren bisherigen Kanzleramtsminister Thomas de Maizière. Merkel wolle die Führung des Ressorts wegen seiner hohen Gestaltungskraft und Einflussnahme auf alle anderen Ministerien weder dem künftigen Koalitionspartner FDP noch der Schwesterpartei CSU anvertrauen.

Bei den laufenden Koalitionsverhandlungen leitet de Maizière die Arbeitsgruppe Steuern, Finanzen, Haushalt - zusammen mit Hermann Otto Solms auf FDP-Seite. Solms und der bisherige Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sind ebenfalls im Gespräch für den Posten des Finanzministers.

Autorin: Ursula Kissel (dpa, ap, afp)
Redaktion: Martin Schrader