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Zähes Ringen im Fall Gao Yu

Zhu Erning24. März 2015

Der Prozess gegen die chinesische Journalistin Gao Yu verzögert sich weiter. Im Gespräch mit der Deutschen Welle spricht ihr Anwalt Shang Baojun über seine Verteidigungsstrategie und die Gesundheit seiner Mandantin.

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Gao Yu Journalistin China Archiv 2009
Bild: picture-alliance/epa/F. Singer

Deutsche Welle: Wie ist Gao Yus geistige und gesundheitliche Verfassung?

Shang Baojun: Sie ist in einer relativ guten geistigen Verfassung. Sie sagte mir, sie akzeptiert, dass das Gericht den Fall nicht übereilt abhandelt. Aber ihr Gesundheitszustand ist schlecht. Sie leidet an hohem Blutdruck, Herzproblemen und weiteren Belastungen. Sie ist über 70 Jahre alt. Aus humanitären Gründen sollte man sie aus der Untersuchungshaft entlassen. Auch wenn das Gericht noch kein Urteil fällen kann, wäre zu überlegen, wie die Art von Gao Yus Freiheitsentzug angepasst werden kann.

Sie haben am Dienstag (24.03.2014) die inhaftierte Journalistin Gao Yu besucht. Worum ging es bei dem Treffen?

Die wichtigste Information ist, dass das Oberste Gericht der Volksrepublik China die Verlängerung des Verfahrens um weitere drei Monate gebilligt hat. Zuvor hatte das 3. Mittlere Volksgericht in Peking einen entsprechenden Antrag gestellt. Als Gao Yus Rechtsanwälte wurden wir am 20. März vom Gericht darüber informiert. Kernaufgabe unseres Besuchs war es jetzt, Gao Yu darüber in Kenntnis zu setzen.

Hat das Gericht Gao Yu selbst nicht informiert?

Gao Yu zufolge: nein.

Wie werden die Verlängerungen eines Strafverfahrens nach dem chinesischen Recht geregelt?

Das Gericht der ersten Instanz muss sein Verfahren innerhalb von zwei Monaten abschließen. Eine einmalige Verlängerung um einen Monat ist erlaubt. Kommt es nicht zum Urteil, darf das Oberste Gericht der Provinz das Verfahren um weitere drei Monate verlängern. Danach kommt das Oberste Gericht der Volksrepublik China ins Spiel. Das kommt aber selten vor.

Das Verfahren gegen Gao Yu hat am 22.September 2014 begonnen. Nach sechs Monaten lag der Fall nun zur nochmaligen Verlängerung beim Obersten Gericht der Volksrepublik China vor. Und das hat die entsprechende Genehmigung erteilt.

Heißt das, dass das Urteil spätestens am 22.Juni dieses Jahres gefällt wird?

Nein. Das Oberste Gericht der VR China kann das Verfahren theoretisch beliebig oft um jeweils drei Monate verlängern.

Wie sieht ihre aktuelle Verteidigungsstrategie aus?

Nach dem chinesischen Gesetz ist es so, dass die Angeklagten freigelassen oder die Art des Freiheitsentzugs geändert werden müssen, wenn es im vorgesehenen Zeitraum nicht zu einem Urteil kommt. Nach unserer Meinung ist das bei Gao Yu jetzt der Fall. Sie sollte aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Darum bemühen wir uns jetzt und haben es in der vergangenen Woche beim Gericht beantragt.

Gao Yu ist eine chinesische Journalistin. Wegen ihrer scharfen Kritik an Chinas politischem System saß die 70-jährige DW-Autorin bereits zweimal im Gefängnis. Seit dem 24. April 2014 sitzt Gao Yu erneut in Untersuchungshaft. Nach Angaben chinesischer Staatsmedien soll Gao ein "hoch vertrauliches Dokument" an eine "Quelle außerhalb des Landes" weitergeleitet haben. Bis jetzt ist unklar, welches Dokument die Journalistin weitergegeben haben soll.

Das Interview führte Zhu Erninig.