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Zahlen und Fakten

15. Oktober 2009

Deutschland ist ein Einwanderungsland. Lange Jahre war dies politisch umstritten, obwohl die Fakten eindeutig sind. Derzeit hat fast jeder fünfte Einwohner Deutschlands einen "Migrationshintergrund".

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Eine deutsche und eine türkische Flagge wehen vor dem Minarett einer Moschee in Gelsenkirchen (Foto: AP)
Bild: AP

In Deutschland leben derzeit 6,8 Millionen Ausländer. Die größte Gruppe sind über 1,7 Millionen Türken. Mehr als eine halbe Million Italiener bilden die zweitgrößte Gruppe, gefolgt von jeweils über 300.000 Polen, Serben und Griechen sowie rund 200.000 Kroaten. Im Jahr 2000 wurden über 180.000 Ausländer in Deutschland eingebürgert. Die Zahl der Einbürgerungen sank bis 2006 auf 124.000. Ausländer aus EU-Staaten genießen zudem ein weitgehendes Recht auf Freizügigkeit innerhalb der Union.

Mit Plakaten sollten 2008 in Nordrhein-Westfalen mehr Zuwanderer davon überzeugt werden, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen. (Foto: dpa)
EinbürgerungskampagneBild: picture-alliance /dpa

Zu den in Deutschland lebenden Menschen mit "Migrationshintergrund" gehören neben Ausländern und eingebürgerten Ausländern als besondere Gruppe auch die so genannten Spätaussiedler. Das sind "deutsche Volkszugehörige" (Menschen deutscher Abstammung), die aus Gebieten kommen, die entweder völkerrechtlich nie zu Deutschland gehörten oder die nicht mehr zu Deutschland gehören, wie etwa die heute polnischen oder russischen Gebiete östlich von Oder und Neiße. Für sie gelten besondere Bedingungen, nach denen ihnen die deutsche Staatsangehörigkeit zugesprochen wird.

Sowohl Ausländer als auch eingebürgerte Ausländer und deren Kinder sowie Aussiedler gelten als "Menschen mit Migrationshintergrund". Insgesamt sind dies derzeit 15 Millionen und damit mehr als 18 Prozent der deutschen Bevölkerung von über 82 Millionen.

Die Asylproblematik ist in diesem Zusammenhang weniger erheblich. Aufgrund der gesetzlichen Einschränkungen ist die Zahl der Asylsuchenden von über 100.000 im Jahr 1997 auf etwas über 20.000 im Jahr 2006 gesunken. Den allermeisten wurde jedoch Asyl in Deutschland verweigert. Der Anteil der anerkannten Asylbewerber sank von knapp 5 Prozent 1997 auf zuletzt 0,8 Prozent – in absoluten Zahlen von 8.443 (1997) auf 251 (2006).

Historische Entwicklung

Seit Ende der 1950er Jahre ist die Bundesrepublik (Westdeutschland) Ziel ausländischer Arbeitsmigranten, zunächst "Gastarbeiter!" genannt. Angesichts des Wirtschaftsaufschwungs und Arbeitskräftemangels kamen durch gezielte Anwerbemaßnahmen hunderttausende Arbeiter vor allem aus den südlichen Ländern Europas wie Italien, Spanien, Griechenland, dem damaligen Jugoslawien und dann vor allem aus der Türkei. 1964 wurde offiziell der einmillionste Gastarbeiter, ein Portugiese, begrüßt. Auch mit Tunesien, Marokko und Südkorea wurden Anwerbeverträge geschlossen. 1973 wurde die Anwerbestrategie durch den Anwerbestopp beendet. Erst seit 2000 gibt es wieder spezielle Programme zur Anwerbung ausländischer IT-Spezialisten.

Als einmillionster "Gastarbeiter" wurde der Portugiese Armando Rodrigues im September 1964 in der Bundesrepublik begrüßt. Bei seiner Ankunft in Köln wurde ihm ein Moped geschenkt.
"Gastarbeiter" in der BRDBild: picture-alliance/ dpa

Die Bezeichnung "Gastarbeiter" betonte die Absicht, die Ankommenden als zeitweilige Arbeitsmigranten und nicht als Einwanderer zu betrachten. Dennoch wurde (West-) Deutschland faktisch ein Einwanderungsland. Gesetzlich sanktioniert wurde dies jedoch erst mit dem Zuwanderungsgesetz, das seit Anfang 2005 in Kraft ist.

Vietnamesische DDR-Vertragsarbeiter werden im März 1979 im VEB Plattenwerk Meißen in ihre Arbeit eingewiesen.
"Vertragsarbeiter" in der DDRBild: picture-alliance/ ZB

Seit den 1960er Jahren kamen auch in die DDR ausländische Arbeitskräfte. Die "Vertragsarbeiter" wurden aufgrund von Verträgen mit Polen, Ungarn, Mosambik, Vietnam, Angola und Kuba entsandt. Ihre Zahl wuchs bis 1989 kontinuierlich auf über 93.000. Die meisten von ihnen (59.000) kamen aus Vietnam.

Muslime in Deutschland

Vor allem mit der Zuwanderung von Arbeitskräften und ihren Familienangehörigen aus der Türkei, in geringerem Maße auch vom Balkan und aus arabischen Ländern, kamen Menschen muslimischen Glaubens nach Deutschland. Es folgten Kriegsflüchtlinge aus Iran, dem ehemaligen Jugoslawien und Irak.

Deren Gesamtzahl wird derzeit mit 4,3 Millionen Menschen angegeben, das sind mehr als 5 Prozent der deutschen Bevölkerung. Knapp die Hälfte dieser Muslime (45 Prozent) sind deutsche Staatsbürger, 55 Prozent haben einen ausländischen Pass. Exakte statistische Daten fehlen. Die muslimische Religionszugehörigkeit wird nicht differenziert erfasst. Zudem gibt es keine den christlichen Kirchen entsprechenden Organisationsformen.

Türkische Frauen, unter ihnen Muslime mit Kopftuch, beim Einkauf auf einem Berliner Wochenmarkt
Alltag in Berlin-KreuzbergBild: dpa

2,5 Millionen der in Deutschland lebenden Muslime stammen aus der Türkei, knapp 600.000 aus Südosteuropa sowie jeweils etwa 300.000 aus dem Nahen Osten und Nordafrika. Fast alle Muslime (98 Prozent) leben in den alten (westlichen) Bundesländern und Berlin. Drei Viertel der Muslime in Deutschland sind Sunniten, sieben Prozent Schiiten. 13 Prozent sind alevitischen Glaubens. Ein Drittel bezeichnet sich als "stark gläubig" und die Hälfte als "eher gläubig".

Lediglich jede vierte muslimische Frau der ersten Zuwanderergeneration trägt das Kopftuch. In der zweiten Generation ist es nur noch eine von sechs (17 Prozent). Bis zu 10 Prozent der muslimischen Schüler nehmen nicht an gemischtgeschlechtlichem Sportunterricht oder Klassenfahrten teil.

Mehr als die Hälfe der Muslime ist jedoch Mitglied in einem deutschen Verein. Viele muslimische Migranten haben jüngsten Studien zufolge erhebliche Bildungsdefizite. Türken schneiden in der Schule schlechter ab als Muslime aus anderen Ländern. Das liege jedoch vor allem am Bildungsgrad der Eltern und nicht an der Religion.

Autor: Jochen Vock
Redaktion: Manfred Böhm