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Ein Balanceakt

30. Mai 2009

Die EU bestimmt einmal im Jahr die Fangquoten für Fische. Zu geringe Quoten gefährden die Existenz der Fischer, zu hohe Quoten die Bestände der Fische. In der Ostsee gehen die Fischer vor allem auf Dorschjagd.

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Dorsche schwimmen im Wasser (Foto: dpa)
Dorsche - hier in einem Ozeaneum - unterliegen strengen FangquotenBild: picture-alliance/dpa

Am kleinen Hafen von Simrishamn an der Ostküste Schwedens steht Björn Stührenberg fröstelnd am Kai und schaut zu, wie ein Fischer Kisten voller Dorsch aus dem Kühlraum seines Trawlers hievt. Der Schwede Stührenberg kontrolliert für die Fischereiinspektion, ob die Fangmengen eingehalten werden. Insgesamt dürfen schwedische Fischer knapp 13.000 Tonnen Dorsch pro Jahr aus der Ostsee holen. Während die Dorschbestände in dem kleineren Gebiet rund um Dänemark und die Südspitze Schwedens stark überfischt sind, erholt sich der Bestand der Dorsche in der zentralen Ostsee langsam.

Erst laichen, dann sterben

Ein Fischerboot auf dem Meer (Foto: AP)
Die Fangquoten der EU haben Auswirkungen auf die Fischbestände und die Existenzen der FischerBild: AP

Fische, die kleiner als 38 Zentimeter seien - EU-Größe fünf - dürften nicht gefischt werden, erklärt Stührenberg. Diese Mindestgröße wurde eingeführt, um den Bestand zu sichern: Die Jungfische sollen erst laichen, bevor sie den Fischern in die Netze gehen. Wenn die Fischer nur wenige kleine Dorsche mitbringen, wird Stührenberg jedoch misstrauisch, denn dann liegt der Verdacht nahe, dass ein Teil des Fangs tot ins Meer zurück geworfen wurde - und das ist verboten. In einem solchen Fall alarmieren die Inspekteure die Küstenwache, die dem Kapitän bei seiner nächsten Ausfahrt vom Flugzeug aus auf die Finger schaut.

In Simrishamn wird seit Jahrzehnten vor allem Dorsch gefangen. 80 Berufsfischer gebe es noch in der beschaulichen Hafenstadt, aber die Zahl schrumpfe stetig, klagt der Fischer Olle Viberg. Die jungen Leute hätten keine Lust mehr auf das raue Geschäft mit ungeregelten Arbeitszeiten. "Und immerzu gibt es Streit wegen der Quoten. Wenn Fangstopp ist, haben wir über Monate überhaupt keine Einkünfte."

Zu kleine Fangquoten gefährden die Fischer

Eine Hand filettiert einen Dorsch mit einem Messer (Foto: AP)
Dorsche, die kleiner als 38 Zentimeter sind, dürfen nicht getötet werdenBild: AP

Die EU bestimmt die Fangquote einmal im Jahr - und fragt vorher beim internationalen Meeresforschungsrat ICES in Kopenhagen nach. Die Experten sind in der Lage zu sagen, wie viel Fisch die Flotten aus dem Meer holen können, ohne den Bestand einer Art zu gefährden. Die richtige Fangmenge zu bestimmen, ist nicht immer einfach. "Wenn die Fischbestände zu klein werden, gibt es gar keine lohnende Fischerei mehr", sagt Gerd Hubold vom ICES. Dem Kabeljau sei es egal, wie groß sein Bestand ist, solange er biologisch überlebe. Aber den Fischern könne die Größe des Bestandes nicht egal sein. Und den Politikern auch nicht. In den letzten Jahren hat ICES mehrfach empfohlen, den Dorschfang ganz einzustellen. Jeden Herbst entscheiden die Fischereiminister der EU über die Fangquoten für das kommende Jahr.

Geringere Fangquoten und verstärkte Kontrollen hätten inzwischen Wirkung gezeigt, freut sich der Fischer Olle Viberg. Das ist wissenschaftlich erwiesen. Viberg hofft nun auf die Erhöhung seiner Quoten für das nächste Jahr. Von der Freiheit auf See, die er früher an seinem Beruf so geliebt habe, sei allerdings nicht viel übrig geblieben, sagt der schwedische Fischer. "Den Stolz haben sie uns genommen. Wenn ich am Morgen an Bord gehe, muss ich Bescheid geben, dass ich jetzt herausfahre. Und zwei Stunden bevor wir einlaufen, geben wir durch, wie viele Fische wir gefangen haben."

Autorin: Agnes Bührig
Redaktion: Julia Kuckelkorn