1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

10 Jahre Attac

Helle Jeppesen3. Juni 2008

Damit aus Globalisierung mehr als nur globale Ausbeutung wird, hat sich vor zehn Jahren Attac gegründet: Ein Netzwerk, das Globalisierung an sich nicht ablehnt, sondern ihr kritisch gegenüber steht und aufklären will.

https://p.dw.com/p/EBIG
Attac-Demo nach dem Weltsozialforum in Brasilien 2000 (Quelle: DPA)
Attac-Demo nach dem Weltsozialforum in Brasilien 2000Bild: picture-alliance / dpa
Ignacio Ramonet (Quelle: DPA)
Ignacio Ramonet gab den Startschuss für AttacBild: picture-alliance / dpa

Worte können stärker sein als Schwerter, heißt es. Auf jeden Fall können Worte eine Bewegung auslösen, so wie es ein Leitartikel in der französischen Zeitung "Le Monde Diplomatique" im Dezember 1997 getan hat. Der Autor, Ignacio Ramonet, plädierte in seinem Leitartikel für eine Besteuerung von Finanztransaktionen, die sogenannte Tobin-Steuer, und eine demokratische Kontrolle der internationalen Finanzmärkte.

Aus diesem Gedanken entstand eine globalisierungskritische Bewegung, genannt Attac. Der Name ist eine Abkürzung für "Association pour une taxation des transactions financières pour l’aide aux citoyens" – oder zu Deutsch "Vereinigung für eine Besteuerung von Finanztransaktionen zum Nutzen der Bürger".

Drängende Fragen

Jutta Sundermann von Attac Deutschland (Quelle: Gitti Götz)
Jutta Sundermann ist eine der Chef-Beraterinnen bei Attac-Deutschland (Archivbild von 2001)Bild: Götz

"Attac in Deutschland ist dann zwei Jahre später startklar gewesen" erzählt Jutta Sundermann, die seit der Gründung im Januar 2000 bei der Bewegung mitmacht. "Fragen an die Globalisierung wurden immer drängender. Es gab die großen Finanzkrisen, die heißen Diskussionen um die Welthandelsorganisation und im Dezember 1999 fanden in Seattle die aufsehen erregenden Proteste gegen die WTO-Ministerkonferenz statt."

Sundermann gehört dem Ratschlag bei Attac Deutschland an. Das ist das höchste Entscheidungsgremium. Er trifft sich zwei Mal jährlich, einmal zum sogenannten Basistreffen, einmal als Entscheidungsgremium. Die Entscheidungen werden im Konsens getroffen, also nicht per Mehrheitsabstimmung. Beide Treffen sind öffentlich.

Erfolgreiches Projekt

Mittlerweile haben sich in Deutschland rund 170 globalisierungskritische Organisationen im Netzwerk Attac zusammengeschlossen – darunter auch so unterschiedliche Organisationen wie die Gewerkschaft ver.di, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die christliche Organisation Pax Christi.

"Wir haben mit einer Handvoll Menschen angefangen und haben dann alleine nach den Protesten beim G8-Gipfel 2001 innerhalb sehr kurzer Zeit Tausende von neuen Mitgliedern und Aktiven gewonnen", erzählt Sundermann. Heute arbeite sie viel mit den Attac-Gruppen zusammen, die in mehr als 150 Städten in Deutschland kontinuierlich an Themen arbeiten. "Ich merke, dass wir durchaus eine wichtige Instanz und eine wichtige Form der Einmischung sind."

Guter und böser Kapitalismus

Von Attac-Kritikern wird oft fehlende Kohärenz in den vorgeschlagenen Lösungen bemängelt und ein unzureichendes Verständnis über die Marktwirtschaft. Auch trenne das Netzwerk zu sehr in guten und bösen Kapitalismus, sagen die Kritiker. Von anderer Seite kommt noch schärfere Kritik: Attac präsentiere lediglich die protektionistischen Rezepte der Vergangenheit in neuem Gewand.

Doch in zehn Jahren Attac habe das Netzwerk sehr vieles bewegen können, sagt Sundermann. "Globalisierungspolitik ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen." Einerseits wüsste nun fast jeder, dass einiges faul daran ist, wie in den letzten Jahren die sogenannte Globalisierung gestaltet wurde. Andererseits sei die Forderung, dass man Globalisierung verantwortlich gestalten muss, bis weit in die konservativen Parteien und Wirtschaftskreise durchgedrungen.

Rhetorik allein reicht nicht

Dennoch könne dieser Erfolg nicht zufrieden machen, unterstreicht Sundermann: "Wir haben weiterhin eine Umverteilung von arm zu reich, wir haben sehr viele Menschen, die von der Entwicklung nicht profitieren können und deshalb muss jetzt mehr geschehen, als nur die Rhetorik zu verändern."

Mittlerweile gibt es Attac-Organisierungen in mehr als 50 Ländern, hauptsächlich in Europa. Nach eigenen Angaben haben die Attac-Gruppen etwa 90.000 Mitglieder – in Deutschland allein fast 19.000 Mitglieder in 250 Regionalgruppen.