1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Zehn Millionen Euro Kopfgeld für Mladić

29. Oktober 2010

Um das Zehnfache erhöhte die serbische Regierung die Belohnung für Hinweise, die zur Festnahme des mutmaßlichen Kriegsverbrechers Ratko Mladić führen. Ist es nur eine PR-Initiative Belgrads oder doch ein fester Wille?

https://p.dw.com/p/PrsG
10 Millionen Euro Kopfgeld für Ratko Mladic (Foto: dpa/picture alliance)
Ratko Mladic: Nach ihm wird seit 1995 wegen Verbrechen im Bosnienkrieg erfolglos gefahndetBild: picture alliance / dpa

Seit 15 Jahren ist der ehemalige Serbenführer Ratko Mladić auf der Flucht. Die serbische Regierung gibt sich bis heute den Anschein, alles Mögliche zu tun, um den mutmaßlichen Kriegsverbrecher festzunehmen. "Wenn wir ihn heute finden, werden wir ihn noch heute festnehmen", sagte der serbische Vize-Ministerpräsident Božidar Djelić erst vor wenigen Tagen in Luxemburg. Doch Taten folgten bis jetzt nicht.

Seit 15 Jahren wartet auch das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag auf die Verhaftung und Auslieferung Mladićs. Ihm wird vorgeworfen, während des Bosnienkriegs unter anderem für das Massaker an 8000 Muslimen in der bosnischen Stadt Srebrenica 1995 verantwortlich zu sein. UN-Chefankläger Serge Brammertz hatte Serbien im Juni noch vorgeworfen, die Ergreifung Mladićs nicht gezielt zu verfolgen. Der Ton aus Den Haag verschärfte sich zunehmend. Mehrmals forderte Brammertz, die Gespräche über einen möglichen EU-Beitritt von der Verhaftung Mladićs abhängig zu machen.

Dieser Druck hat anscheinend Wirkung gezeigt, denn seit dieser Woche zeigen sich die Regierenden in Belgrad motivierter und entschlossener, Mladić festzunehmen. Dafür hat Serbien am Donnerstag (28.10.2010) die Belohnung für Hinweise, die zur Festnahme von Mladić führen, um das Zehnfache auf zehn Millionen Euro erhöht. Doch Experten bezweifeln, dass es die Regierung damit ernst meint.

Serbien möchte Mladić festnehmen, aber…

UN-Chefankläger Serge Brammertz fordert engere Zusammenarbeit Serbiens mit UN-Kriegsverbrechertribunal (Foto: AP)
UN-Chefankläger Serge Brammertz fordert engere Zusammenarbeit Serbiens mit dem TribunalBild: AP

Die Entscheidung der serbischen Regierung, die Belohnung zu erhöhen, werde keinen Einfluss auf die Festnahme Ratko Mladićs haben, sagt der serbische Sicherheitsexperte Ljubodrag Stojadinović der Deutschen Welle. Das Problem sei nicht die Höhe der Belohnung, sondern die Tatsache, dass die Regierenden die Geheimdienste nicht mehr unter Kontrolle haben, die letztendlich für die Verhaftung Mladićs zuständig seien.

Dragan Popović, Direktor des Zentrums für angewandte Politik in Belgrad, meint, dass Serbien mit der Ankündigung versuche, lediglich eine positive Botschaft an die internationale Gemeinschaft zu verbreiten. Diese solle denken, dass die Regierung nicht tatenlos sei, sondern etwas unternehme. Es sei nur eine Marketingstrategie der Verantwortlichen in Belgrad.

Serbien rückt näher an die EU

Serbiens Präsident Boris Tadic (Foto: ap)
Serbiens Präsident Boris Tadic vertritt einen pro-europäischen KursBild: AP


Diese Woche kamen für den Balkanstaat gute Zeichen aus Brüssel. Die EU-Außenminister wollten offenkundig die pro-europäische Position des serbischen Präsidenten Boris Tadić stärken und die Tür in Richtung Europa ein klein wenig weiter öffnen. Sie beschlossen einstimmig, die EU-Kommission mit einer Stellungnahme zum Beitrittsgesuch Serbiens zu beauftragen. Sollte diese positiv ausfallen, stünde als nächstes eine Entscheidung über den Beginn von Beitrittsverhandlungen an.

Der Hintergrund dieser Entscheidung ist das Einlenken Serbiens im Kosovo-Konflikt. Die EU lobte die neue Bereitschaft zu Gesprächen mit dem Kosovo, das im Februar 2008 seine Unabhängigkeit erklärt hatte. Belgrad hatte sich im September zu einem Dialog mit der Regierung in Kosovo bereiterklärt und darauf verzichtet, in den Vereinten Nationen neue Verhandlungen über den Status des Kosovo zu fordern.

Die Forderung nach der Festnahme Mladićs und der vollständigen Kooperation Serbiens mit dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag bleibt aber die wichtigste Voraussetzung für den Beitritt. Darauf bestehen vor allem die Niederlande: Nicht nur weil sich der Sitz des Tribunals dort befindet, sondern weil vor allem niederländische Blauhelmsoldaten das Massaker in der UN-Schutzzone Srebrenica 1995 nicht verhindern konnten. Eine offizielle Stellungnahme der EU-Kommission wird erst im zweiten Halbjahr 2011 erwartet.

Autor: Rayna Breuer (dapd, rtr)
Redaktion: Reinhard Kleber