1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Neuwahlen gefordert

16. April 2011

Die Unzufriedenheit der Serben mit ihrer Regierung wächst. Zehntausende sind daher erneut auf die Straßen gegangen. Sie werfen der Regierung Korruption vor. Die Wirtschaft schwächelt, die Arbeitslosigkeit steigt.

https://p.dw.com/p/10uij
Demonstranten in Belgrad am 16.04.2011 (Foto: AP)
Sie wollen eine neue Regierung wählenBild: AP
Serbischer Präsident Boris Tadic (Foto: picture-alliance/dpa)
Will im Amt bleiben: Boris TadicBild: DPA

"Serbien hat genug von dem Diebesregime, das das ganze Land beklaut", rief Aleksandar Vucic von der nationalistischen Fortschrittspartei SNS in die Menge. Zehntausende waren am Samstag (16.04.2011) aus dem ganzen Land in die Hauptstadt Belgrad gereist, um gegen die Regierung zu demonstrieren. An den Protesten am "Tag für Veränderung" sollen Schätzungen zufolge 70.000 Menschen teilgenommen haben. Sie fordern Neuwahlen am 18. Dezember.

Doch die Regierung unter Präsident Boris Tadic lenkt bislang nicht ein. Regulär wird erst 2012 in Serbien gewählt. Und Neuwahlen will Tadic erst ausrufen, wenn die Europäische Union über die Aufnahme Serbiens in die EU entschieden hat, was vermutlich nicht vor Jahresende geschehen wird.

Opposition gibt nicht auf

Es war nicht die erste Massendemonstration, mit der die Opposition den Wechsel erzwingen will. Schon im Februar gingen zehntausende Aktivisten und Oppositionelle auf die Straßen. Sie wollten die Revolutionsstimmung, die durch die politischen Umbrüche in Tunesien und Ägypten aufgekommen war, für ihre Zwecke nutzen - bislang vergeblich.

Serbischer Oppositionsführer Tomislav Nikolic (Foto: AP)
Streikt nun auch mit Körpereinsatz: Tomislav Nikolic im HungerstreikBild: AP

Der serbische Oppositionsführer Tomislav Nikolic griff daher zu einem weiteren Mittel, um Tadic und dessen Kabinett unter Druck zu setzen: Er ist in den Hungerstreik getreten. Er wolle erst wieder essen, wenn frühe Neuwahlen angesetzt sind. An den Präsidenten gerichtet sagte Nikolic, "wenn mir etwas Schlimmes passieren sollte, muss er Neuwahlen ausrufen". Auch die friedlichen Proteste wolle die SNS fortsetzen.

In Umfragen liegt sie mittlerweile vor der regierenden Demokratischen Partei DS von Boris Tadic. Diese demonstrierte ihre Stärke mit einem Großaufgebot von Polizisten und Antiterroreinheiten während der Demonstration. Doch ihr Rückhalt in der Bevölkerung bröckelt immer weiter. Angesichts der steigenden Arbeitslosigkeit, die nun bei fast 27 Prozent liegt, und sinkender Löhne, werfen viele Serben der Regierung Nichtstun vor.

Quo vadis Serbien?

Wie viele Länder Europas ist auch Serbien stark von der Wirtschaftskrise getroffen worden. Doch die Probleme des Landes führen Experten nicht nur darauf zurück. Auch die Schattenwirtschaft und die Korruption blühen, vor allem in der Politik. Die nichtstaatliche Organisation Transparency International platzierte Serbien auf Rang 78 von 178 Ländern auf dem internationalen Korruptionsindex 2010. Sie spricht von einer systematischen Korruption, da Beamte einen großen Spielraum bei der Auslegung der Gesetze und Vorschriften haben. Das begünstigt den Missbrauch.

Demonstranten in Belgrad halten Plakate gegen die Regierung in die Luft (Foto: AP)
Die Opposition will die Proteste fortsetzen, bis Neuwahlen ausgerufen werdenBild: AP

Präsident Tadic will Serbien in die EU führen. Die Regierung stellte im Dezember 2009 einen Antrag auf Mitgliedschaft. Doch EU-Kennern zufolge ist dieser Weg nicht nur wegen der wirtschaftlichen Probleme Serbiens noch lang. Belgrad erkennt noch immer nicht den völkerrechtlichen Status des Kosovo als Staat an. Auch die Zusammenarbeit mit dem UN-Kriegsverbrechertribunal läuft nicht optimal: Bestrebungen, ehemalige Kriegsverbrecher aus der Zeit des Jugoslawien-Krieges in den 1990er-Jahren wie Ratko Mladic auszuliefern, scheinen auf Eis zu liegen.

Autor: Nicole Scherschun (afp, dpa, dapd)
Redaktion: Dеnnis Stutе