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Zensur und Selbstzensur in Russland

Gasan Gusejnov2. Mai 2006

Das journalistische Niveau in Russland hat in den vergangenen Jahren abgenommen und ist heute erschreckend niedrig. Lediglich im Internet gibt es eine Zone des freien Meinungsaustauschs.

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Wie frei sind die russischen Medien? Auf diese Frage gibt es keine einfache Antwort. Eindeutig unfrei sind die für die Mehrheit der Bevölkerung zugänglichen elektronischen Massenmedien wie Fernsehen und Hörfunk. Seit der Zerschlagung der letzten bedeutenden unabhängigen Fernsehkanäle NTV und TV6 strahlt das staatlich monopolisierte TV eine derart primitive Propaganda aus, dass das Niveau manchen Beobachtern sogar niedriger zu sein scheint, als das des sowjetischen Fernsehens der 1970er Jahre. Kein oppositioneller Politiker, keine politische Live-Sendung wird hier geduldet, dafür gibt es stundenlange Unterhaltungssendungen und historische Staffagen einer Sowjetnostalgie.

Entpolitisierte Zone

Nicht besser sieht auch der russische Rundfunkmarkt aus. Unabhängige Sender wie etwa das berühmte "Echo Moskaus" arbeiten unter immer stärker werdendem Druck der Zensur durch Selbstzensur. Die Produktion der ausländischen russischsprachiger Anbieter (wie etwa BBC, DW-Radio oder RFI) wird durch eine geschickte Strategie der Zerstückelung ihres Angebots durch die so genannten Rebroadcaster entpolitisiert und im russischen Unterhaltungsäther kaum registriert.

Freiheit im Internet

Etwas anders sieht es auf dem Zeitungsmarkt aus, wo einige unabhängige Blätter eine relativ enge Leserschaft bedienen können. Und ganz anders sieht es im Internet aus. Nicht nur in der russischen Domain, dem so genannten "Runet", sondern auch auf zahlreichen russischsprachigen Webseiten in der Welt findet man die ganze Palette der politischen Meinungen, wie sie auch die freie Welt kennt. Der Unterschied liegt "nur" darin, dass ein unabhängiger Journalist für die Äußerung seiner Meinung in Russland nach wie vor geprügelt oder getötet werden kann, ohne dass der Staat solche Verbrechen aufklärt. Besonders akut ist die Lage in der Provinz.

Hoher Preis

Es gilt also eine kurze Formel: Die Freiheit des Wortes in Russland gibt es noch, aber sie wird von denen, die sie persönlich ausüben, sehr teuer bezahlt. Und die Gesellschaft, durch den unterhaltsamen TV-Monopolisten betäubt, registriert diesen Preis noch gar nicht.