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Zensur und Selbstzensur

Christina Bergmann, zurzeit Frankfurt am Main11. Oktober 2004

Vielerorts in der arabischen Welt gilt das Wort als gefährliche Waffe, deshalb werden Schriftsteller und Journalisten verfolgt. Pressefreiheit ist nicht garantiert.

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Die Obrigkeit verfolgt den Weg der InformationenBild: AP


Offiziell gibt es in Ägypten keine Zensur. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. "Neulich, als es mehrere Bombenanschläge gab im Irak und auch im Gazastreifen, da war die wichtigste Überschrift in den ägyptischen Tageszeitungen, dass Präsident Hosni Mubarak ein Militärkrankenhaus eröffnet", erzählt der Journalist Karim El-Gawhary aus Kairo. Diese Handhabe sei typisch für die gleichgeschaltete staatliche Presse in Ägypten. Für die Organisation Reporter ohne Grenzen (RoG) und die Deutsche Welle (DW) Anlass, mit einer eigenen Veranstaltung während der Frankfurter Buchmesse auf die Situation der Medien und Journalisten in arabischen Ländern aufmerksam zu machen.

Abstimmung per Fernbedienung

Weil viele Menschen in den arabischen Ländern nicht lesen können, ist das Fernsehen aber noch wichtiger als die Zeitungen. Auch beim Fernsehen, so El-Gawhary, gebe es die Gleichschaltung - in den letzten Jahren allerdings auch einige "Lichtblicke". El-Gawhary nennt die Fernsehsender Al Dschasira und Al Arabia. Die seien sehr professionell und kritisch und bei ihnen gebe es keine "Hofberichterstattung" und kein "Informationsbeamtentum". Sie senden auf Arabisch und sind über Satellit überall zu empfangen. Das zwinge die staatlichen Medien, darauf zu reagieren, ihr Programm spannender zu machen. "Man versucht jetzt, in den staatlichen Medien so ein bisschen diese neue Form an Journalismus zu kopieren", sagt El-Gawhary. "Die Leute können zum ersten Mal in ihrem Leben wählen: Sie nehmen die Fernbedienung zur Hand und schalten schlichtweg um.

Repressalien und Selbstzensur

Über moderne Formen, so El–Gawhary, würden zwangsläufig auch die Inhalte moderner werden. Die Arbeit der Journalisten vor Ort sei allerdings nach wie vor eine der schwierigsten weltweit. Darauf weist auch Reporter ohne Grenzen hin. Acht Journalisten sind zur Zeit in den arabischen Ländern inhaftiert, vor allem im Irak wurden viele Reporter getötet. Zeitungen, Fernsehsender und Internetportale wurden geschlossen, 14 allein in diesem Jahr. Genauso wie in Ägypten sei auch in Tunesien, Marokko, Syrien, Libyen und Saudi-Arabien eine freie Berichterstattung nicht möglich. Eine Tendenz zum Besseren kann Astrid Frohloff von RoG nicht erkennen. "Nach unseren Untersuchungen und Recherchen steht es um die Pressefreiheit in arabischen Ländern nicht gut, eher im Gegenteil", berichtet sie. "In Zeiten, in denen Machthaber befürchten müssen, an Einfluss zu verlieren, sind immer mehr Länder natürlich bestrebt, freie Meinungsäußerungen zurückzuschrauben und alles unter Kontrolle zu halten." Diese Zensur führe am Ende zur Selbstzensur.

Internet und Auslandssender

Die Methoden der Repression sind vielfältig: Da würden zum Beispiel die Kosten für Druck und Papier oder die Steuern erhöht. Oder ausländischen Journalisten einfach kein Visum erteilt. Letztlich, erklärt Peter Philipp, Nahost-Experte bei der Deutschen Welle, könnten die Staaten aber nicht verhindern, dass sich ihre Bürger mit der Außenwelt in Verbindung setzen. Das Internet spielt hier grundsätzlich eine große Rolle. Auch in arabischen Staaten ist die Entwicklung nicht aufzuhalten. Auslandssender wie die britische BBC, die Voice of America und eben die Deutsche Welle spielten ebenfalls eine wichtige Rolle.

Aber nicht selten werden die Auslandssender als Sprachrohr der Regierung ihres jeweiligen Heimatlandes gesehen. "Es kam einmal ein tunesischer Wissenschaftler zu mir in die Redaktion und fragte: 'Woher kriegen Sie denn die Anweisungen und wie setzen Sie die um?'", erzählt Philipp. "Ich habe versucht, ihm klarzumachen, dass wir zwar von der Regierung das Geld bekommen, aber nicht die Anweisungen, was wir senden sollen." In dem Maße, wie die einheimischen Informationsquellen in der arabischen Welt zunehmen, nimmt die Bedeutung der Auslandssender als Nachrichtenlieferanten allerdings ab.