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Zentralafrikanische Republik: Ringen um den Frieden

Philipp Sandner4. Dezember 2014

Die Zentralafrikanische Republik ringt um den Frieden. Ein Jahr nach Beginn der französischen Militäroperation Sangaris hat das Land noch einen langen Weg vor sich. Der führt über Wahlen.

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Soldat in den Straßen von Bangui/Zentralafrikanische Republik (Foto: ISSOUF SANOGO/AFP/Getty Images)
Bild: Issouf Sanogo/AFP/Getty Images

"Muslimische Enklave", "Gefängnis unter freiem Himmel", "Heiligtum der Dschihadisten": Der muslimische Stadtteil PK5 in der Hauptstadt Bangui hat viele Namen. Das Viertel ist der Rückzugsort für Muslime in der überwiegend christlich geprägten Stadt - seit der Vormarsch der muslimischen Rebellenallianz Séléka Ende 2012 begann, die Religionsgruppen in der Zentralafrikanischen Republik zu polarisieren. Bis zu 6000 Menschen sind seither bei dem Bürgerkrieg ums Leben gekommen, etwa die Hälfte aller Zentralafrikaner ist auf der Flucht.

Der Ruf von PK5 als Geschäftsviertel hat gelitten - und die Rückkehr zur Normalität lässt weiter auf sich warten. "Zusammenzuleben ist eine Chance für unsere Entwicklung", steht auf einem Transparent an einer Mauer der Gbaya-Dombia-Schule. Mit interreligiösen Begegnungen zwischen den Einwohnern will die Schule das friedliche Miteinander stärken. Auch ein christlich-muslimisches Fußballspiel steht auf dem Programm. "Ich spiele mit, weil ich mich nach Frieden sehne", sagt Abdoulaye Yaya aus dem muslimischen Team: "Wir wollen keinen Streit, nur Frieden."

Punktuelle Erfolge

Auf einem anderen Transparent auf dem Schulgelände steht: "Danke, Sangaris, EUFOR und MINUSCA". All dies sind Namen von internationalen Truppen und Militärmissionen, die der Zentralafrikanischen Republik aus der Krise helfen wollen. Die französische Militäroperation Sangaris begann offiziell am 5. Dezember 2013 mit rund 1600 Soldaten. Frankreichs Präsident Francois Hollande versprach damals eine kurze Militärmission, mit der er eine humanitäre Katastrophe verhindern wollte.

Mann vor einem Geschäft in Bangui (Foto: ISSOUF SANOGO/AFP/Getty Images)
"Was macht Frankreich in der Zentralafrikanischen Republik?" In PK5 ist der französische Einsatz umstrittenBild: Issouf Sanogo/AFP/Getty Images

Bei Muslimen litt die Operation Sangaris zunächst unter dem Ruf, Helfershelferin der christlichen Anti-Balaka-Miliz zu sein. Doch dieser feindliche Ton scheint verschwunden - genau wie die Graffitis mit dem Text "Nein zu Frankreich - nein zu Sangaris". Vielleicht ist dies ein Eingeständnis punktueller Erfolge der französischen Truppen - etwa im Westen des Landes. "Hätte es Sangaris nicht gegeben, wäre dort die gesamte muslimische Bevölkerung ausgelöscht worden", sagt David Smith. Als Leiter von Okapi Consulting berät der Analyst und Kenner des Landes internationale Organisationen zur Zentralafrikanischen Republik. Doch viel könnten die internationalen Truppen nicht ausrichten: "Sie können die bewaffneten Gruppen voneinander getrennt halten, aber das ist keine langfristige Lösung."

Ein Jahr nach Beginn der französischen Operation seien die Gründe für den Einsatz unverändert gegeben, sagt Smith: "Es gibt keine nationalen Sicherheitskräfte, die die Verantwortung von den internationalen Truppen übernehmen könnten." Weder Polizei noch Armee seien funktionsfähig. "Seit dem Beginn von Sangaris beschränkt sich der Einsatz der nationalen Armee auf Bangui. Einige Regierungssoldaten sind schlicht im Busch verschwunden, wo sie sich den verschiedenen Rebellengruppen angeschlossen haben." Deren Entwaffnung komme nicht voran, weil keine Kriegspartei es riskieren wolle, als erste ohne Waffen da zustehen.

Straße in der zentralafrikanischen Hauptstadt Bangui (Foto: Adrian Kriesch/Jan-Philipp Scholz/DW)
Zwischenzeitlich waren die Geschäfte in PK5 komplett geschlossenBild: Kriesch/Scholz/DW

Kein Frieden ohne Wahlen

Im Jahr 2015 soll Übergangspräsidentin Catherine Samba-Panza die Staatsführung an einen gewählten Nachfolger übergeben. Beobachter gehen inzwischen davon aus, dass die Wahlen nicht wie geplant im Februar, sondern erst in der zweiten Jahreshälfte stattfinden werden.

Potenzielle Kandidaten gibt es bereits zuhauf. Doch viele von ihnen seien auf die eine oder andere Weise vorbelastet, da sie an früheren Rebellenbewegungen teilgenommen hätten, gibt David Smith zu bedenken. Es stehe zu befürchten, dass die Zentralafrikanische Republik in Zukunft von den gleichen Menschen regiert werde, die ihr die Probleme eingebrockt hätten. Dennoch: Der Weg zum Frieden führe unweigerlich über die Wahlen, die für das nächste Jahr angesetzt sind, so Smith. "Auch wenn es Mängel geben wird: Erst über eine Wahl kann das Land zum notwendigen Aufbau von Institutionen übergehen." Und eine gewählte Regierung könne sich - im Land wie außerhalb - leichter Gehör verschaffen.

Panzer und Menschen in der Stadt Boda/Zentralafrikanische Republik (Foto: Thierry Bresillon / Anadolu Agency pixel)
Im Westen - wie hier in der Stadt Boda - konnte Sangaris manche Massaker verhindernBild: picture alliance/AA

Doch auch für eine gewählte Regierung bliebe die Liste der Probleme, die sie zu bewältigen hätte, lang. Zurzeit hat Bangui keine Kontrolle über große Landesteile im Norden. Trotz mehrmaliger Anläufe haben die Konfliktparteien bisher keinen umfassenden Friedensvertrag unterzeichnet. Auch funktionierende Verwaltungsstrukturen gibt es bisher nicht. Ein Leben in Sicherheit und Frieden ist für viele Zentralafrikaner noch immer unmöglich.