1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Zentrum für Beziehungspflege

16. Januar 2006

Seit 20 Jahren beschäftigt sich das Zentrum für Türkeistudien nun schon mit den Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei. Das Institut möchte sowohl Ansprechpartner als auch politischer Entscheidungsträger sein.

https://p.dw.com/p/7miw
Türkische Mädchen in ihren TrachtenBild: AP

Die Idee kam Professor Sen, als er Dozent an der Universität Duisburg war und Sprachlosigkeit zwischen der Türkei und Deutschland feststellte. Dabei seien Deutschland und die Türkei wirtschaftlich und politisch eng miteinander verbunden. Deshalb sollte eine Institution mit dem Ziel geschaffen werden, die Beziehungen zwischen den beiden Staaten und vor allem zwischen deren Menschen zu fördern.

Die Idee fand Freunde, so dass Faruk Sen 1985 mit zwei Mitarbeitern in Bonn das Zentrum für die Türkeistudien eröffnen konnte. Mittlerweile ist das Institut in Essen ansässig und beschäftigt 40 Mitarbeiter. Es wurde eine Zweigstelle in Berlin eröffnet und auch in Ankara sind die Forscher inzwischen präsent. Sein Geld verdient sich das Institut überwiegend mit Forschungsaufträgen. Einstmals als zwischenstaatliche Clearing-Stelle konzipiert, verstehen die Mitarbeiter ihr Institut heute als "Think Tank"-Institution.

Interkulturelles Konfliktmanagement

Ihre Aufgaben verfolgen sie aber auch heute noch mit dem gleichen Anspruch, meint Faruk Sen: "Sachliche und objektive Informationen zu geben und nur in Bereichen Aktivitäten durchzuführen, von denen man etwas Ahnung hat. Deswegen beschäftigt sich das Zentrum nur mit wirtschaftlichen, sozialwissenschaftlichen Themen und der Migration."

Den größten Teil der Arbeit nimmt immer noch die Situation der Migranten in Deutschland und speziell in Nordrhein-Westfalen ein. Vor allem die vermehrt aufgetretenen rechtsradikalen Gewalttaten haben das Zusammenleben zwischen Deutschen und Zuwanderern erschwert, aber auch das veränderte Selbstbewusstsein der Migranten führt zu Differenzen.

Interkulturelles Konfliktmanagement nennen die Institutsmitarbeiter ihr Modellprojekt. Weil kulturelle Unterschiede zu Streit führen können, den die Beteiligten ohne weiteres friedlich lösen können, bietet das Zentrum für Türkeiforschung Seminare, Fortbildungsveranstaltungen, Beratung und Vermittlung zwischen den Streitenden an. In weiteren Projekten, zum Beispiel den regionalen Transferstellen in Duisburg und Essen, werden ausländische Existenzgründer beraten. Denn diese sind in Deutschland sehr aktiv. So hat sich zum Beispiel allein die Zahl der türkischen Selbständigen in den letzten zehn Jahren auf knapp 60.000 verdoppelt.

Lebensmittelpunkt Deutschland

Dass die Zuwanderer nicht nur öfter ihr Geld in Deutschland lassen, indem sie dort investieren, sondern inzwischen auch überwiegend ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland sehen, belegen die zahlreichen Studien des Instituts. Vor allem die jüngere Generation, diejenigen, die in Deutschland geboren worden sind, denken nicht an eine Rückkehr in das Heimatland ihrer Vorfahren.

Um mehr über deren Lebenssituation zu erfahren, interviewen deshalb die Mitarbeiter des Zentrums für Türkeiforschung regelmäßig in Nordrhein-Westfalen lebende Migranten im Auftrag der dortigen Landesregierung. In den letzten Jahren ist dabei deutlich geworden, dass sich die Zugewanderten meistens am Arbeitsplatz und bei der Wohnungssuche diskriminiert fühlen, weniger aber bei staatlichen Institutionen wie zum Beispiel den Gerichten.

"Stark wahrgenommen"

Zuweilen müssen die Wissenschaftler Hindernisse überwinden. "Mit einigen Stellen haben wir Schwierigkeiten", erklärt Faruk Sen. "Wenn wir im Ausländerbereich und bei der Fremdenfeindlichkeit sehr kritisch sind, haben wir mit deutschen Institutionen Schwierigkeiten. Wenn wir der Türkei in der Minderheiten- oder Kurdenproblematik Vorwürfe machen, haben wir mit der türkischen Regierung Schwierigkeiten. Aber wir sind dafür da, dass wir diese Schwierigkeiten lösen."

Für einen Rückblick ist es noch zu früh. Trotzdem ist Sen mit der bisherigen Arbeit des Zentrums für Türkeistudien zufrieden: "Wir werden in der deutschen und türkischen Öffentlichkeit sehr stark wahrgenommen, in der letzten Zeit auch von der Europäischen Union. Das zeigt: Wir sind auf dem richtigen Weg."