Zocken für Europa
13. Juli 2005Vater Staat will seine Landeskinder vor allzu großer Spielsucht schützen. Das ist die offizielle juristische Begründung dafür, dass in Deutschland Sportwetten nur von der staatlichen Wettgesellschaft oddset mit Sitz in München angenommen werden dürfen. Das lukrative Monopol in Deutschland und sechs weiteren EU-Staaten will die EU-Kommission jetzt endgültig zu Fall bringen, denn es verstößt nach Ansicht von EU-Kommissar Charlie McCreevy gegen die Regeln des Binnenmarktes. Der europäische Verband der Sportwettenanbieter hatte sich beschwert.
Grauzone
Zwar gibt es in Deutschland auch ausländische Wettbüros, die ihre Dienste per Internet anbieten, aber sie bewegen sich bislang ohne Lizenz in einer juristischen Grauzone.
Der Europäische Gerichtshof hatte bereits im November 2003 im sogenannten Gambelli-Fall das deutsche Monopol verworfen. Doch deutsche Gerichte legten das Urteil bislang sehr unterschiedlich aus. Der Gerichtshof in Luxemburg glaubte, der Schutz vor Spielsucht als Grund für die staatliche Lenkung sei nur vorgeschoben. Dem Staat komme es vor allem auf die rund drei Milliarden Euro jährlich an, die mit Sportwetten umgesetzt würden. Oddset spült satte Gewinne in die Kassen der Bundesländer und der Landessportbünde. Wenn der Staat Zocker vom Wetten abbringen wollte, würde er wohl kaum für die Wettbüros werben, was er aber tut, argumentierten die Richter.
Zu langsam für die WM
In diesem Jahr noch will sich das Bundesverfassungsgericht zu den Sportwetten und zum Glücksspiel-Monopol äußern. Sollte es fallen, dürften sich die Spieler auf höhere Auszahlungen freuen, denn oddset muss einen Teil seiner Umsätze an wohltätige Organisationen und Sportverbände ausschütten. Private Buchmacher müssten das nicht.
Ein Vertrags-Verletzungverfahren gegen Deutschland, das die EU-Kommission jetzt einleiten könnte, würde einige Jahre in Anspruch nehmen. Zu spät für die vielen ausländischen Wettbüros, die auf das lockende Geschäft mit der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland scharf sind.