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Wie ein Ex-KGB-Mann den Bundestag schützt

Darius Cierpialkowski14. März 2007

Russland hat noch mehr zu bieten als Gas, Erdöl, Gold, Diamanten, Aluminium, Titan, Erz, Nickel, Flugzeuge und Raketen: Auch viele Computer-Programme Made in Russia gehören zu den besten in der Welt.

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Er ist ein lockerer Bursche, immer ein Lächeln im Gesicht. Jewgenij Kaspersky, Gründer von Kaspersky Lab, einem der weltweit führenden Anti-Virus-Unternehmen. Kaum habe ich sein Moskauer Büro betreten, zeigt mir der 41-Jährige seine neuesten Urlaubsfotos, Vulkane auf Kamtschatka, aufgenommen bei einem Hubschrauberflug. Vor 17 Jahren hätte sich Jewgenij so etwas gar nicht leisten können. Damals war er noch ein kleiner Chiffrierer beim KGB. Sein Hobby - Computer-Viren – machte ihn zum Dollar-Multi-Millionär. Bis es soweit war musste der selbsternannte Virenjäger aber mächtig schuften.

Jahre am Computer

Anfang der 1990-er Jahre haben Computer-Viren nur wenige Eingeweihte beschäftigt. Aber das änderte sich bald. "Zwischen 1992 und 1997 kann ich mich an nichts erinnern", meint Jewgenij lachend. Diese Jahre verbrachte Kaspersky ausschließlich am Computer. Vor genau zehn Jahren gründete er, zusammen mit seiner heutigen Ex-Frau die Firma Kaspersky Lab. Der Kreuzzug gegen Viren, Trojaner und Computer-Würmer begann.

Am Anfang kannte das junge Moskauer Unternehmen kaum jemand. Auf der Computermesse CeBIT pries Natalja Kasperskaja an einem kleinen Tischchen ihre Anti-Viren-Software an. Aus dem Tischchen wurde wenige Jahre später ein Stand; heute bietet Kaspersky Lab auf 200 Quadratmetern und zwei Etagen seine Produkte in Hannover an.

Zehn Jahre nach Firmengründung muss Natalja die Programme nicht mehr mühsam anpreisen. Kunden aus aller Welt melden sich von selbst bei der Generaldirektorin - die Kreml-Verwaltung genauso wie die Russische Zentralbank, der Deutsche Bundestag, Airbus oder die BBC. Sie alle haben eins gemeinsam: Panische Angst vor Angriffen aus dem Cyberspace.

Der User als Bedrohung

Jewegnij Kaspersky muss nicht lange nachdenken, wer die größte Bedrohung für das Internet ist. "Unprofessionelle Anwender", sagt er und lacht er lauthals los. Doch dann wird er ernst und erzählt von kriminellen Hackern aus China, Brasilien, Russland oder der Türkei. Sie arbeiten rund um die Uhr an neuen Störprogrammen. Nur zu Silvester gönnen sich viele eine kurze Pause. Die Mitarbeiter von Kaspersky Lab fischen jeden Tag Hunderte neue Würmer, Viren und Spams aus dem weltweiten Netz und bauen sie in ihren Anti-Viren-Schutz ein.

Doch es werden immer mehr und die Hacker kommen ständig auf neue, perfide Ideen. Ein Trojaner-Programm kann etwa die Kundendaten einer Bank ausspionieren. Welche seriöse Bank will schon die Kontostände ihrer Kunden für jeden zugänglich im Internet bewundern? Da wird an die erpresserischen Hacker lieber Schweigegeld bezahlt.

Online-Spiele als Angriffsziel

Auch Online-Spiele sind ein beliebtes Angriffsziel, erzählt Jewgenij, hier werden die virtuellen Figuren zuerst gestohlen und dann weiterverkauft. Es gibt auch Störprogramme auf Bestellung. Kriminelle Programmierer arbeiten bereits an neuen Technologien und machen ihren Kunden individuelle Angebote. So kann man sich etwa geheime Informationen verschaffen.

"Früher war der Hacker ein Computer-Narr, der die Architektur des Systems verstehen wollte", sagt Kaspersky nachdenklich. "Heute ist ein Hacker ein Verbrecher, der Geld erschleichen will." Börsenbetrug, Erpressung, oder Spionage gehören zum Standardangebot von Cyberkriminellen. Die Polizei weltweit ist seit langem überfordert. Eine Art Cyber-Interpol fehlt nach wie vor. Und so lange die Verbrecher ihr Unwesen weiter treiben, haben Firmen wie die von Jewgenij und Natalja Hochkonjunktur.