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Zufriedene Aussteller, spannende Newcomer

Andreas Spaeth (Paris) 18. Juni 2015

Der geschäftliche Teil der Luftfahrtmesse in Le Bourget bei Paris ist vorüber. Auch wenn die Deals in diesem Jahr weniger spektakulär waren, preisen die Flugzeughersteller die Pariser Schau als Erfolg.

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Frankreich Luftfahrtschau Le Bourget 2015 in Paris
Bild: DW/A. Spaeth

Der Flughafen Paris-Le Bourget ist noch bis Sonntag (21.06.2015) das Mekka der Luftfahrt-Welt. Bis dahin dauert die 51. Luftfahrtschau in der französischen Hauptstadt, die global als die wichtigste gilt und ab Freitag ihre Tore für die Allgemeinheit öffneet. In diesem Jahr zeigte sich vor allem das Wetter kooperativer, weder Mega-Hitze noch gewaltige Gewitter trübten die Messe, die Besucher und Veranstalter vor zwei Jahren vor Probleme stellten.

Allerdings fallen auch die Schlagzeilen in diesem Jahr deutlich kleiner aus, weil die Schau nicht mit derart gigantischen Mega-Orders der Airlines aufwarten konnte wie 2013. Damals erzielten Airbus und Boeing, die beiden größten Hersteller ziviler Verkehrsflugzeuge, zusammen Aufträge im Wert von 135 Milliarden US-Dollar nach Listenpreisen. Auch im britischen Farnborough, der zweitwichtigsten Branchenschau, summierten sich im letzten Jahr die Orders auf einen Wert von 116 Milliarden US-Dollar.

Frankreich Luftfahrtschau Le Bourget 2015 in Paris
Trotz Verkaufsprobleme: Der A380 (in der Luft) bleibt ein HinguckerBild: DW/A. Spaeth

"Viertbeste Air Show seit 1927"

Da weder Airbus noch Boeing derzeit ganz neue Programme am Start haben, verlangsamte sich die Order-Flut in Paris etwas. Boeing vermeldete am Donnerstag Orders und Absichtserklärungen für 331 Flugzeuge im Wert von 50,2 Milliarden Dollar nach Listenpreis. Airbus sammelte in Le Bourget Aufträge im Gesamtwert von 57 Milliarden Dollar nach Listenpreis ein. Davon sind allerdings nur 124 Flugzeuge im Wert von 16,3 Milliarden Dollar Festbestellungen, der Rest lediglich Kauf-Absichtserklärungen.

Die wichtigste wurde ebenfalls erst am Donnerstag geschlossen: Der osteuropäische Billigflieger Wizz Air will seine Flotte mit 110 der mit neuen Triebwerken ausgestatteten Weiterentwicklung des Airbus A321 vom Typ A321neo für jeweils 239 Passagiere erweitern. Das wäre die größte Order für einen Typ der modernisierten Airbus A320-Familie, die bereits zuvor deutlich vor Boeings Konkurrenzmodell 737 MAX lag.

"Paris dieses Jahr ist keineswegs ruhig gewesen, für uns war das nach Verkäufen die viertbeste Air Show, seitdem Lindbergh hier 1927 gelandet ist", betonte Airbus-Verkaufschef John Leahy. Auch Boeing konnte auf der Branchenmesse einige Großaufträge erzielen, etwa eine Order über knapp elf Millionen Dollar von der indonesischen Gesellschaft Garuda über jeweils 30 Boeing 787 und ebenso viele kleinere 737-Jets. Insgesamt dürfte das Ordervolumen bei Boeing in Paris aber deutlich unter jenem von Airbus liegen.

Frankreich Luftfahrtschau Le Bourget 2015 in Paris
Die Kanadier kommen: Bombardier C-Serie (im Hintergrund ein Airbus A350XWB)Bild: DW/A. Spaeth

Konkurrenz aus Kanada

Besonders überzeugend waren die Flugdarbietungen der Verkehrsflugzeuge, wo sowohl Airbus als auch Boeing ihre Spitzenmodelle ins Rennen schickten, mit ihren durchgängig extrem leisen Auftritten. Heute lässt sich kein Flugzeug mehr verkaufen, das außerhalb des Flughafengeländes noch deutlich hörbar wäre. Flüsterjets dominieren das Angebot, von der riesigen A380, der A350 oder Boeings 787 "Dreamliner" bis hin zum neuen Regionaljet der C-Serie von Bombardier aus Kanada. Dessen erstmaliger Auftritt in Paris nach vielfältigen Verzögerungen war eine Neuheit, die Eindruck machte. Erstbetreiber wird ab Mitte 2016 die Lufthansa-Gruppe, die für ihre Tochter Swiss insgesamt 30 Regionaljets bei den Kanadiern bestellt hat.

Sie wird die älteren, vierstrahligen Avro-Jets ablösen, "und dabei nur ein Drittel des Fluglärms erzeugen", freute sich Swiss-Chef Harry Hohmeister bei der Präsentation seines Neuzugangs in Paris. "Ein Zug verursacht mehr Lärm als ein Flugzeug der C-Serie." Der kanadische Hersteller wagt sich mit der C-Serie, deren größere Version bis zu 150 Passagiere fasst, erstmals auch in einen Bereich vor, in dem sonst nur Airbus und Boeing agieren. Allerdings wurde auch in Paris das bisher bescheidene Orderpolster von gerade 245 C-Serie-Flugzeugen nicht aufgestockt. "Wir haben mit Airbus bereits einen guten Lieferanten für Flugzeuge mit einem Mittelgang", winkte Akbar Al Baker, Chef von Qatar Airways, ab, nachdem er zuvor Interesse an der C-Serie bekundet hatte.

Frankreich Luftfahrtmesse in Le Bourget
Nach dem Crash vor sechs Wochen wieder in der Luft: Militär-Airbus A400MBild: Reuters/P. Rossignol

Megamarkt Asien

Da sich der Marktschwerpunkt der Luftfahrtbranche zunehmend nach Asien verlagert, beobachtet die Industrie mit Interesse alle Aktivitäten vor allem in China. "Der globale Luftverkehrsmarkt liegt zunehmend in asiatischer Hand, und es ist gut möglich, dass ein neuer Wettbewerber das etablierte Rivalen-Paar Airbus und Boeing angreift", sagt Pierre-André Buigues von der Toulouse Business School. In Le Bourget allerdings fiel der riesige chinesische Stand vor allem durch Leere auf, trotz eindrucksvoller Modelle von Flugzeugen, die seit langem angekündigt sind wie die ARJ21-Regionaljets oder das Mittelstreckenflugzeug C919. Allerdings kann niemand sagen, wann sie tatsächlich abheben oder eines Tages sogar in Paris live präsentiert werden.

Und da könnte noch mehr kommen, wie in Le Bourget durchsickerte: Die Chinesen planen gemeinsam mit Russland ein Großraumflugzeug für Langstrecken, eine Vorgabe beider Staatschefs. Die in Paris gezeigte erste Grafik sieht einen Zweistrahler für 250 bis 280 Passagiere vor, der rund 12.000 Kilometer Reichweite hätte. "Im September werden die Parameter unseren Staatskomittees zur Entscheidung vorgelegt", sagt Juri Slyusar, Chef der russischen United Aircraft Corporation UAC.

Frankreich Luftfahrtmesse in Le Bourget
Der ukrainische Flugzeugbauer Antonov zeigt den Militärtransporter An178Bild: picture-alliance/dpa/RIA Novosti/M. Voskresenskiy

Die völlige Neuentwicklung soll rund zehn Jahre dauern und 13 Milliarden Dollar kosten, 2025 könnte das Flugzeug in den Liniendienst gehen. "Das wird ein sehr innovatives Flugzeug in internationaler Kooperation", verspricht Slyusar, "die Sowjets hatten die Fähigkeit zum Bau von Langstreckenjets, und diese Fähigkeit ist immer noch da." Passend dazu vielleicht das Motto ihrer Mission, das die chinesischen Flugzeugbauer an der Wand ihres Standes in Paris so angeben: "In China hergestellte große Flugzeuge in den blauen Himmel fliegen zu lassen."