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Zufriedenes Europa

(daw)23. September 2002

Weitgehend positiv haben die europäischen Staaten auf das Wahlergebnis reagiert. Besonders die EU-Beitrittskandidaten erscheinen zufrieden. Doch viele fürchten wegen der knappen Mehrheit eine geschwächte Regierung.

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Würdigte "schönen Sieg": Frankreichs Präsident Jacques ChiracBild: AP

"Ich freue mich darauf, die vertrauensvolle und freundschaftliche Zusammenarbeit fortzusetzen", schrieb der französische Staatspräsident Jacques Chirac an den Bundeskanzler. Der konservative Politiker gratulierte ihm herzlich und bekannte sich zugleich dazu, die zuletzt merklich abgekühlten deutsch-französischen Beziehungen neu aufbauen zu wollen. Die beiden Länder müssten ihre Rolle als Motor beim Bau Europas spielen.

Grüne als Sieger

Auch die französischen Grünen und die sozialistische Partei des Landes haben den Wahlsieg der rot-grünen Regierungskoalition begrüßt. Die französische Presse stellte besonders den Anteil der Grünen unter Außenminister Joschka Fischer heraus. Er sei eine Führungspersönlichkeit, die den französischen Umweltschützern schmerzhaft fehle, schrieb die linksliberale "Libération". Das konservative Blatt "Le Figaro" gab jedoch zu bedenken, dass der Sieg "auf schwachen Beinen" stehe.

Auch Schröders britischer Amtskollege Tony Blair sicherte dem Kanzler seine Unterstützung zu. Wie ein Sprecher mitteilte, freue sich Blair auf die Fortsetzung der "guten und engen Beziehungen". Trotz der Differenzen in der Irak-Politik hatte der Premier noch kurz vor der Wahl deutlich gemacht, wie sehr ihm an einem Sieg der sozialdemokratischen Schwesterpartei gelegen war. Jetzt hoffe man, bei Außen-, Wirtschafts- und EU-Politik möglichst bald wieder mehr Gleichschritt demonstrieren zu können.

Spanien bleibt kritisch

In Spanien ließ die Außenministerin Ana Palacio verlauten, dass die CDU/CSU der eigentliche Wahlsieger sei. Dennoch müsse man vor allem den Erfolg der Grünen anerkennen. Im Hinblick auf eine kommende rot-grüne Regierung zeigte sie sich eher kritisch. Besonders skeptisch sei sie angesichts der knappen Mehrheit. Man müsse abwarten, wie die beiden Parteien damit zurecht kämen.

Der amtierende EU-Ratspräsident Anders Fogh Rasmussen äußerte sich dagegen positiv über den Wahlsieg der Regierung. "Mit großen Erwartungen" sehe er der Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Schröder entgegen. Der schwedische Ministerpräsident Göran Persson, der als Sozialdemokrat erst vor einer Woche die schwedischen Parlamentswahlen gewonnen hatte, zeigte sich gar "hoch erfreut" über Schröders Wahlsieg. Dabei wies er besonders auf Schröders klare Position zur EU-Osterweiterung hin. Persson lobte zudem das enge Verhältnis zwischen den deutschen Koalitionsparteien, der SPD und den Grünen, die "wie Brüder" aufträten.

EU-Beitrittskandidaten sind beglückt

Die EU-Beitrittskandidaten, über deren Schicksal im Dezember beraten werden soll, reagierten besonders beglückt. Der Vorsitzende des tschechischen Auswärtigen Ausschusses nannte das Wahlergebnis "eine gute Nachricht für Prag". NATO- und EU-Aspirant Bulgarien brachte ebenso sein Wohlwollen zum Ausdruck. Das Land freue sich auf die Fortsetzung der guten Zusammenarbeit, sagte ein Sprecher des bulgarischen Außenministeriums. In Polen scheint man ähnlich zufrieden zu sein. Regierungschef Leszek Miller wies in seiner Erklärung besonders auf das gute persönliche Verhältnis zu Gerhard Schröder und Joschka Fischer hin. Das sei in der Politik neben den Programmen sehr wichtig.

Die positiven Reaktionen der meisten Länder mischen sich jedoch mit einer gewissen Skepsis bezüglich der Stärke der neuen Regierung. Eine ganze Reihe von Zeitungen warnte davor, dass Deutschland aufgrund der knappen Regierungsmehrheit auch in Europa an Gewicht verlieren könnte. Man dürfe das Ergebnis nicht als ein "Votum gegen grundlegende Veränderungen" interpretieren, fügte die britische "Financial Times" hinzu. Nur mit solchen Veränderungen könne Europa jedoch die Rolle in der Welt einnehmen, die dem Staatenbündnis zustehe. In Belgien brachte "La Libre Belgique" die Befürchtungen auf den Punkt: "Es gibt nichts schlimmeres für eine Regierung, als keine klare Mehrheit im Parlament zu haben."