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Zulieferer kennen keine Bergbaukrise

Klaus Deuse1. Oktober 2012

Obwohl der Steinkohleabbau in Deutschland vor dem Aus steht, geht es den Herstellern von Bergbaumaschinen gut. Sie haben den Strukturwandel im Inland zur Neuaufstellung genutzt, die Geschäfte machen sie woanders.

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Bergbaumaschinen Foto: Gebr. Eickhoff Maschinenfabrik u. Eisengießerei GmbH
Bild: Gebr. Eickhoff Maschinenfabrik und u. Eisengießerei GmbH

Nach Jahren der Talfahrt steuert der deutsche Steinkohlenbergbau auf das politisch verordnete Aus im Jahr 2018 zu. "Das war abzusehen", sagt Paul Rheinländer. Allerdings kam das Aus dann doch schneller als erwartet, so der Vorsitzenden des Fachverbandes Bergbaumaschinen. Immerhin lebten über Jahrzehnte hinweg über 130 Bergbauzulieferunternehmen mit fast 20.000 Mitarbeitern von Aufträgen aus dem Steinkohlenbergbau. Die Krise der Kohle bedrohte ihre Existenz.

Gravierende Einschnitte musste die Branche schon in der Vergangenheit verkraften. "Das begann Ende der 80er Jahre", erinnert sich Paul Rheinländer, "und setzte sich dann bis Mitte der 90er Jahre fort. Dort war der Tiefpunkt erreicht." Rheinländer ist Geschäftsführer der traditionsreichen Maschinenfabrik Eickhoff in Bochum, einem der führenden Hersteller von Bergbaumaschinen. Auch dieses Unternehmen bekam die Folgen der Bergbau-Krise drastisch zu spüren. In diesen Jahren baute Eickhoff notgedrungen Stellen ab. Von 1.800 Beschäftigten blieben am Standort Bochum nur noch 600 übrig.

Der Geschäftsführer der Gebr. Eickhoff Maschinenfabrik und Eisengießerei GmbH, Paul Rheinländer Foto: Fredrik von Erichsen (dpa)
Paul Rheinländer: Krise der Bergbauzulieferer überwundenBild: picture-alliance/dpa

"Einige sind auf der Strecke geblieben"

Inzwischen beschäftigt das Unternehmen nach einer Restrukturierung wieder 1.300 Mitarbeiter in Deutschland. Im Zuge des Strukturwandels, erläutert Geschäftsführer Rheinländer, habe man sich neu orientieren müssen und neu aufgestellt. "Während wir früher fast ausschließlich Bergbaumaschinen hergestellt haben, haben wir heute ein Produktportfolio von fünf verschiedenen Segmenten, die marktmäßig entkoppelt sind." Dazu gehören neben Getrieben für Windkraftanlagen auch Gussprodukte sowie Kokerei-Maschinen und Schienenfahrzeuge, die Tochter-Unternehmen herstellen.

Einige Zulieferunternehmen, räumt Paul Rheinländer als Vorsitzender das Fachverbandes Bergbaumaschinen ein, haben die Zeichen des Strukturwandels nicht erkannt und sind auf der Strecke geblieben. Die meisten seien jedoch gut durch die Krise gekommen und spielten auf dem internationalen Markt mittlerweile eine bedeutende Rolle. Denn während der Steinkohlenbergbau in Deutschland keine Zukunft mehr hat, fällt der Kohle anderswo auf dem Globus eine maßgebliche Rolle zu. Insbesondere bei der Erzeugung von Elektrizität. Schließlich reichen die bekannten Lagerstätten für noch mindestens 200 Jahre. Gefragt ist folglich Know-how in der Abbautechnologie. Und genau darüber verfügen deutsche Bergbauzulieferer.

Der Branche geht es zurzeit besser als zuvor. Im Inland ging der Umsatz im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2010 zwar um fast neun Prozent auf noch rund 400 Millionen Euro zurück. Dafür schnellte die Exportquote um 32 Prozent auf 4,4 Milliarden in die Höhe. Paul Rheinländer erwartet für das laufende Jahr beim Gesamtumsatz sogar den Sprung über die 5 Milliarden-Hürde. Seit 2009 stieg die Exportquote von 85 auf inzwischen 91 Prozent. Hauptauftraggeber sind China, Russland sowie Förderunternehmen in Südamerika, Südafrika und Australien.

Bergbaumaschinen Foto: Gebr. Eickhoff Maschinenfabrik u. Eisengießerei GmbH
Deutsche Bergbaumaschinen im Ausland sehr gefragtBild: Gebr. Eickhoff Maschinenfabrik und u. Eisengießerei GmbH

Punkten mit maßgeschneiderte Maschinen

Aus der Bergbaukrise in Deutschland haben die Zulieferer gelernt, rechtzeitig den Blick über den nationalen Tellerrand hinaus zu richten und neue Absatzmärkte zu erschließen. Die Stärke der deutschen Zulieferer besteht darin, aufgrund ihres Know-hows den Kunden maßgeschneiderte Maschinen für den jeweiligen Einsatzort zu liefern. Paul Rheinländer nennt Beispiele: "In Australien steht die Automatisierung im Vordergrund. In Russland braucht man besonders standfeste Maschinen, die möglichst wartungsfrei arbeiten können. Die Chinesen haben ihr Augenmerk auf die Produktivität von Maschinen gelegt. Hier geht es fast ausschließlich um den Output, den eine Maschine erreichen kann."

Natürlich hätten die Bergbaumaschinenhersteller weiterhin gern ein Bergwerk in Deutschland in Betrieb gesehen, um Neuentwicklungen zu testen. Insofern, merkt Paul Rheinländer an, komme man nicht umhin, die Entwicklungsabteilungen ins Ausland zu verlegen. Auch aus Kostengründen. Trotz des hohen Exportanteils wollen die Unternehmen aber am Produktionsstandort Deutschland festhalten, da man hier über qualifizierte Mitarbeiter verfüge.

Neuer Bergbau in Deutschland

Mittlerweile rechnen die Hersteller auch wieder mit einer Umsatzsteigerung von rund vier Prozent auf dem deutschen Heimatmarkt. Schließlich benötigt der Steinkohlenbergbau weiterhin Ersatzgeräte. Aber es gibt auch andere Abnehmer, sagt Paul Rheinländer. "Nun darf man nicht vergessen, dass zum Bergbau auch Stein- und Erdkiesgruben gehören. Und da ist immer Bedarf."

Bergwerke wird es in der Bundesrepublik übrigens über 2018 hinaus geben, auch wenn keine Steinkohle mehr gefördert wird. Aufgrund der steigenden Rohstoffkosten lohnt sich wieder der Abbau auch von anderen Bodenschätzen. In Wismut wurde bereits ein Bergwerk zur Gewinnung von Schwerspat neu erschlossen und in der Lausitz laufen die Planungen für ein großes Kupfererzbergwerk.