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Zum 500. Geburtstag von Teresa von Avila

Christoph Strack28. März 2015

Sie war Ordensfrau, Literatin, Feministin. Teresa von Avila wurde vor 500 Jahren geboren. Bis heute ist sie eine der großen Gestalten Spaniens und eine der starken Frauen der männerdominierten katholischen Kirche.

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Peter Paul Rubens Teresa of Ávila
Bild: public domain

Sie ist die wohl beeindruckendste Frau im zweiten Jahrtausend der Kirchengeschichte. Und für ihre Zeit war sie so etwas wie eine fromme femme fatale. Teresa Sanchez de Cepeda y Ahumada, deren 500. Geburtstag an diesem Samstag in vielen Ländern der Welt begangen wird, wurde bekannt als Teresa von Avila.

Die Ordensfrau reformierte ihren maroden Orden, sie prägte die weitere Entwicklung klösterlichen Lebens. Und sie wurde zum Vorbild für eine selbstbewusste Frau in der männerdominierten Kirche. Pablo García-Berdoy ist spürbar stolz auf diese Frau: "Teresa von Avila ist eine sehr vielseitige Persönlichkeit, die für die Spanier bis heute in verschiedenster Hinsicht von Bedeutung ist", sagt der Botschafter Spaniens der Deutschen Welle.

Der eine, sagt der Diplomat, schätze sie als "Heilige im etymologischen Sinne für ihre Beziehung zum Göttlichen", der andere sehe in ihr "eine Frau der Tat, die unabhängig und mutig" gewesen sei und sich ihres Wertes und ihrer Fähigkeiten bewusst gewesen sei. Für viele andere wiederum sei Teresa eine "literarische Künstlerin, die einen einzigartigen Erzählstil von großem Wert geschaffen hat". Garcia-Berdoy weiter: "Die Heilige, die unabhängige Frau der Tat und die Künstlerin stehen für eine ganz und gar außergewöhnliche Frau, deren Wirken sich nicht nur in der Literatur, sondern natürlich auch in den Klöstern des von ihr neugegründeten Karmeliterordens fortsetzt."

Pablo García-Berdoy
Pablo García-Berdoy - spanischer Botschafter in Deutschland,Bild: MAEC

Gefährliche Bildung

Zu all dem trug wesentlich ihre Fähigkeit bei, schnell und gut lesen zu können. Nur zwei bis drei Prozent der spanischen Frauen jener Zeit vermochten zu lesen. Dass sie dies konnte, war der Erziehung durch ihren Vater geschuldet, der als Kind vom Judentum zum Christentum konvertiert war. Er besaß eine umfangreiche Bibliothek und ermunterte seine Kinder zum Lesen.

Solche Bildung konnte in dieser Zeit geradezu gefährlich sein. So auch für Teresa. Bereits mit 21 Jahren trat sie - gegen den Willen ihres Vaters - in den Karmel von Avila als Ordensfrau ein. Das Kloster dort hatte eine geradezu strikte Abstufung nach Schwestern aus begüterten Verhältnissen und ärmeren Mitschwestern. Es gab Herrschaftsstrukturen und Intrigen, die die junge Teresa regelrecht krank machten. So wurde sie ein Jahr nach dem Eintritt in den Orden krank und blieb etwa drei Jahre gelähmt.

Es war nur die erste Prüfung im Leben Teresas. Der Orden der Karmeliten und Karmelitinnen, der im zwölften Jahrhundert am Berg Karmel - am südwestlichen Stadtrand der modernen israelischen Stadt Haifa - entstanden war, war von seinen Ursprüngen her geprägt von intensivem Gebet, betontem, freundschaftlich geprägtem Gemeinschaftsleben und strenger Armut. Diese Ideale waren im Spanien des frühen 16. Jahrhunderts längst aufgeweicht. Teresa wollte die Rückbesinnung auf die Strenge und geistliche Offenheit des Anfangs.

Gotteswirklichkeit und der Teufel

Bis heute gilt Teresa als die wichtigste Mystikerin der Kirchengeschichte. Mystik bedeutet im christlichen Kontext die Erfahrung der Gottesbegegnung, die Erkenntnis der Gotteswirklichkeit. Das innere Gebet zu Jesus war für Teresa ein "Verweilen bei einem Freund, mit dem wir oft allein zusammen sind, weil wir wissen, dass er uns liebt". Das mag für aufgeklärte Mitteleuropäer gefährlich klingen - für Teresa war, ebenso wie für ihren Weggefährten und Mitstreiter Johannes vom Kreuz, diese Existenz ihr Leben, manchmal auch ihr Kreuz.. "Es ist ein Streben nach Transzendenz, das die Instrumente der Vernunft keineswegs verleugnet, sondern vielmehr versucht, sie in eine breitere Einheit zu integrieren, die in ihren Augen das Sein bestimmt", so der Botschafter.

"Todos se pasa/Solo dios basta – Alles vergeht/Gott allein genügt". In diesem wohl bekanntesten Gebet der Teresa klingt die dunkle Seite durchaus mit an. Sie selbst wähnte sich zeitweise vom Teufel an der Nase herumgeführt, die offizielle Kirche und die Inquisition misstrauten ihren Erlebnissen. Dafür sorgte gewiss auch die Zurückweisung durch ihre Vorgesetzte im Kloster. Und immer wieder die Absage, dass Frauen letztlich kein Subjekt einer innigen Gebetsbeziehung zu Jesus sein könnten.

Gegen immer neue solcher Widerstände erhielt sie 1562 von Papst Pius IV. und dem Ortsbischof die Erlaubnis, in ihrem Heimatort ein eigenes Kloster zu gründen, ein Kloster der "Unbeschuhten Karmelitinnen" (was für die strengere Befolgung der Regeln steht). Bald folgte ein erstes Männerkloster. Bis zum Tode Teresas in der Nacht zum 5. Oktober 1582 errichtete sie 17 Reformklöster.

So sorgte Teresa - in zeitlicher Nähe zur Reformation in Mitteleuropa - für eines der wenigen Beispiele einer kirchlichen Reform von innen heraus. Ihre klösterliche Strenge in Verbindung mit ihrer auch humorigen Offenheit für die Menschen, vor allem aber ihre mystischen Christuszeugnisse machten sie zu einer der großen Gestalten der Kirchengeschichte.

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Die Schriften von Teresa von Avila stehen auf dem Lehrplan spanischer UniversitätenBild: bilderbox

Kichenlehrerin

Erst 1970 ernannte Papst Paul VI. sie zur Kirchenlehrerin, das ist ein nur äußerst selten in der katholischen Kirche verliehener Titel. Das passte zu einer Stimmung, in der viele für eine Rückbesinnung auf Mystik und klösterliche Existenz warben. Und wenn auch viele Ordensgemeinschaften in Mitteleuropa an Mitgliedern verlieren oder ausbluten, nicht wenige Karmelklöster bleiben stabil. Es scheint, so sagen Religionssoziologen, dass konsequenter ausgerichtete Orden die Krise des Glaubens eher überstehen.

In Spanien ist das Programm zum Jubiläumsjahr gewiss vielseitiger ausgerichtet als in Deutschland. Es gehe, so Botschafter García-Berdoy, um die religiöse Komponente ebenso wie der künstlerische, ethische, gesellschaftliche und individuelle Wert Teresas. Das könne helfen, "besser zu begreifen, was sie im Kontext ihrer Zeit und ihrer Glaubensvorstellungen geschaffen hat".

Literatur

Im Vorfeld des 500. Geburtstages schauen in Deutschland auch mehrere führende Verlage mit neuen Büchern auf Teresa von Avila. Dazu zählen unter anderem:

Alois Prinz, Teresa von Avila. Eine Biografie. Insel-Verlag, Berlin 2014, 265 S., 22,95 Euro. Der Autor legt einen eigenen Akzent auf die Bedeutung der Ordensfrau für die Gegenwart.

Teresa von Avila, Was lieben heißt. Gedanken für ein gutes Leben. Hrsg von Alois Prinz, Insel-Taschenbuch Verlag Berlin 2015, 108 S., 7,00 Euro. Lesefreundliche Textsammlung von Teresa.

Elisabeth Münzebrock, Teresa von Avila, Herder-Verlag Freiburg, Neuausgabe 2015, 176 S., 9,99 Euro. Die Autorin beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit der spanischen Mystik.

Teresa von Avila, Das Buch meines Lebens. Vollständige Neuübertragung. Hrsg, übersetzt und eingeleitet von Ulrich Dobhan und Elisabeth Peeters. Beide Herausgeber gehören dem Carmelitenorden an. Herder-Verlag, Freiburg, 7. Auflage 2013, 664 S., 17,50 Euro.

Linda Maria Koldau, Teresa von Avila. Die Agentin Gottes 1515-1582. Eine Biographie. Verlag C.H.Beck, München 2014, 316 S., 22,95 Euro. - hier finden Sie #link:http://www.chbeck.de/fachbuch/zusatzinfos/Leseprobe_Teresa%20von%20Avila.pdf:eine längere Leseprobe# aus diesem Werk.