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PolitikAsien

Millionen trauern um den "Thay"

22. Januar 2022

Thich Nhat Hanh hat das Konzept der Achtsamkeit im Westen und den sozial engagierten Buddhismus im Osten mitbegründet. Er war Zen-Meister und Friedensaktivist, buddhistischer Mönch - und ein Vorbild für Generationen.

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Vietnam Thich Nhat Hanh 2013
Bild: The Nation/ANN/picture alliance

Thich Nhat Hanh, den seine Anhänger schlicht "Thay" (Lehrer) nennen, ist im Alter von 95 Jahren in seiner Heimat Vietnam gestorben. "Thay hat sich friedlich in eine Wolke verwandelt", zitierte seine Organisation Plum Village Schwester Dinh Ngiem, die sich in Hue in Vietnam um ihn kümmerte. Er sei um Mitternacht (Ortszeit) gestorben.

1926 als Nguyen Xuan Bao geboren, stellte er sein langes Leben in den Dienst des Friedens. Mit 16 Jahren war Thich Nhat Hanh in ein Kloster eingetreten, später schuf er aus den buddhistischen Lehren über Mitgefühl und Leiden eine leicht zugängliche, behutsame Lehre von einem Leben in völliger Achtsamkeit.

Thich Nhat Hanh plädierte für einen "engagierten Buddhismus": Meditative Erfahrungen sollen dieser Lehre zufolge mit einem aktiven Einsatz für die Umwelt, die Mitmenschen und alle Wesen verbunden werden.

Ein großer Bewunderer war Martin Luther King

1961 ging der Mönch in die Vereinigten Staaten, studierte und lehrte eine Zeit lang vergleichende Religionswissenschaften an den Universitäten Princeton und Columbia. Vehement setzte er sich für ein Ende des Vietnamkrieges ein. In Chicago traf er den Bürgerrechtler Martin Luther King Jr., der den "Apostel des Friedens und der Gewaltfreiheit" vergeblich für den Friedensnobelpreis vorschlug.

Thich Nhat Hanh hatte sich derweil auch bei Papst Paul VI. und amerikanischen Spitzenpolitikern für ein Ende der Kriegshandlungen stark gemacht und viel Eindruck hinterlassen. Vietnam erklärte ihn Ende der 1960er Jahre aber zur unerwünschten Person. Seine Bücher wurden verboten, der berühmte Intellektuelle musste im Exil bleiben - fast vier Jahrzehnte lang.

Thich Nhat Hanh im Kreise seiner Schüler im Januar 2020
Thich Nhat Hanh im Kreise seiner Schüler im Januar 2020Bild: Linh Pham/Getty Images

Viel Zeit verbrachte er in Frankreich, wo er 1982 in der Nähe von Bordeaux das berühmte "Plum Village", ein buddhistisches Meditationszentrum, gründete. Tausende Menschen aus allen Teilen der Welt nehmen seither jährlich an den Retreats in dem Zentrum teil.

Heimkehr nach rund einem halben Jahrhundert

In Deutschland rief Thich Nhat Hanh 2008 das "Europäische Institut für Angewandten Buddhismus" (EIAB) in Waldbröl ins Leben. Seine Vorträge in Europa und den USA zogen unzählige Anhänger an.

2005 reiste er erstmals wieder in das Land am Mekong, doch erst Ende 2018 kehrte er endgültig nach Vietnam zurück. Seinen Schülern teilte er mit, er wolle im Kloster Tu Hieu in der zentralvietnamesischen Stadt Hue bleiben, wo er einst zum Mönch ordiniert worden war, "bis zu dem Tage, an dem sich dieser Körper in seine Bestandteile auflöst".

In einem Gedicht schrieb er einst: "Dieser Körper bin nicht ich, ich bin nicht an diesen Körper gebunden, ich bin Leben ohne Grenzen. (...) Lächle mir also zu, nimm meine Hand, und winke mir zum Abschied zu."

rb/ack (AFP, AP, dpa)