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Umwelt Studium

17. Juli 2011

Die Umweltbranche boomt, spezialisierte Fachkräfte werden weltweit gesucht. Immer mehr junge Menschen sehen hier ihre Perspektive und wählen grüne Studiengänge in Deutschland.

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Bianca Souza Krupinsk in Suderburg/Niedersachsen an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften (Foto: Alexandra Scherle, DW)
Expertin für die Umwelt: Bianca aus BrasilienBild: DW

Die Universitäten haben den Bedarf erkannt, und so gibt es inzwischen mehr als 350 Studiengänge zum Thema Umwelt, Klima und erneuerbare Energien in Deutschland. Dazu gehört seit 2010 zum Beispiel auch der neue Masterstudiengang "Klimawandel und Wasserwirtschaft" im norddeutschen Suderburg. Etwa zwei Drittel der Studenten kommen aus dem Ausland. Viele betrachten Deutschland als Vorbild für den Umweltschutz.

Vorbild Deutschland?

"In Deutschland denken die Menschen viel an die Umwelt – zum Beispiel benutzen viele den Zug und nicht das Auto, um die Luft weniger zu verschmutzen", erzählt die Brasilianerin Bianca Souza Krupinsk enthusiastisch. Hier könne sie sehr viel über Umweltschutz lernen: nicht nur im Hörsaal, sondern auch im Alltagsleben. Deshalb sei Deutschland der ideale Standort für ihr "grünes" Master-Studium: Klimawandel und Wasserwirtschaft an der Ostfalia-Hochschule in Suderburg.

Die Studenten suchen Lösungen

Barbara Kölsch in Suderburg/Niedersachsen an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften (Foto: Alexandra Scherle, DW)
Barbara möchte später gerne im Ausland arbeitenBild: DW

Biancas deutsche Kommilitonin Barbara Kölsch hört so etwas gerne, ist sich aber nicht sicher, ob das Umweltbewusstsein in Deutschland tatsächlich so vorbildlich ist:

"In den Köpfen vieler Leute ist es sicher schon angekommen, aber was wird tatsächlich davon umgesetzt?" fragt sich die 29-Jährige, die ursprünglich aus Mainz stammt. "Oder ist das jetzt nur ein Umwelt-Hype?" Für viele sei es eher eine Art Umwelt-Schizophrenie: Man klagt darüber, dass alles so schlimm sei, tut aus Bequemlichkeit aber nichts, um etwas zu ändern.

Bei einem Glas Bio-Rotwein gepflegt über den Klimawandel zu philosophieren, ist nichts für Barbara und Bianca. Die Studentinnen wollen Lösungen finden – und dafür untersuchen sie im Studium die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserwirtschaft, lernen Fächer wie Klimatologie (die Gesetzmäßigkeiten des Klimas), Boden- und Pflanzenkunde oder Umweltchemie. Auch Projektmanagement und internationales Vertragsrecht sind Bestandteil des breiten Angebots.

Recht auf sauberes Wasser

Studenten des neuen Master-Studiengangs 'Klimawandel und Wasserwirtschaft' und ihr Professor Klaus Röttcher (r.) in Suderburg/Niedersachsen an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften (Foto: Alexandra Scherle, DW)
Anang (2.v.r.) freut sich auf ein Praktikum in seiner Heimat IndonesienBild: DW

Diese Vielfalt hat den indonesischen Stipendiaten Anang Bagus Setiawan an die Ostfalia-Hochschule im niedersächsischen Suderburg gezogen:

"Wir lernen nicht nur etwas über Abwasser, Trinkwasser und Wasserbau, wir lernen auch Politik oder Umweltökonomie – das gefällt mir besonders gut."

Das alles kann er schon jetzt in der Heimat anwenden: Ab August wird er für drei Monate als Praktikant in der Abwasserbehandlung in Indonesien arbeiten. Er möchte gerade den Menschen in abgelegenen Dörfern helfen, an sauberes Wasser zu kommen. Das Recht auf Wasser und Hygiene gehört zu den universalen Menschenrechten – und dafür will sich der junge Indonesier auch nach seinem Studium einsetzen. In Deutschland möchte der engagierte junge Mann nicht bleiben, obwohl gerade hier Umweltexperten sehr gute Berufsaussichten haben.

Korruption behindert Klimaschutz

Professor Klaus Röttcher, Leiter des Studiengangs 'Klimawandel und Wasserwirtschaft' in Suderburg/Niedersachsen (Foto: Alexandra Scherle, DW)
Professor Klaus Röttcher arbeitet mit Studenten aus der ganzen WeltBild: DW

Dass Studenten wie Anang Bagus wieder in ihre Heimat zurückkehren, sei keine Ausnahme, sagt Professor Klaus Röttcher, Leiter des Studiengangs "Klimawandel und Wasserwirtschaft": Etwa drei Viertel seiner ausländischen Studenten kehren in ihre Heimatländer zurück, weil sie dort etwas verändern wollen. Einen guten Job finden sie dort bestimmt – doch einiges könnte ihre Arbeit erschweren:

"Die Studierenden lernen hier natürlich auch Techniken und Möglichkeiten kennen, die sie nicht ohne weiteres übertragen können", erklärt Klaus Röttcher. Zum Beispiel lassen sich die hohen Standards im Bereich der Abwasserreinigung in vielen Ländern nicht in gleicher Weise realisieren: "Entweder weil es zu teuer ist oder weil die Rahmenbedingungen ganz andere sind."

Doch Professor Röttcher ist zuversichtlich, dass die jungen Wissenschaftler kreative Lösungen finden, um das Gelernte an die Situation vor Ort anzupassen. Er selbst habe bereits viel von seinen ausländischen Studenten gelernt: Zum Beispiel konnten sie aus eigener Erfahrung berichten, wie sehr Korruption den technischen Fortschritt und den Kampf gegen den Klimawandel hemmt.

Grüne Studiengänge mit wichtigen Soft Skills

Prof. Gerhard de Haan, Vorsitzender des Nationalkomitees der UN-Dekade 'Bildung für nachhaltige Entwicklung' (Foto: Deutsche UNESCO-Kommssion)
Zukunftsforscher Gerhard de Haan von der FU BerlinBild: Deutsche UNESCO-Kommssion

Um gegen Korruption zu kämpfen und die Bevölkerung für Umweltprobleme zu sensibilisieren, brauchen Absolventen "grüner" Studiengänge neben Fachwissen die sogenannten Soft Skills, sagt Zukunftsforscher Gerhard de Haan. Er hat den Studienführer "Studium und Forschung zur Nachhaltigkeit" herausgegeben, um Studenten einen Überblick über die grünen Studiengänge in Deutschland zu bieten. Zu diesem Thema betreibt er auch eine Website, die ständig aktualisiert wird. "Diese Soft Skills sind deshalb so wichtig, weil die Nachhaltigkeitsthematik viel mit Kommunikation zu tun hat – also Bürgerkontakte zu halten und sich auch so dafür zu engagieren, dass es nach außen sichtbar wird."

Weltweit gute Berufsperspektiven mit Vorbildfunktion

Campus der Ostfalia Hochschule in Suderburg (Foto: Alexandra Scherle, DW)
Campus in Suderburg: hier werden Lösungen gegen den Klimawandel gesuchtBild: DW

Absolventen von grünen Studiengängen haben gute Berufschancen. Von den über 350 Studiengängen in Deutschland sind die meisten technisch orientiert, aber auch die Geisteswissenschaften sind vertreten: In Augsburg kann man seit 2010 sogar Umweltethik an der theologischen Fakultät studieren.

Umweltethische Werte sind für Bianca, Anang, Barbara und die anderen Studierenden des Master-Programms in Suderburg selbstverständlich. Das zeigt sich auch im Alltag: Die 29-jährige Barbara verzichtet bewusst auf ein Auto. Das will sie auch später im Berufsleben beibehalten.

Autorin: Alexandra Scherle
Redaktion: Gero Rueter