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Klarer Blick

1. Dezember 2010

Anders als in Deutschland hat sich die Konjunktur in den USA von der jüngsten Rezession noch nicht erholt. Dennoch sind deutsche Firmen optimistisch, wenn es um ihre eigene Zukunft in den USA geht.

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Eine Euro-Muenze steht auf einer U.S.-Dollar-Note (Foto: apn)
Schwankungen des Wechselkurses machen zu schaffenBild: AP

Spürbare Umsatzsteigerungen trotz der allgemeinen Flaute - das sorgt für Aufbruchstimmung. Nach einer Umfrage der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer, die am Dienstag (30.11.2010) in New York vorgestellt wurde, erwarten 91 Prozent der deutschen Firmen in den USA keinen weiteren Schrumpfungsprozess. 190 Firmen hatten sich an der Umfrage beteiligt. 22 Prozent der Unternehmen, von denen die meisten dem klassischen deutschen Mittelstand angehören, gehen sogar von einem starken Wachstum aus.

Dr.-Ing F.-Hans Grandin, President&CEO Komet USA (Foto: Christina Bergmann/DW)
Komet-Chef Hans Grandin: "Deutlich schneller erholt."Bild: DW

Hans Grandin, Präsident der Maschinenbaufirma Komet USA, ist einer von den Optimisten. Die meisten der befragten Firmen, erklärt er, seien wie Komet im produzierenden Gewerbe tätig, und das habe sich deutlich schneller erholt als der Konsumbereich. Auch dort werde es aber in den nächsten beiden Jahren eine Umsatzerholung geben, ist seine Prognose, wenn die Konsumenten die aufgeschobenen Käufe etwa eines Autos nachholen. Dann kommen auch neue Technologien auf den Markt wie zum Beispiel sparsamere Motoren, ergänzt der Chef der Tochterfirma mit Sitz in Illinois. Die würden "auch dazu beitragen, dass wieder neuere Mittel für die Produktion gebraucht werden." Außerdem seien die deutschen Firmen technologisch wettbewerbsfähig und hätten genügend Personal, um bei steigender Nachfrage gleich wieder zu produzieren.

2010 wieder Mitarbeiter eingestellt

Komet USA hat 1985 mit drei Mitarbeitern angefangen, mittlerweile werden 200 Mitarbeiter beschäftigt. Der Umsatzeinbruch 2008 und 2009, der die produzierende Industrie auf beiden Seiten des Atlantiks traf, führte dazu, dass im letzten Jahr 22 Prozent der Belegschaft entlassen wurden. Hinzu kam Kurzarbeit, die aber in den USA nicht durch den Staat unterstützt wird. In diesem Jahr, sagt Grandin, habe man die Belegschaft wieder um fünf Prozent ausgebaut. Prozessverbesserungen und Automatisierung werden aber dazu führen, dass maximal noch einmal fünf bis zehn Prozent neue Mitarbeiter eingestellt werden müssen, um die Produktionskapazität von 2008 erreichen zu können. Die wirtschaftliche Erholung führt also nicht in gleichem Maße zu einem Abbau der Arbeitslosigkeit.

Rolf Biekert, President & CEO Trumpf Inc (Foto: Christina Bergmann/DW)
Trumpf-CEO Biekert: "In den USA verwurzelt."Bild: DW

In den USA verwurzelt zu sein ist das Geheimnis des Erfolges, sagt Rolf Biekert. Er ist Chef der amerikanischen Tochter der Firma Trumpf, dem größten Hersteller von Blechbearbeitungsmaschinen in Nordamerika, wie er stolz erklärt: "Man muss Geduld haben, man muss ein gutes Produkt haben, und man braucht ein gutes Konzept um den Markt anzugehen." 1969 hat Trumpf in den USA mit wenigen Mitarbeitern begonnen, jetzt sind es 700. Man präsentiere sich als "langfristiger Partner und nicht als kurzfristige Geschäftsidee" und achte darauf, so Biekert, den Kunden zusätzlich zu den Maschinen einen Rundum-Service bieten zu können. 150 Mitarbeiter seien im Service-Bereich tätig, dazu komme eine Entwicklungsabteilung, die den Kunden individuelle Lösungen anbieten könne.

Keine Sorgen

Shopping in Manhattan (Foto: dpa)
Shopping in Manhattan - der Buy American Act macht keine SorgenBild: picture-alliance/Ton Koene

Der "Buy American Act" macht deshalb weder Grandin noch Biekert Sorgen. Wer in den USA produziert und dort Arbeitsplätze schafft, habe damit keine Probleme, sagen sie. Die Klausel, die amerikanische Unternehmen bei der Auftragsvergabe bevorzugt, wurde in dem jüngsten Konjunkturpaket der US-Regierung noch einmal verschärft. Diese Art der Diskriminierung sei nicht willkommen, sagt Bernhard Welschke, der Vertreter der deutschen Industrie in den USA, auf der Pressekonferenz in New York. Allerdings sei das keine dominierende Frage für die deutschen Firmen. Außerdem habe das Konjunkturpaket nur eine begrenzte Gültigkeit. Trotzdem, so Welschke: "Grundsätzlich ist 'Buy American' nicht gut für den Markt."

Die Deutschen verweisen in diesem Zusammenhang darauf, dass ihr Investitionsvolumen Ende 2009 rund 218 Milliarden Dollar betrug. Deutsche Firmen schaffen in den USA über 650.000 Arbeitsplätze und stehen damit an dritter Stelle hinter britischen und japanischen Unternehmen. Sorgen bereitet den Deutschen, geeignete Fachkräfte auf dem amerikanischen Markt zu finden. Außerdem machen den deutschen Unternehmen die Wechselkursschwankungen und die Materialknappheit etwa bei seltenen Erdmetallen zu schaffen. Letztere werden vor allem im Bereich der erneuerbaren Energien gebraucht, eine traditionell starke deutsche Branche.

Erneuerbare Energien als Zugpferd

Windpark in den USA (Foto: apn)
Windpark in den USA: Erneuerbare Energien als ZugpferdBild: AP

Dass die Verkaufszahlen der deutschen Firmen in den USA 2010 um 66 Prozent angestiegen sind, ist vor allem der verarbeitenden Industrie und den erneuerbaren Energien zu verdanken. Hier hoffen nicht nur die Deutschen, dass der US-Kongress entsprechende Förder-Gesetze verabschiedet, denn eigentlich, so Hans Grandin in New York, zeichnen sich die USA durch ein sicheres Geschäftsfeld mit klaren Gesetzen und Regeln aus. Dabei nutzen die amerikanischen Töchter allerdings gerade in jüngster Zeit ihre Anbindung an die deutsche Heimat: Bei der Kreditvergabe profitieren sie von den besseren Konditionen der deutschen Muttergesellschaften.

Soviel gute Erfahrungen färben ab. Deutsche Unternehmen schätzen auch die Zukunft der amerikanischen Wirtschaft positiver ein als noch vor einem Jahr. 2009, als die Umfrage zum ersten Mal durchgeführt wurde, erklärten 29 Prozent, die Zukunft der US-Wirtschaft sei unklar, acht Prozent sahen sie schrumpfen. In diesem Jahr sind es insgesamt nur noch vier Prozent Pessimisten.

Autorin: Christina Bergmann, New York
Redaktion: Rolf Wenkel