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Zwanzig Tote bei Selbstmordattentat

28. Dezember 2009

Ein Selbstmordattentäter sprengte sich in Karachi inmitten einer Gruppe von Schiiten in die Luft. Noch ist unklar, ob das Terrornetzwerk El Kaida eine Drohung wahr gemacht hat.

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Menschenauflauf in Karachi (Foto: AP)
Ein Selbstmordattentat erschüttert KarachiBild: AP

Nach Angaben von Ärzten arbeiten die örtlichen Krankenhäuser unter Hochdruck, die zahlreichen Verletzten zu versorgen. Der Anschlag von Montag (28.12.2009) richtete sich gegen eine Prozession schiitischer Moslems in der Wirtschaftsmetropole im Süden Pakistans. Die Schiiten-Minderheit in der Provinz Sindh und in weiteren Gegenden Pakistans wird immer wieder von radikalen Gruppen sunnitischer Moslems attackiert. Unter den von den Nachrichtenagenturen bislang gemeldeten 20 Toten sind drei Polizisten.

Wie der Gesundheitsminister der Provinz Sindh, Sagheer Ahmed, dem Sender Geo TV sagte, wurden mindestens 40 weitere Menschen verletzt, als sich der Täter inmitten der Gläubigen in die Luft sprengte. Nach dem Anschlag lieferten sich wütenden Schiiten Straßenschlachten mit Sicherheitskräften. Autos und Geschäfte gingen in Flammen auf. Die Behörden hatten mehr als 10 000 Polizisten und Soldaten in Karachi zusammengezogen, um die Aschura-Feierlichkeiten zu schützen. Es war nicht der erste Anschlag auf die Schiiten in den vergangenen Tagen: Erst am Sonntag waren bei einem Anschlag auf eine schiitische Prozession im pakistanischen Teil Kaschmirs zehn Menschen getötet worden. Mit dem Aschura-Fest gedenken schiitische Muslime ihres Märtyrers Hussein, eines Enkels des Propheten Mohammed. Etwa 20 Prozent der 170 Millionen Pakistaner sind Schiiten. Die große Mehrheit der Bevölkerung ist sunnitischen Glaubens.

Härteres Vorgehen gehen El Kaida gefordert

Zardari bei einer Rede (Foto: dpa)
Pakistans Präsident Zardari pflegt gute Kontakte nach WashingtonBild: picture-alliance / dpa

Pakistan, eines der engste Verbündete der USA in der Region, sieht sich seit Monaten einer wachsenden Zahl von Anschlägen radikal-islamischer Gruppen, die mit dem Terrornetzwerk El Kaida zusammenarbeiten. Die USA drängen die Führung in Islamabad zu einem härteren Vorgehen gegen Taliban und El Kaida, die das Grenzgebiet zum benachbarten Afghanistan als Rückzugswinkel nutzen. Ob El Kaida hinter dem Selbstmordattentat steht, ist bislang unklar.

Das Terrornetzwerk El Kaida hatte in den vergangenen Tagen mit Anschlägen gedroht: - als Vergeltungsaktionen wegen eines Angriffs unter US-Beteiligung im Jemen. "Wir werden nicht zulassen, dass das Blut muslimischer Frauen und Kinder vergossen wird, ohne Rache zu üben", hieß es in der Botschaft, die am Sonntag auf islamistischen Internet-Seiten veröffentlicht wurde und auf den 20. Dezember datiert ist. Dabei bezieht sich die Extremistengruppe auf einen Angriff vom 17. Dezember, bei dem nach jemenitischen Angaben etwa 30 Kämpfer getötet worden waren. Nach einem Bericht der "New York Times" erhielten die jemenitischen Sicherheitskräfte dabei militärische Unterstützung der USA. Der Jemen gab am Montag die Festnahmen mutmaßlicher El-Kaida-Mitglieder bekannt.

Islamisten rekrutieren auch in Deutschland

Terrorhelfer Allem N. auf einer rheinland-pfälzischen Gerichtsbank (Foto: dpa)
Al-Kaida ist auch in Deutschland aktiv. Allem N., hier vor dem Koblenzer Oberlandesgericht, hat Geld für das Terrornetzwerk in Deutschland gesammeltBild: picture-alliance/ dpa

Für Terroranschläge von El Kaida in Deutschland sehen Experten im Moment keine verändertes oder gewachsenes Bedrohungsszenario: "Wir haben keine konkreten Hinweise, dass aktuell mit Anschlägen in Deutschland gerechnet werden müsste. Man muss aber nach wie vor von einer abstrakt hohen Gefährdungslage ausgehen", sagte der Leiter der Abteilung Internationaler Extremismus und Terrorismus im Verfassungsschutzamt Stuttgart, Herbert Landolin Müller, in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. "Ein Rückgang der Rekrutierung von Islamisten aus Deutschland für den (sogenannten heiligen Krieg) Dschihad in Afghanistan und Pakistan zeichnet sich nicht eindeutig ab." Die Deutschen würden aber weniger als Kämpfer eingesetzt, sondern häufiger zur Beschaffung von Ausrüstung und Geld - vermutlich, weil sie nicht als hart genug gelten. Nach Meinung des Verfassungsschützers jedenfalls ist klar: "Wir gehen davon aus, dass die Menschen, die in Europa aufgewachsen sind, mit den Mudschaheddin in den Kampfgebieten hinsichtlich der Konstitution ohne entsprechende körperliche Vorbereitung kaum mithalten können."

Autor: Marcus Bölz (mit dpa, rtr)

Redaktion: Oliver Samson