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Personalwechsel bei der EU

Beatrice Hyder18. Juni 2008

Die Europäische Union hat zwei neue Kommissare, da die Posten für Verkehr und Justiz neu besetzt werden mussten. Der Italiener Tajani war umstritten, der Franzose Barrot könnte Präsident Sarkozy noch nützen.

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Plenum der EU-Kommission. Um den Tisch sitzen alle Kommissare und Präsident Barroso (Foto: AP)
Kommissionspräsident Barroso und seine KommissareBild: AP

Die Abgeordneten des Europaparlaments haben am Mittwoch (18.6.2008) der Ernennung der neuen EU-Kommissare Antonio Tajani aus Italien und Jacques Barrot aus Frankreich zugestimmt. Die Abgeordneten votierten in Straßburg mit großer Mehrheit für die beiden Politiker.

Der Personalwechsel ergab sich aus dem Ausgang der Parlamentswahl in Italien im März. Der bisherige EU-Justizkommissar Franco Frattini wechselte als Außenminister in die neue Regierung von Silvio Berlusconi. Sein Amt in Brüssel übernahm zunächst kommissarisch Verkehrsminister Barrot, der nun als Justizkommissar bestätigt wurde.

Antonio Tajani, ein treuer Parteifreund Berlusconis, bekräftigte, er sehe in seinem neuen Amt als Verkehrskommissar keine Interessenkonflikte, wenn es um italienische Angelegenheiten gehe. So werde er im Falle der vor dem Bankrott stehenden Fluggesellschaft Alitalia für die Einhaltung der europäischen Verträge sorgen. Sollte es sich herausstellen, dass der 300-Millionen-Euro-Kredit für Alitalia eine unzulässige Staatsbeihilfe sei, werde er entsprechend reagieren. Die EU-Kommission hatte knapp eine Woche zuvor Klage beim Europäischen Gerichtshof eingereicht, weil der Kredit gegen EU-Recht verstoße.

Taktische Entscheidung

Zunächst war die Entscheidung von Kommissionspräsident José Manuel Barroso, das prestigeträchtige Justizressort nach dem Wechsel von Franco Frattini in die neue Regierung Berlusconi nicht wieder mit einem Italiener zu besetzen, in Italien als nationale Niederlage gewertet worden. Dennoch hielt man in Rom still.

Porträt von Antonio Tajani (Foto: AP)
Der neue Verkehrskommissar TajaniBild: picture-alliance/ dpa

Zum einen wollte Berlusconi nicht wieder ein Desaster erleben wie 2004. Damals wurde erstmals in der EU-Geschichte mit Rocco Buttiglione ein Kandidat für die Kommission nicht vom Parlament bestätigt. Die Abgeordneten befanden, dass dessen tief-katholisch geprägten Ansichten über Homosexuelle und die Stellung der Frau unvereinbar mit dem Amt als neuer Justizkommissar waren. Mit Blick auf die geplante verschärfte Einwanderungpolitik der jetzigen Berlusconi-Regierung hätte wieder die Ablehnung eines italienischen Kandidaten gedroht, da das Justizressort auch für die EU-Innen- und Sicherheitspolitik mit zuständig ist.

Zum anderen dürfte für Berlusconi ein EU-Verkehrskommissar aus Italien weit wichtiger sein als einer im Justizbereich: Denn für die teuren, umstrittenen Projekte wie etwa die geplante Messina-Brücke, die das Festland mit Sizilien verbinden und bis zu acht Milliarden Euro kosten soll, braucht Rom ebenso Hilfe aus Brüssel wie bei der Rettung der Alitalia.

Hochsensibles Amt für Franzosen

Relativ klar für die Europaparlamentarier war dagegen der Wechsel von Jacques Barrot vom Verkehrs- ins Justizressort. Zum einen hatte Barrot den Bereich seit März bereits kommissarisch geführt, weil sich Frattini für den heimischen Wahlkampf hatte beurlauben lassen. Kommissionspräsident Barroso wollte so für Kontinuität in dem hochsensiblen Bereich sorgen.

Zum anderen gilt der 71-Jährige als erfahrenes politisches Schwergewicht. Angesichts der anstehenden zu lösenden Fragen in der EU-Justiz-, Innen- und Sicherheitspolitik eine nicht unwichtige Voraussetzung. So stehen unter anderem Verhandlungen mit den USA über visumfreies Reisen für die Bürger vieler osteuropäischer Mitgliedsländer an.

Neuer Justizkommissar Barrot hält eine Rede im Europaparlament in Straßburg (Foto: dpa)
Der neue Justizkommissar BarrotBild: picture-alliance/ dpa

Für Frankreich ist die Besetzung des Postens mit einem Franzosen nicht uninteressant. Denn Präsident Nicolas Sarkozy will einen der vielen Schwerpunkte der ab Juli beginnenden EU-Ratspräsidentschaft auf die Einwanderung legen.

Will Barroso punkten?

Mit der schnellen Entscheidung für die Besetzung der beiden Posten setzte Kommissionspräsident Barroso ein Zeichen für seine Handlungsfähigkeit. Die jetzige Kommission gilt als verhältnismäßig schwach. Im Herbst 2009 läuft ihr Mandat ab. Barroso hofft - obwohl er es noch nicht öffentlich bekannt hat - auf eine Wiederwahl. Während ihm gute Chancen nachgesagt werden, sieht es mit der Wiederwahl einzelner Kommissare nicht so gut aus.

So musste sich der irische Binnenmarkt-Kommissar Charlie McCreevy am Dienstag (17.06.2008) im Parlament anhören, er gehe lieber zu Pferderennen als zu Sitzungen des Europaparlaments. Ansonsten hätte er, so der Vorsitzende der sozialistischen Fraktion, Martin Schulz, vor dem Referendum über den Vertrag von Lissabon nicht eingeräumt, den Vertrag nicht gelesen zu haben, weil er ihm zu kompliziert sei.